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Deutsch | Italienisch | Interpretation: |
Siebzehnter
Gesang: Zusammenfassung und Deutung |
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DER LÄUTERUNGSBERG: XVII Gesang | PURGATORIO: XVII CANTO | |
Hat, Leser, dir das Antlitz je verkappt Ein Nebelqualm auf hohem Alpenpasse, Dass blindlings wie ein Maulwurf du getappt? |
Ricorditi, lettor, se mai ne l'alpe ti colse nebbia per la qual vedessi non altrimenti che per pelle talpe, |
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Rings wallt und braut die feuchte Wolkenmasse, Und wenn sie lichter wird, durchflimmert milde Den leichten Flor der Sonnenball, der blasse. |
come, quando i vapori umidi e spessi a diradar cominciansi, la spera del sol debilemente entra per essi; |
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Erinnre dich an dieses Duftgebilde, So ahnst du, Leser, wie ich hier erschaute Die Sonne, als sie sank im Dunstgefilde. |
e fia la tua imagine leggera in giugnere a veder com' io rividi lo sole in pria, che già nel corcar era. |
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Ich tauchte gleichen Schrittes wie der traute Gefährte aus dem Wolkenflor ans Licht, Das schon die tiefern Ebnen übergraute. |
Sì, pareggiando i miei co' passi fidi del mio maestro, usci' fuor di tal nube ai raggi morti già ne' bassi lidi. |
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O Fantasie, wie oft entrückst du nicht Uns aus uns selbst, dass wir den Schall nicht spüren, Der tausendfach aus Erzdrommeten bricht, |
O imaginativa che ne rube talvolta sì di fuor, ch'om non s'accorge perché dintorno suonin mille tube, |
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Was treibt dich, wenn die Sinne nichts berühren? Dich treibt ein Licht, gesandt vom Himmel nieder, Mag sich’ s von selbst, mag’ s höhrer Wille schüren. |
chi move te, se 'l senso non ti porge? Moveti lume che nel ciel s'informa, per sé o per voler che giù lo scorge. |
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Vom Frevel jener, die sich im Gefieder Des Vogels barg der lieblichsten Gesänge, Erschien mir als Vision ein Abbild wieder, |
De l'empiezza di lei che mutò forma ne l'uccel ch'a cantar più si diletta, ne l'imagine mia apparve l'orma; |
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Das meinen Geist so einnahm im Gedränge Und auf sich selbst beschränkte, dass sich nicht Von außen andres Eindruck noch erzwänge. |
e qui fu la mia mente sì ristretta dentro da sé, che di fuor non venìa cosa che fosse allor da lei ricetta. |
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Dann schien sich durch das hohe Traumbild – licht Und deutlich – ein Gekreuzigter zu heben; Der starb mit Grimm und Stolz im Angesicht. |
Poi piovve dentro a l'alta fantasia un crucifisso, dispettoso e fero ne la sua vista, e cotal si moria; |
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Mit Esther, seinem Weibe, stand daneben Der große Ahasver und Mardochai, Der Vorbild stets in Wort und Tat gegeben. |
intorno ad esso era il grande Assüero, Estèr sua sposa e 'l giusto Mardoceo, che fu al dire e al far così intero. |
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Als dieses Bild mir plötzlich sprang entzwei Gleich einer Wasserblase, die gequollen Und jäh zerplatzt, macht sich der Luftdruck frei – |
E come questa imagine rompeo sé per sé stessa, a guisa d'una bulla cui manca l'acqua sotto qual si feo, |
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Sah ich ein Mägdlein, das mit leisem Grollen Im Tone schluchzend rief: „O Königin, Warum hast du im Zorn doch sterben wollen? |
surse in mia visïone una fanciulla piangendo forte, e dicea: «O regina, perché per ira hai voluto esser nulla? |
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Du opfertest dich um Lavinien hin, Und mich verlorst du, der dein frühes Ende Mehr als des andern Tod bringt Schmerzgewinn!“ – |
Ancisa t'hai per non perder Lavina; or m'hai perduta! Io son essa che lutto, madre, a la tua pria ch'a l'altrui ruina». |
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Gleichwie – wenn das geschlossne Lid die Spende Des grellen Frühlichts trifft – der Schlaf zerbricht Und noch sich sträubt, dass er zur Flucht sich wende, |
Come si frange il sonno ove di butto nova luce percuote il viso chiuso, che fratto guizza pria che muoia tutto; |
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So fiel und löste sich mein Traumgesicht, Sobald ins Antlitz mir ein Lichtstrahl zückte, Viel greller als gewohntes Sonnenlicht. |
così l'imaginar mio cadde giuso tosto che lume il volto mi percosse, maggior assai che quel ch'è in nostro uso. |
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Ich sah mich um, wohin mich
