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Deutsch | Italienisch | Interpretation: |
Einunddreißigster
Gesang: |
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DAS PARADIES: XXXI Gesang | PARADISO: XXXI CANTO | |
So in Gestalt von einer weißen Rose Hielt mich die heilge Kriegerschar umringt, Vermählt durch Christi Blut, das makellose; |
In forma dunque di candida rosa mi si mostrava la milizia santa che nel suo sangue Cristo fece sposa; |
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Die andre, die im Fliegen schaut und singt Die Glorie Des, der Liebe weckt in ihnen, Und hoher Güte Werk durch sie vollbringt, |
ma l'altra, che volando vede e canta la gloria di colui che la 'nnamora e la bontà che la fece cotanta, |
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Sie schwärmte fleißig wie ein Schwarm von Bienen, Der sich in Blüten taucht und dann enteilt, Im Stocke süßem Honigwerk zu dienen, |
sì come schiera d'ape che s'infiora una fïata e una si ritorna là dove suo laboro s'insapora, |
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Und stieg hinab zum Kelch, der sich zerteilt In so viel Blätter, flog dann aufwärts wieder, Wo ihrer ewgen Liebe Ursprung weilt. |
nel gran fior discendeva che s'addorna di tante foglie, e quindi risaliva là dove 'l süo amor sempre soggiorna. |
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Lebendge Glut im Antlitz, ihr Gefieder Goldschimmernd, alles andre rein und weiß, Wie reinrer Schnee nie fiel vom Himmel nieder, |
Le facce tutte avean di fiamma viva e l'ali d'oro, e l'altro tanto bianco, che nulla neve a quel termine arriva. |
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So schwirrten sie und teilten inbrunstheiß, Was sie an Liebe droben eingesogen, Dem Blumenkelche mit von Kreis zu Kreis. |
Quando scendean nel fior, di banco in banco porgevan de la pace e de l'ardore ch'elli acquistavan ventilando il fianco. |
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Und ob sie rastlos auf- und niederflogen, Und um die Rose kreisten dichtgedrängt, Mir ward kein Schaun, dem Bild kein Glanz entzogen: |
Né l'interporsi tra 'l disopra e 'l fiore di tanta moltitudine volante impediva la vista e lo splendore: |
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Denn Gottes Licht durchleuchtet unverhängt Das Weltenall nach seinen Würdigkeiten, Dass es kein Hindernis in Schranken zwängt. |
ché la luce divina è penetrante per l'universo secondo ch'è degno, sì che nulla le puote essere ostante. |
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Dies sichre Reich des Friedens, dessen Weiten Bewohnt von alten Völkern sind und neuen, Zwingt Herz und Blick, zu e i n e m Ziel zu gleiten. |
Questo sicuro e gaudïoso regno, frequente in gente antica e in novella, viso e amore avea tutto ad un segno. |
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Licht! das aus e i n e m Sterne zu erfreuen Dreifachen Strahles weiß die seligen Scharen, Funkle auch uns, wenn Stürme uns umdräuen! |
Oh trina luce che 'n unica stella scintillando a lor vista, sì li appaga! guarda qua giuso a la nostra procella! |
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Wenn aus dem Norden kamen die Barbaren - Wo Helice an hoher Himmelsbahn Stets beim geliebten Sohn ist zu gewahren – |
Se i barbari, venendo da tal plaga che ciascun giorno d'Elice si cuopra, rotante col suo figlio ond' ella è vaga, |
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Und Romas Wunderwerke staunend sahn, D o r t sahn, wo alles, was je Menschen schufen, Weit übertroffen ward vom Lateran – |
veggendo Roma e l'ardüa sua opra, stupefaciensi, quando Laterano a le cose mortali andò di sopra; |
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Wie staunte ich erst, der ich ward berufen Vom Fleisch zum Geist, zum Engen aus der Zeit, Und aus Florenz1 vor Gottes Himmelsstufen |
ïo, che al divino da l'umano, a l'etterno dal tempo era venuto, e di Fiorenza in popol giusto e sano, |
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Zur Stadt der Weisheit und Gerechtigkeit? Ich konnte nur betäubt und schweigend stehen, Weil Wonne mit dem Staunen lag im Streit! |
di che stupor dovea esser compiuto! Certo tra esso e 'l gaudio mi facea libito non udire e starmi muto. |
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So staunt umher, wenn sein Gelübd geschehen, Im Gnadenort der Pilger, dass er Kunde Heimbringe, wie der Tempel ausgesehen, |
E quasi peregrin che si ricrea nel tempio del suo voto riguardando, e spera già ridir com' ello stea, |
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Wie i c h den Blick hier warf zum Flammengrunde, Worauf ich, scharf zu jeder Stufe lugend, Ihn auf und ab ließ schweifen durch die Runde. |
