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Deutsch Italienisch Interpretation:
   Zwölfter Gesang:
   Zusammenfassung und Deutung

DER LÄUTERUNGSBERG: XII Gesang PURGATORIO: XII CANTO
Wie ein Gespann im Joch geht mit dem Haupte,
Ging ich dem schwerbepackten Geist zur Seite,
Solang mein teurer Lehrer mir’ s erlaubte,
Di pari, come buoi che vanno a giogo,
m'andava io con quell' anima carca,
fin che 'l sofferse il dolce pedagogo.
Doch als er sprach: „Lass ihn! und schneller schreite,
Hier ziemt’ s, dass jeder, wie er kann, im Drange
Sein Boot mit Wind und Ruder vorwärts leite“
Ma quando disse: «Lascia lui e varca;
ché qui è buono con l'ali e coi remi,
quantunque può, ciascun pinger sua barca»;
Da reckt ich mich zum menschenwürdgen Gange
Aufs neu empor – doch die Gedanken waren
Mir tiefgebeugt und missgestimmt noch lange.
dritto sì come andar vuolsi rife'mi
con la persona, avvegna che i pensieri
mi rimanessero e chinati e scemi.
Ich folgte gern und mied die Büßerscharen,
Und dass wir leichter wogen, konnten wir
Durch unsre größre Eile offenbaren.
Io m'era mosso, e seguia volontieri
del mio maestro i passi, e amendue
già mostravam com' eravam leggeri;
Da sprach Virgil: „Nun blicke unter dir,
Wegkürzend wird es dir die Zeit vertreiben,
Siehst du, worauf die Sohlen wandeln hier!“ –
ed el mi disse: «Volgi li occhi in giùe:
buon ti sarà, per tranquillar la via,
veder lo letto de le piante tue».
Wie man, dass ihr Gedächtnis möge bleiben,
Den Lebenslauf Verstorbener den Steinen
Der Gruft in Bild und Wort pflegt einzuschreiben,
Come, perché di lor memoria sia,
sovra i sepolti le tombe terragne
portan segnato quel ch'elli eran pria,
Dass immer neu die Hinterbliebnen weinen,
Von des Verlusts Erinnerung bedrückt:
Ein frommer Stachel für die Herzensreinen –
onde lì molte volte si ripiagne
per la puntura de la rimembranza,
che solo a' pïi dà de le calcagne;
So sah ich hier, kunstvoller nur geschmückt,
Bildnisverziert den Pfad in ganzer Breite,
Soweit ausladend er den Berg umbrückt.
sì vid' io lì, ma di miglior sembianza
secondo l'artificio, figurato
quanto per via di fuor del monte avanza.
Ihn sah ich, den mit höchster Schönheit weihte
Der Herr, wie er aus Himmelshöhn, dem Heile
Verloren, blitzumlodert niederschneite –
Vedea colui che fu nobil creato
più ch'altra creatura, giù dal cielo
folgoreggiando scender, da l'un lato.
Sah liegen auf des Bildes anderm Teile
Den Briareus, der todeskalt und schwer
Die Erde drückt, durchbohrt vom Donnerkeile –
Vedëa Brïareo fitto dal telo
celestïal giacer, da l'altra parte,
grave a la terra per lo mortal gelo.
Sah Phöbus, Pallas, Mars in rüstger Wehr
Um Zeus geschart, um staunend zu besehen
Der Riesen Glieder, die verstreut umher –
Vedea Timbreo, vedea Pallade e Marte,
armati ancora, intorno al padre loro,
mirar le membra d'i Giganti sparte.
Sah Nimrod an des Bauwerks Füßen stehen,
Zerknirscht die Völker mustern und verstört,
Dass so Sennahars Hochmut muss vergehen –
Vedea Nembròt a piè del gran lavoro
quasi smarrito, e riguardar le genti
che 'n Sennaàr con lui superbi fuoro.
O Niobe! mit Augen schmerzempört
Starrst du versteinert hier auf zweimal sieben
Geliebte Kinder, die dir einst gehört –
O Nïobè, con che occhi dolenti
vedea io te segnata in su la strada,
tra sette e sette tuoi figliuoli spenti!
O Saul! das eigne Schwert ins Herz getrieben,
Liegst du entseelt vor mir auf Gilboe,
Dem Tau und Regen fern seitdem geblieben –
O Saùl, come in su la propria spada
quivi parevi morto in Gelboè,
che poi non sentì pioggia né rugiada!
Arachne, Törin! die ich trauernd seh,
Halb Weib, halb Spinne, in des Kunstwerks Fetzen,
Das du gewirkt dir hast zum eignen Weh –
O folle Aragne, sì vedea io te
già mezza ragna, trista in su li stracci
de l'opera che mal per te si fé.