denn entrückte Der Traum – da klang’ s: „Hier müsst ihr aufwärts- Dass jeden andern Wunsch ich unterdrückte. |
I' mi volgea per veder ov' io fosse, quando una voce disse «Qui si monta», che da ogne altro intento mi rimosse; |
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Die Stimme zwang den Willen sich zu eigen, Nun zu erforschen, wer soeben sprach, Und ließ mir nicht des Wunsches Unruh schweigen. |
e fece la mia voglia tanto pronta di riguardar chi era che parlava, che mai non posa, se non si raffronta. |
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Wie aber, wer zur Sonne späht, hernach, Dass zuviel Glanz sie birgt, bemerkt mit Schrecken, So sah ich, dass mir’ s hier an Kraft gebrach. |
Ma come al sol che nostra vista grava e per soverchio sua figura vela, così la mia virtù quivi mancava. |
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„Den Weg uns ungebeten zu entdecken, Kam her ein Genius, den du nicht gesehen, Weil seine eignen Strahlen ihn verstecken. |
«Questo è divino spirito, che ne la via da ir sù ne drizza sanza prego, e col suo lume sé medesmo cela. |
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Was Mensch dem Menschen tut, ist uns geschehen; Denn wer uns bitten lässt erst in der Not, Der denkt schon böslich, uns nicht beizustehen! |
Sì fa con noi, come l'uom si fa sego; ché quale aspetta prego e l'uopo vede, malignamente già si mette al nego. |
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Lass uns nach seinem freundlichen Gebot Denn aufwärts pilgern, eh die Nacht gekommen, Sonst winkt uns nicht das Ziel vorm Morgenrot!“ – |
Or accordiamo a tanto invito il piede; procacciam di salir pria che s'abbui, ché poi non si poria, se 'l dì non riede». |
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So sprach Virgil; drum war’ s zur Höh genommen Ein Felspfad, den wir wie auf Stufen gingen; Und eine war von mir bereits erklommen, |
Così disse il mio duca, e io con lui volgemmo i nostri passi ad una scala; e tosto ch'io al primo grado fui, |
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Als meine Stirn ein Lufthauch wie von Schwingen Umfächelte; dann klang’ s aus holdem Munde: „Heil den Friedfertgen, die den Zorn bezwingen!“ |
senti'mi presso quasi un muover d'ala e ventarmi nel viso e dir: 'Beati pacifici, che son sanz' ira mala!'. |
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Schon bleichten über uns am Himmelsrunde Die letzten Strahlen, hart verfolgt von Schatten, Und Stern um Stern trat vor aus dunkelm Grunde. |
Già eran sovra noi tanto levati li ultimi raggi che la notte segue, che le stelle apparivan da più lati. |
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O meine Kraft, was ließ dich so ermatten? Fragt ich mich selbst und merkte furchtbeklommen, Dass mir den Dienst versagt die Füße hatten. |
'O virtù mia, perché sì ti dilegue?', fra me stesso dicea, ché mi sentiva la possa de le gambe posta in triegue. |
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Wir waren jetzt, so hoch es ging, gekommen Und standen beide droben wie gebannt! Dem Boot gleich, das am Strande festgeschwommen. |
Noi eravam dove più non saliva la scala sù, ed eravamo affissi, pur come nave ch'a la piaggia arriva. |
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Ich lauschte anfangs, ob vom neuen Land Nicht irgend Lebenszeichen würden grüßen, Dann sprach ich, meinem Meister zugewandt: |
E io attesi un poco, s'io udissi alcuna cosa nel novo girone; poi mi volsi al maestro mio, e dissi: |
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„Sprich, gütger Vater, welche Fehler büßen Die Seelen hier in diesem neuen Kreise, Sprich, lass dein Wort nicht rasten gleich den Füßen.“ |
«Dolce mio padre, dì, quale offensione si purga qui nel giro dove semo? Se i piè si stanno, non stea tuo sermone». |
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„Trägheit zum Guten ist es,“ sprach der Weise; „Hier muss der Lässge sich auf’ s Rudern steifen, Einholen die Versäumnis seiner Reise. |
Ed elli a me: «L'amor del bene, scemo del suo dover, quiritta si ristora; qui si ribatte il mal tardato remo. |
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Doch merke auf, dass du es kannst begreifen, Wenn ich dir’ s deute; dann wird dir zum Lohn Für diesen Aufenthalt Erkenntnis reifen. |
Ma perché più aperto intendi ancora, volgi la mente a me, e prenderai alcun buon frutto di nostra dimora». |
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Dass nicht Geschöpf noch Schöpfer, teurer Sohn, Je ohne Liebe war – sei’ s Seelenliebe, Sei’ s die natürliche - das weißt du schon; |
«Né creator né creatura mai», cominciò el, «figliuol, fu sanza amore, o naturale o d'animo; e tu 'l sai. |