su per la viva luce passeggiando, menava ïo li occhi per li gradi, mo sù, mo giù e mo recirculando. |
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Gesichter, holdverschönt zur Himmelsjugend Durch eignes Lächeln und durch fremdes Licht, Lockten zur Liebe da, geschmückt mit Tugend. |
Vedëa visi a carità süadi, d'altrui lume fregiati e di suo riso, e atti ornati di tutte onestadi. |
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An Einzelheiten haftete noch nicht Mein Blick , doch wie im ganzen sich gestalte Das Paradies, erkannte mein Gesicht, |
La forma general di paradiso già tutta mïo sguardo avea compresa, in nulla parte ancor fermato fiso; |
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Und neu entstand die Fragesucht, die alte; Drum sah ich hin zu ihr, um sie zu fragen, Wie sich’ s mit dem, was unklar mir, verhalte? |
e volgeami con voglia rïaccesa per domandar la mia donna di cose di che la mente mia era sospesa. |
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S i e war gemeint – ein andrer sollt es sagen: Anstatt bei ihr, stand ich bei einem Greise, Im Kleid, wie hier die Ruhmesreichen tragen. |
Uno intendëa, e altro mi rispuose: credea veder Beatrice e vidi un sene vestito con le genti glorïose. |
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Sein Blick war Gruß in liebevollster Weise, Und Güte strahlte ihm im Auge helle Wie milden Vätern in der Kinder Kreise. |
Diffuso era per li occhi e per le gene di benigna letizia, in atto pio quale a tenero padre si convene. |
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Doch: „Wo ist Beatrice?“ rief ich schnelle, Und er: „Dass deinem Wunsch Gehör ich leihe, Berief sie selbst mich her von höhrer Stelle. |
E «Ov' è ella?», sùbito diss' io. Ond' elli: «A terminar lo tuo disiro mosse Beatrice me del loco mio; |
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Blick zu des höchsten Umfangs dritter Reihe, Dort siehst du sie, auf ihrem Thron erhoben, Wo ihren Tugenden wird Lohn und Weihe!“ |
e se riguardi sù nel terzo giro dal sommo grado, tu la rivedrai nel trono che suoi merti le sortiro». |
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Und wortlos wanderte mein Blick nach oben Und sah ums Haupt ihr eine Gloriole Vom Widerschein des ewgen Lichts gewoben. |
Sanza risponder, li occhi sù levai, e vidi lei che si facea corona reflettendo da sé li etterni rai. |
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Nie von des Donnerhimmels höchstem Pole Stand ferner je ein Mensch, ob er auch tauchte Bis zu des Meeresgrundes tiefster Sohle, |
Da quella regïon che più sù tona occhio mortale alcun tanto non dista, qualunque in mare più giù s'abbandona, |
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Als hier mein Auge grüßte die Erlauchte; Denn klar ihr Bildnis sah ich niederschweben, Weil Ferndunst ihre Reinheit nicht umhauchte. |
quanto lì da Beatrice la mia vista; ma nulla mi facea, ché süa effige non discendëa a me per mezzo mista. |
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„O Himmlische, du meiner Hoffnung Leben, Die in der Hölle selbst der Tritte Spur Zurückließ, mich zum Heile zu erheben, |
«O donna in cui la mia speranza vige, e che soffristi per la mia salute in inferno lasciar le tue vestige, |
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In allem, was ich lebte und erfuhr, Was mich mit Kraft durch Gnadenwirkung stählte, Erkenn ich deine Macht und Güte nur! |
di tante cose quant' i' ho vedute, dal tuo podere e da la tua bontate riconosco la grazia e la virtute. |
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Die Sklavenfessel, die den Freien quälte, Du nahmst sie mir, weil zielgerechte Pfade Und sichre Mittel deine Gunst erwählte! |
Tu m'hai di servo tratto a libertate per tutte quelle vie, per tutt' i modi che di ciò fare avei la potestate. |
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Bewahr in mir das Kleinod deiner Gnade, Dass sich des Leibes, wohlgefällig dir, Die Seele, die du heiltest, einst entlade!“ – |
La tua magnificenza in me custodi, sì che l'anima mia, che fatt' hai sana, piacente a te dal corpo si disnodi». |
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So mein Gebet – und sie, weltfern von mir, Schien lächelnd einen Blick mir zuzusenden, Und sah dann auf zum ewgen Glanzrevier. |
Così orai; e quella, sì lontana come parea, sorrise e riguardommi; poi si tornò a l'etterna fontana. |
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Da sprach der heilge Greis: „Ganz zu vollenden Den Weg bis an sein Ziel, wozu die Bitte Der heilgen Liebe mich den Fuß ließ wenden, |