O Rhabeam! nicht fürder kann entsetzen
Dein Abbild hier: du fliehst erschreckt im Wagen,
Eh dich zum Tor hinaus die Meutrer hetzen! –
O Roboàm, già non par che minacci
quivi 'l tuo segno; ma pien di spavento
nel porta un carro, sanza ch'altri il cacci.
Noch sah ich hier das harte Pflaster tragen
Alkmäon, der so hoch bezahlen hieß
Am Unglücksschmuck Eriphylens Behagen –
Mostrava ancor lo duro pavimento
come Almeon a sua madre fé caro
parer lo sventurato addornamento.
Dann: wie das Bruderpaar daniederstieß
Den Sanherib und in des Tempels Hut
Des Vaters blutgen Leichnam liegen ließ –
Mostrava come i figli si gittaro
sovra Sennacherìb dentro dal tempio,
e come, morto lui, quivi il lasciaro.
Des Cyrus Tod und der Tomyris Wut
War hier zu sehn, als ob sie eben sage:
Du wolltest Blut, nun sättge dich in Blut!
Mostrava la ruina e 'l crudo scempio
che fé Tamiri, quando disse a Ciro:
«Sangue sitisti, e io di sangue t'empio».
Auch die Assyrer nach der Niederlage
Sah ich entfliehn, nachdem herabgehauen
Judith des Feldherrn Haupt mit wuchtgem Schlage –
Mostrava come in rotta si fuggiro
li Assiri, poi che fu morto Oloferne,
e anche le reliquie del martiro.
Sah Troja brennen im Vernichtungsgrauen –
O Ilion, ärmlicher und ruhmverwaister,
Als hier bist nirgend du im Bild zu schauen! –
Vedeva Troia in cenere e in caverne;
o Ilïón, come te basso e vile
mostrava il segno che lì si discerne!
Wer dünkte sich des Stifts, des Pinsels Meister,
Um Mienenspiel und Schatten zu verweben,
Wie hier es staunen lässt kunstsinnge Geister?
Qual di pennel fu maestro o di stile
che ritraesse l'ombre e ' tratti ch'ivi
mirar farieno uno ingegno sottile?
Tot schienen Tote, Lebende zu leben –
Gebeugt-hinschreitend sah ich’s ausgedrückt
So wahr, als ob sich’s eben erst begeben.
Morti li morti e i vivi parean vivi:
non vide mei di me chi vide il vero,
quant' io calcai, fin che chinato givi.
Stolziert nur, himmelwärts den Blick entzückt,
Ihr Evakinder, lasst ihn nicht sich neigen,
Dass er dem Weg des Irrtums bleib entrückt! –
Or superbite, e via col viso altero,
figliuoli d'Eva, e non chinate il volto
sì che veggiate il vostro mal sentero!
Schon war der Sonnenball im Niedersteigen,
Indes wir mehr, als ich geahnt, gegangen,
Seit ich vertieft war in den Bilderreigen,
Più era già per noi del monte vòlto
e del cammin del sole assai più speso
che non stimava l'animo non sciolto,
Da rief, des Füße schneller vorwärts drangen,
Virgil mir zu: „Das Haupt empor! Nicht frommen
Will’ s mehr, dass wir so langsam fortgelangen.
quando colui che sempre innanzi atteso
andava, cominciò: «Drizza la testa;
non è più tempo di gir sì sospeso.
Schau dort den Engel, der hierher zu kommen
Sich anschickt, sieh! der sechsten Hüterin
Ward schon der Dienst des Tages abgenommen!
Vedi colà un angel che s'appresta
per venir verso noi; vedi che torna
dal servigio del dì l'ancella sesta.
Mit Ehrfurcht schmücke Antlitz nun und Sinn,
Dass er uns freundlich weist empor – denn wisse:
D e r Tag geht auf Niewiedersehn dahin!“
Di reverenza il viso e li atti addorna,
sì che i diletti lo 'nvïarci in suso;
pensa che questo dì mai non raggiorna!».
Gewohnt der Mahnung, dass man sich beflisse,
Die Zeit zu nützen, prägte sich mir schnelle
Dies wahre Wort ein ohne Hindernisse.
Io era ben del suo ammonir uso
pur di non perder tempo, sì che 'n quella
materia non potea parlarmi chiuso.
Jetzt kam, umwogt von weißen Kleides Welle,
Das schöne Wesen nah – sein Antlitz war
Umflirrt wie von des Morgensternes Helle.
A noi venìa la creatura bella,
biancovestito e ne la faccia quale
par tremolando mattutina stella.