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Weißt auch, dass letzte frei von Irrtum bliebe, Doch jene irrt, wenn sie zu stark, zu klein, Und wenn gemein das Ziel ist ihrer Triebe. |
Lo naturale è sempre sanza errore, ma l'altro puote errar per malo obietto o per troppo o per poco di vigore. |
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Wenn ihr die ersten Güter Ansporn leihn, Wenn sie den zweiten weiß Maß anzulegen, Kann böser Lust sie niemals Antrieb sein. |
Mentre ch'elli è nel primo ben diretto, e ne' secondi sé stesso misura, esser non può cagion di mal diletto; |
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Doch sucht sie Böses oder eifert wegen Des Guten heftig bald und bald verdrossen, So wirkt dem Schöpfer das Geschöpf entgegen. |
ma quando al mal si torce, o con più cura o con men che non dee corre nel bene, contra 'l fattore adovra sua fattura. |
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So hab ich die Erkenntnis dir erschlossen, Dass Liebe aller Tugend Samenkern Und dass ihr alle Laster auch entsprossen. |
Quinci comprender puoi ch'esser convene amor sementa in voi d'ogne virtute e d'ogne operazion che merta pene. |
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Das Wohl des eignen Ichs als ihres Herrn Kann Liebe niemals aus den Augen lassen, Drum liegt der Selbsthass allen Wesen fern. |
Or, perché mai non può da la salute amor del suo subietto volger viso, da l'odio proprio son le cose tute; |
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Und weil ein ‚Wesen o h n e Gott’ zu fassen Undenkbar ist, das für sich selber sei, So kann man also nicht den Schöpfer hassen. |
e perché intender non si può diviso, e per sé stante, alcuno esser dal primo, da quello odiare ogne effetto è deciso. |
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Folglich ergibt als Letztes sich hierbei Die Freude an des Nächsten Schlechtergehen! Und dieser schmutzgen Quellen gibt es drei. |
Resta, se dividendo bene stimo, che 'l mal che s'ama è del prossimo; ed esso amor nasce in tre modi in vostro limo. |
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Dass seinem Nachbar möge Leid geschehen, Wünscht dieser, hoffend, dass er selber stiege, Kann er tief unter sich den andern sehen. |
È chi, per esser suo vicin soppresso, spera eccellenza, e sol per questo brama ch'el sia di sua grandezza in basso messo; |
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Der zweite fürchtet, wenn er unterliege, Von Ruhm, Gunst, Macht und Ehre den Verlust Und missgönnt andern des Erfolges Siege. |
è chi podere, grazia, onore e fama teme di perder perch' altri sormonti, onde s'attrista sì che 'l contrario ama; |
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Ein dritter nährt die Rachlust in der Brust Und wähnt gekränkt sich durch Beleidigungen, Bis er zu schaden seinem Feind gewusst. |
ed è chi per ingiuria par ch'aonti, sì che si fa de la vendetta ghiotto, e tal convien che 'l male altrui impronti. |
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Wen diese Liebesdreiheit einst bezwungen, Beweint es hier. – Vernimm von Liebe nun, Die falschen Weges Gutem nachgedrungen. |
Questo triforme amor qua giù di sotto si piange: or vo' che tu de l'altro intende, che corre al ben con ordine corrotto. |
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Ein Gut, drin sicher mag die Seele ruhn, Ahnt jeder unklar; danach wird er bangen Und sich im Streben kein Genüge tun. |
Ciascun confusamente un bene apprende nel qual si queti l'animo, e disira; per che di giugner lui ciascun contende. |
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Doch lässt die Trägheit
uns danach nur langen , Lockt nichts uns zum Besitz , wird h i e r im Kreise Nach wahrer Reue auch der Lohn empfangen. |
Se lento amore a lui veder vi tira o a lui acquistar, questa cornice, dopo giusto penter, ve ne martira. |
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Noch gibt’ s ein letztes Gut, doch macht’ s nicht weise Noch glücklich, ist der Baum nicht, der im Heile Festwurzelnd Frucht uns schenkt zur Seelenspeise. |
Altro ben è che non fa l'uom felice; non è felicità, non è la buona essenza, d'ogne ben frutto e radice. |
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Liebe, die d e m nachstrebt in Gier und Eile, Wird über uns beweint in dreien Runde; Doch wie sich dort die Ordnung dreifach teile, |
L'amor ch'ad esso troppo s'abbandona, di sovr' a noi si piange per tre cerchi; ma come tripartito si ragiona, |
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Verschweig ich, da du selbst es sollst bekunden. | tacciolo, acciò che tu per te ne cerchi». | |
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