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Deutsch Italienisch Interpretation:

Achtundzwanzigster Gesang:
Zusammenfassung und Deutung

DER LÄUTERUNGSBERG: XXVIII Gesang PURGATORIO: XXVIII CANTO
Da ich umsonst den Sehnsuchtsdrang bekämpfte,
Durch Gottes schönen und lebendgen Wald,
Der dichtbelaubt des Morgens Frühlicht dämpfte,
Vago già di cercar dentro e dintorno
la divina foresta spessa e viva,
ch'a li occhi temperava il novo giorno,
Dahinzustreichen – schritt ich alsobald
Vom Waldsaum nach und nach feldein und machte
Auf einer duftgewürzten Wiese Halt.
sanza più aspettar, lasciai la riva,
prendendo la campagna lento lento
su per lo suol che d'ogne parte auliva.
Ich fühlte Lufthauch, ohne Wandel sachte
Und lieblich-lächelnd, meine Stirn umspielen,
Als ob des Lenzes Flügel ihn entfachte,
Un'aura dolce, sanza mutamento
avere in sé, mi feria per la fronte
non di più colpo che soave vento;
Dass ich das Laubwerk sich auf schwanken Stielen
Anmutig sah nach jener Seite neigen,
Wohin des Berges Morgenschatten fielen,
per cui le fronde, tremolando, pronte
tutte quante piegavano a la parte
u' la prim' ombra gitta il santo monte;
Doch ohne sich so ungestüm zu zeigen,
Dass es den Vögeln wehrte, frohen Sang
Hinabzuschmettern aus den grünen Zweigen,
non però dal loro esser dritto sparte
tanto, che li augelletti per le cime
lasciasser d'operare ogne lor arte;
Nein, jubelhell ihr Morgenlied sich schwang
Dem Lichte zu, wobei im Bass begleitend
Des Waldesrauschens dunkle Harfe klang,
ma con piena letizia l'ore prime,
cantando, ricevieno intra le foglie,
che tenevan bordone a le sue rime,
Als ob an Chiassis Strande leise schreitend
Der Südwind schwillt entlang dem Pinienhain,
Gibt Äolus ihn frei, den Zaum ihm weitend. –
tal qual di ramo in ramo si raccoglie
per la pineta in su 'l lito di Chiassi,
quand' Ëolo scilocco fuor discioglie.
Zum alten Wald drang ich gemächlich ein,
Der bald mich tief umschloss, dass nicht zu sehen,
Wo meines Eintritts Stelle mochte sein.
Già m'avean trasportato i lenti passi
dentro a la selva antica tanto, ch'io
non potea rivedere ond' io mi 'ntrassi;
Da hemmte mich ein Bach im Weitergehen,
Der linkshin bog mit leisem Wellenschlag
Die Gräser, die an seinem Ufer stehen.
ed ecco più andar mi tolse un rio,
che 'nver' sinistra con sue picciole onde
piegava l'erba che 'n sua ripa uscìo.
Nicht kann, als Spiegelbild vom klarsten Tag,
Irdische Flut beschämen dieses feuchte
Gewog, das bis zum Grund durchsichtig lag,
Tutte l'acque che son di qua più monde,
parrieno avere in sé mistura alcuna
verso di quella, che nulla nasconde,
Obwohl die dunkle Flut mich dunkler deuchte,
Weil nie durchbrach den dichten Kranz der Schatten
Der Sonne Schimmer noch des Mondes Leuchte.
avvegna che si mova bruna bruna
sotto l'ombra perpetüa, che mai
raggiar non lascia sole ivi né luna.
Mein Fuß stand still, doch meine Augen hatten
Das Flüsschen überbrückt, froh zu betrachten
Jenseits die frischen, maiengrünen Matten.
Coi piè ristetti e con li occhi passai
di là dal fiumicello, per mirare
la gran varïazion d'i freschi mai;
Und mir erschien – wie häufig, eh wir’ s dachten,
Ein Etwas naht, dass hingerissen schier
Wir staunend unsrer Sinne nicht mehr achten –
e là m'apparve, sì com' elli appare
subitamente cosa che disvia
per maraviglia tutto altro pensare,
Ein einsam Weib, das singend nahte mir
Und emsig Blumen aus den Blumen pflückte
Auf dem verschwendrisch knospenden Revier.
una donna soletta che si gia
e cantando e scegliendo fior da fiore
ond' era pinta tutta la sua via.
„O schöne Frau, der warm das Herz durchzückte
Der Liebe Strahl – ich seh’ s dem Auge an,
Darein noch stets ihr Bild die Seele drückte –
«Deh, bella donna, che a' raggi d'amore
ti scaldi, s'i' vo' credere a' sembianti
che soglion esser testimon del core,
Gefällt dir’ s,“ bat ich, „so tritt mehr heran
Zum Ufersaum, dass ich mit durstgen Ohren
Aus deinem Lied den Inhalt schöpfen kann.
vegnati in voglia di trarreti avanti»,
diss' io a lei, «verso questa rivera,
tanto ch'io possa intender che tu canti.