E 'l santo sene: «Acciò che tu assommi perfettamente», disse, «il tuo cammino, a che priego e amor santo mandommi, |
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Flieg mit den Augen durch des Gartens Mitte, Auf dass, erstarkt, der ungeübte Sinn Zum höchsten Gottesglanze wagt die Schritte, |
vola con li occhi per questo giardino; ché veder lui t'acconcerà lo sguardo più al montar per lo raggio divino. |
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Und Gnade wird die Himmelskönigin, Für die ich glühe, auf dich niedertauen, Weil ich Bernardus, ihr Getreuer bin!“ – |
E la regina del cielo, ond' ïo ardo tutto d'amor, ne farà ogne grazia, però ch'i' sono il suo fedel Bernardo». |
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Treibt einen, etwa aus Kroatiens Gauen, Zu unsrer Vera Icon heilge Pflicht, Und kann am alten Ruhm nicht satt sich schauen |
Qual è colui che forse di Croazia viene a veder la Veronica nostra, che per l'antica fame non sen sazia, |
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Der fremde Fremdling, der wohl staunend spricht: „O Jesus Christ, wahrhaftger Gott der Ehren, So also war zu schaun dein Angesicht -?“ |
ma dice nel pensier, fin che si mostra: 'Segnor mio Iesù Cristo, Dio verace, or fu sì fatta la sembianza vostra?'; |
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So musste ich erstaunt zu ihm mich kehren, Dem unten schon durch sein betrachtend Streben Die Welt des Friedens Vorschmack konnte lehren. |
tal era io mirando la vivace carità di colui che 'n questo mondo, contemplando, gustò di quella pace. |
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„O Gnadensohn,“ sprach er, „dies Wonneleben Erkennst du nicht und wird sich nie dir weisen, Wenn dir die Augen nur am Boden kleben. |
«Figliuol di grazia, quest' esser giocondo», cominciò elli, «non ti sarà noto, tenendo li occhi pur qua giù al fondo; |
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Empor den Blick! bis zu den fernsten Kreisen! Bis sich die Königin dir thronend zeigt, Die alle hier als Untertanen preisen!“ |
ma guarda i cerchi infino al più remoto, tanto che veggi seder la regina cui questo regno è suddito e devoto». |
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Ich sah empor. Wie, wenn der Morgen steigt, Den ganzen Osten Gluten überfliegen, Indes der Westen sich ins Dunkle neigt, |
Io levai li occhi; e come da mattina la parte orïental de l'orizzonte soverchia quella dove 'l sol declina, |
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So sah ich, als mein Blick bergan gestiegen, Ein Licht im höchsten Rande funkelnd tagen Und alle andern Reihn an Glanz besiegen. |
così, quasi di valle andando a monte con li occhi, vidi parte ne lo stremo vincer di lume tutta l'altra fronte. |
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Und wie am Himmel – naht der Sonnenwagen Des armen Phaeton – stets wächst die Flamme, Das schönste Morgenrot zu überragen, |
E come quivi ove s'aspetta il temo che mal guidò Fetonte, più s'infiamma, e quinci e quindi il lume si fa scemo, |
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So glühte diese Friedensoriflamme In ihrem Kern am hellsten, und es ward Gleichmäßig seitwärts abgedämpft die Flamme. |
così quella pacifica oriafiamma nel mezzo s'avvivava, e d'ogne parte per igual modo allentava la fiamma; |
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Und um die Mitte, tausendfach geschart, Frohlockten Engel mit gespreizten Schwingen, An Glanz und Feierkleid verschiedner Art. |
e a quel mezzo, con le penne sparte, vid' io più di mille angeli festanti, ciascun distinto di fulgore e d'arte. |
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Und Schönheit lachte ihrem Tanz und Singen, Die ließ entzückte Wonnenharmonie Durchs Auge aller andern Heilgen dringen. |
Vidi a lor giochi quivi e a lor canti ridere una bellezza, che letizia era ne li occhi a tutti li altri santi; |
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Wenn Menschenwort mir solchen Reichtum lieh, Zu schildern, was die Seele sah – nie sänge Den kleinsten Reiz hiervon die Fantasie! |
e s'io avessi in dir tanta divizia quanta ad imaginar, non ardirei lo minimo tentar di sua delizia. |
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Als Bernhard merkte, wie mein Antlitz hänge An seiner Königin weltentrückt, da wandte Auch er so brünstig sich zum Glanzgepränge, |
Bernardo, come vide li occhi miei nel caldo suo caler fissi e attenti, li suoi con tanto affetto volse a lei, |
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Dass ich zum Anschaun heißer noch entbrannte. | che ' miei di rimirar fé più ardenti. | |
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