Die Arme öffnend, dann das Flügelpaar,
Begann er: „Kommt! hier winken euch die Stufen,
Ersteigbar ohne Mühe und Gefahr!“ –
Le braccia aperse, e indi aperse l'ale;
disse: «Venite: qui son presso i gradi,
e agevolemente omai si sale.
Wie selten folgt man doch so ernstem Rufen!
Sinkend lässt dich, o Mensch, ein Windhauch schauen,
Wo Gottes Hände dich zum Flug erschufen. –
A questo invito vegnon molto radi:
o gente umana, per volar sù nata,
perché a poco vento così cadi?».
Er wies den Eingang uns, in Fels gehauen,
Berührte meine Stirn mit seinem Flügel
Und hieß mich sichrer Wanderschaft vertrauen.
Menocci ove la roccia era tagliata;
quivi mi batté l'ali per la fronte;
poi mi promise sicura l'andata.
Wie jenseits man vom Rubicon den Hügel (Im Original Tippfehler?: Rubicont)
Rechtsauf zur Kirche klimmt, im Angesicht
Der Stadt, drin Recht und Weisheit führt die Zügel,
Come a man destra, per salire al monte
dove siede la chiesa che soggioga
la ben guidata sopra Rubaconte,
Auf Stufen, die der steilen Felsenschicht
Einst wurden eingesprengt in frühern Zeiten,
Da noch verlässlich Grundbuch und Gewicht –
si rompe del montar l'ardita foga
per le scalee che si fero ad etade
ch'era sicuro il quaderno e la doga;
So schrägt sich sanft der Abhang, der zum zweiten
Umkreis sich hier vom ersten Rande schwingt,
Nur streift man steile Wand zu beiden Seiten.
così s'allenta la ripa che cade
quivi ben ratta da l'altro girone;
ma quinci e quindi l'alta pietra rade.
Und als wir hier nun wandeln – horch! da singt
Beati pauperes ein Stimmenchor,
Der unaussprechlich tief-ergreifend klingt.
Noi volgendo ivi le nostre persone,
'Beati pauperes spiritu!' voci
cantaron sì, che nol diria sermone.
Ach wie so anders schmeicheln doch dem Ohr,
Als in der Hölle, hier die frommen Lieder –
Dort grollte nur ein Schmerzgeheul empor!
Ahi quanto son diverse quelle foci
da l'infernali! ché quivi per canti
s'entra, e là giù per lamenti feroci.
Auf heilgen Stiegen ging es aufwärts wieder,
Und leichter schien mir’ s hier, bergan zu kommen,
Als ich im Flachland rührte sonst die Glieder.
Già montavam su per li scaglion santi,
ed esser mi parea troppo più lieve
che per lo pian non mi parea davanti.
„Welch eine Schwere ward von mir genommen,
O, Meister,“ sprach ich, „dass ich ohne Last
Hinwandle und nicht Müdigkeit-beklommen?“
Ond' io: «Maestro, dì, qual cosa greve
levata s'è da me, che nulla quasi
per me fatica, andando, si riceve?».
Und dieser: „Wenn die P, die du noch hast,
Obwohl schon blasser, sämtlich erst geschwunden,
Wie eins auf deiner Stirn schon ist verblasst,
Rispuose: «Quando i P che son rimasi
ancor nel volto tuo presso che stinti,
saranno, com' è l'un, del tutto rasi,
So wird, vom guten Willen überwunden,
Dein Fuß hinwandeln mühlos diese Bahnen
Und was sonst Mühsal, wird als Lust empfunden.“
fier li tuoi piè dal buon voler sì vinti,
che non pur non fatica sentiranno,
ma fia diletto loro esser sù pinti».
Wie jene tun, die – ohne dass sie’s ahnen –
Im Antlitz etwas haben und nicht sehen,
Bis dass die andern lächelnd sie gemahnen –
Allor fec' io come color che vanno
con cosa in capo non da lor saputa,
se non che ' cenni altrui sospecciar fanno;
Dann lassen sie dahin die Hände gehen
Und tasten sich am Kopf, um so damit,
Was nicht dem Auge sichtbar, zu verstehen:
per che la mano ad accertar s'aiuta,
e cerca e truova e quello officio adempie
che non si può fornir per la veduta;
So ich auch über meine Stirne glitt
Gespreizter Hand und fand nur noch – statt sieben –
Sechs P, die mir der Schlüsselträger schnitt.
e con le dita de la destra scempie
trovai pur sei le lettere che 'ncise
quel da le chiavi a me sovra le tempie:
Doch lächelnd sah Virgil, was ich getrieben. a che guardando, il mio duca sorrise.
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