Die Flur hier und dein Anblick hat beschworen
Das Bild Proserpinas vor meinen Sinn,
Als sie die Mutter, die den Lenz verloren.“
Tu mi fai rimembrar dove e qual era
Proserpina nel tempo che perdette
la madre lei, ed ella primavera».
Und wie beim Reigen eine Tänzerin
Geschlossnen Fußes, kaum die Sohlen hebend,
In anmutsvoller Drehung gleitet hin,
Come si volge, con le piante strette
a terra e intra sé, donna che balli,
e piede innanzi piede a pena mette,
So überm rötlichgelben Teppich schwebend
Kam sie heran, jungfräulich anzusehen,
Mit Augen sittsamscheu zu Boden strebend.
volsesi in su i vermigli e in su i gialli
fioretti verso me, non altrimenti
che vergine che li occhi onesti avvalli;
Und sie erhörte gleich vollauf mein Flehen:
Sie sang ihr holdes Lied dicht am Gestade,
Dass jeder Ton mir deutlich zu verstehen.
e fece i prieghi miei esser contenti,
sì appressando sé, che 'l dolce suono
veniva a me co' suoi intendimenti.
Und als sie dorten stand, wo sich im Bade
Des klaren Bachs erfrischt das Ufergrün,
Erwies sie mir mich anzusehn die Gnade.
Tosto che fu là dove l'erbe sono
bagnate già da l'onde del bel fiume,
di levar li occhi suoi mi fece dono.
Es konnte kaum – als unabsichtlich-kühn
Der eignen Mutter Amor Herzweh machte, -
In hellerm Glanz der Venus Auge sprühn!
Non credo che splendesse tanto lume
sotto le ciglia a Venere, trafitta
dal figlio fuor di tutto suo costume.
Sie stand am rechten Ufersaum und lachte,
Noch weiter pflückend Blumenschmelz und –schaum,
Die ungesät hervor dies Heilsland brachte;
Ella ridea da l'altra riva dritta,
trattando più color con le sue mani,
che l'alta terra sanza seme gitta.
Drei Schritt nur trennte uns der feuchte Raum.
Der Hellespont, den Xerxes überbrückte –
Jeder Vermessenheit noch heut ein Zaum –
Tre passi ci facea il fiume lontani;
ma Elesponto, là 've passò Serse,
ancora freno a tutti orgogli umani,
Mit minderm Zorn Leanders Herz bedrückte,
Weil seine Flut von Hero ihn getrennt,
Als dieser mich, der s i e von mir entrückte.
più odio da Leandro non sofferse
per mareggiare intra Sesto e Abido,
che quel da me perch' allor non s'aperse.
„Ihr seid hier fremd, wie es mein Blick erkennt,
Drum wird mein Lächeln wohl an dieser Stelle,
Die man mit Recht der Menschheit Wiege nennt,
«Voi siete nuovi, e forse perch' io rido»,
cominciò ella, «in questo luogo eletto
a l'umana natura per suo nido,
Für euch des Zweifels und des Staunens Quelle?
Das Psalmenwort: ‚Herr, du erfreuest mich’
Gibt aber eurer Einsicht bald die Helle!
maravigliando tienvi alcun sospetto;
ma luce rende il salmo Delectasti,
che puote disnebbiar vostro intelletto.
Drum du, der vornean steht, sprich denn, sprich,“
So schloss sie, „willst du Weiteres erlauschen,
So frage dreist, und gern bescheid ich dich.“
E tu che se' dinanzi e mi pregasti,
dì s'altro vuoli udir; ch'i' venni presta
ad ogne tua question tanto che basti».
„Das Wasser,“ sprach ich, „und des Waldes Rauschen
Macht wanken jüngsterworbnen Glauben mir;
Gilt es, Erlerntes wieder auszutauschen?“
«L'acqua», diss' io, «e 'l suon de la foresta
impugnan dentro a me novella fede
di cosa ch'io udi' contraria a questa».
Und sie: „Setzt dich’ s auch in Erstaunen schier,
Es ist kein Widerspruch! – Von mir beschieden,
Fällt bald vom Auge diese Binde dir!
Ond' ella: «Io dicerò come procede
per sua cagion ciò ch'ammirar ti face,
e purgherò la nebbia che ti fiede.
Das höchste Gut, mit sich in sich zufrieden,
Schuf gut den Menschen und wies diesen Ort
Zum Friedensunterpfand ihm an hienieden.
Lo sommo Ben, che solo esso a sé piace,
fé l'uom buono e a bene, e questo loco
diede per arr' a lui d'etterna pace.
Nur eigne Schuld trieb bald ihn daraus fort,
Nur eigne Schuld hat ihm zum Tränenleben
Verwandelt harmlos Lachen, heitres Wort! –
Per sua difalta qui dimorò poco;
per sua difalta in pianto e in affanno
cambiò onesto riso e dolce gioco.
Damit der Kampf, den unter ihm erheben
Die Ausdünstungen Wassers und der Erde,
Die gern empor zur Wärmezone streben,
Perché 'l turbar che sotto da sé fanno
l'essalazion de l'acqua e de la terra,
che quanto posson dietro al calor vanno,
Dem Menschen nicht gedeihe zur Beschwerde,
Darum ist dieser Berg so hoch gestiegen,
Dass er entrückt bleibt diesem dunstgen Herde!
a l'uomo non facesse alcuna guerra,
questo monte salìo verso 'l ciel tanto,
e libero n'è d'indi ove si serra.
Und weil im Ursprungskreislauf hier noch fliegen
Die Lüfte und solang sich ratlos drehen,
Als nichts sie zwingt, aus ihrer Bahn zu biegen,
Or perché in circuito tutto quanto
l'aere si volge con la prima volta,
se non li è rotto il cerchio d'alcun canto,
So rührt auf diesen Höhn, die einsam stehen
In der bewegten Luft, die Schwungkraft leise
Den dichten Wald – und er muss rauschend wehen.
in questa altezza ch'è tutta disciolta
ne l'aere vivo, tal moto percuote,
e fa sonar la selva perch' è folta;
Und jeder Pflanze Kraft, auf solche Weise
Gereizt, beschwängert neu des Windes Schoß,
Der die empfangne Kraft verstreut im Kreise.
e la percossa pianta tanto puote,
che de la sua virtute l'aura impregna
e quella poi, girando, intorno scuote;
Den Erdenfluren fiel ein ander Los;
Wie Klima oder Boden es bedingen,
Ist andersartig Baum, Gesträuch und Moos.
e l'altra terra, secondo ch'è degna
per sé e per suo ciel, concepe e figlia
di diverse virtù diverse legna.
Wer dies erwägt, dem wird’ s nicht seltsam klingen,
Dass wie durch Wunder Pflanzen eurer Zonen
Anscheinend ohne Samenkorn entspringen.
Non parrebbe di là poi maraviglia,
udito questo, quando alcuna pianta
sanza seme palese vi s'appiglia.
Und wisse: diese heiligen Regionen
Bergen für Frucht und Kraut die Samenzelle,
Wie sie bei euch mit keiner Ernte lohnen. –
E saper dei che la campagna santa
dove tu se', d'ogne semenza è piena,
e frutto ha in sé che di là non si schianta.
Und so entströmt der Bach auch keiner Quelle,
Die Dunst ernährt und Frost in Fessel zwingt,
Nicht sinkt noch steigt der Spiegel dieser Welle;
L'acqua che vedi non surge di vena
che ristori vapor che gel converta,
come fiume ch'acquista e perde lena;
Ihn speist ein Born, der unversiegbar springt,
Weil – was ihm durch zwei Arme geht verloren –
Der Wille Gottes immer wiederbringt.
ma esce di fontana salda e certa,
che tanto dal voler di Dio riprende,
quant' ella versa da due parti aperta.
Und jedem Arm ist eine Kraft erkoren:
Hier wäscht sich aller Schuld Gedächtnis fort,
Dort wird Gedächtnis guter Tat geboren.
Da questa parte con virtù discende
che toglie altrui memoria del peccato;
da l'altra d'ogne ben fatto la rende.
Der Strom tauscht seinen Namen mit dem Ort:
Wenn er sich h i e r als Letheflut erstreckte,
Heißt er Eunoë d r ü b e n ; aber dort
Quinci Letè; così da l'altro lato
Eünoè si chiama, e non adopra
se quinci e quindi pria non è gustato:
Wie hier ist’ s nötig, dass man davon schmeckte,
Wenn wirken soll sein Wohlgeschmack: nur dann
Stillt sich der Durst! – Dass ich dir mehr entdeckte,
a tutti altri sapori esto è di sopra.
E avvegna ch'assai possa esser sazia
la sete tua perch' io più non ti scuopra,
Wär nötig nicht, doch füg ich dies noch an
Und hoffe, deinen Dank mir zu verdienen,
Wenn ich mehr als versprochen geben kann:
darotti un corollario ancor per grazia;
né credo che 'l mio dir ti sia men caro,
se oltre promession teco si spazia.
Als Vorbild ist wohl dieser Ort erschienen
Den alten Dichtern, wenn von goldner Zeit
Und Seligkeit zu lesen ist bei ihnen.
Quelli ch'anticamente poetaro
l'età de l'oro e suo stato felice,
forse in Parnaso esto loco sognaro.
Hier spross der Menschheit, sündenfluchbefreit,
Des Lenzes Pracht in reicher Früchte Rahmen
Und des gepriesnen Nektars Lieblichkeit.“
Qui fu innocente l'umana radice;
qui primavera sempre e ogne frutto;
nettare è questo di che ciascun dice».
Nach meinen Dichtern, die leis mit mir kamen,
Sah ich zurück – sie standen hinter mir
Und lächelten, als sie ihr Lob vernahmen.
Io mi rivolsi 'n dietro allora tutto
a' miei poeti, e vidi che con riso
udito avëan l'ultimo costrutto;
Ich aber wandte mich zurück zu ihr. poi a la bella donna torna' il viso.
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