Dante findet nun zu seiner alten Form zurück, ein paar Helden der griechischen Mythologie, ein paar Gestalten aus der Bibel sind ja noch da, und die sind jetzt alle eingemeisselt auf dem Boden.

Das sprach Vergil: „Nun blicke unter dir
Wegkürzend wird es dir die Zeit vertreiben
Siehst du, worauf die Sohlen wandeln hier!“

Und dann kommt auch schon der erste Hochmütige, sozusagen der Hochmütigste der Hochmütigen, Luzifer.

Ihn sah ich, den mit höchster Schönheit weihte
Der Herr, wie er aus Himmelshöhn dem Heile
Verloren, blitzumlodert niederschneite

Eigenartig ist, dass die Vorstellung von den gefallenen Engeln so fest verankert ist, obwohl sie nirgends tatsächlich so beschrieben wird.

Sah liegen auf des Bildes anderm Teile
Den Briareus, der Todeskalt und schwer
Die Erde drückt, durchbohrt vom Donnerkeile

Also, wir fangen wieder von vorne an, das muss man nämlich üben, üben, üben mit den Griechen. Briareos war einer der drei Hekatoncheiren, und letztere waren zusammen mit den Kyklopen und den Titanen eine der drei Gattungen, die aus der inzüchtigen und wahrscheinlich nicht liebevollen Verbindung zwischen Gaia, der Urgöttin und ihrem Sohn Uranus hervorgingen. Von den Hekatoncheiren gab es drei, nämlich den oben erwähnten Briareos und zwei Brüder. Bekanntlich hat ja der Titan Kronos seinen Vater entmannt und seine titanischen Brüder und Schwestern aus dem Tartarus befreit, wohin sie Uranus der Rabenvater gestopft hatte. Die Hekatoncheiren allerdings fand er häßlich, die hatte er einfach dagelassen. Nachdem Zeus nun seinen Vater Kronos platt gemacht hatte, befreite er auch die Hekatoncheiren, und die halfen ihm dann dabei, die Titanen platt zu machen. Briareos hatte 100 Arme und 50 Köpfe und war mehr als grizzlystark, vermute ich. Die Titanen wurden mit Hilfe der Hekatocheiren besiegt und in den Tartarus geschickt, wo letztere dann die Wächter spielten. Warum die kräftigen Dumpfbacken sich nicht selber auf den Olymp setzten, weiß kein Mensch, genau so wenig, wie irgend jemand weiß, was an ihrem Verhalten besonders hochmütig war.

Sah Phöbus, Pallas, Mars in rüstger Wehr
Um Zeus geschart, um staunend zu besehen
Der Riesen Glieder, die verstreut umher

Phöbus ist der Beiname von Apollon; wie das geht ist ein bisschen verrückt. Also es gibt eine Titanin Phoebe, die hat eine Tochter, Leto (also auch eine Titanin), und die wiederum zeugt mit Zeus den Apollon. Also die Titanen hat Zeus zwar prinzipiell in den Tartarus versenkt, aber wohl nicht alle. Irgendwann legt sich Apollon den Namen seiner Großmutter als Beinamen zu. Pallas ist Athene, die kennen wir schon von Homer, da heißt die auch immer Pallas Athene. Mit Pallas Athene wird es aber noch wirrer. Sie ist die Tochter von Metis und Zeus. Metis stammt über ein paar Ecken auch von einer Titanin ab. Metis wollte eigentlich gar nichts wissen von Zeus, aber dieser hat ja nie was anbrennen lassen und kriegt sie schließlich doch. Als sie dann aber schwanger wird, frisst er sie auf (??? Das geht, irgendwie, bei den Göttern geht alles). Mit der schwangeren Mutter frisst er natürlich auch das Kind, die kleine Pallas Athene. Als nun Hephaistos ihm mit dem Hammer eine über den Schädel haut, springt, aus eben jenem gespaltenen Schädel, Athene hervor, in voller Rüstung. Zu dem Beinamen Pallas kommt sie wohl, weil sie ihre Ziehschwester aus Versehen mit einem Wurfschwert tötete. Eine Ziehschwester hatte sie, weil der griechische Olymp ja geradezu nach Patchwork Familien schreit. Aufgezogen hat sie der Flussgott Triton, der wiederum eine Tochter hat, Pallas. Mars entspricht dem griechischen Gott Ares. Er ist erwähnenswert, denn er ist die Frucht einer Verbindung, die man, wenn man beide Augen zudrückt, als eheähnlich bezeichnen könnte. Er ist nämlich der Sohn von Hera und Zeus. Hera war zwar die Schwester des Zeus, also so eine richtige Ehe war das auch nicht, aber auch schon den Hauch von Normalität begrüßen wir. Was die drei Götter allerdings mit Hochmut zu tun haben, ist völlig unklar.

Sah Nimrod an des Bauwerks Füßen stehen
Zerknirscht die Völker und verstört
Dass so Sennehars Hochmut muss vergehen

Nimrod ist eine Figur der jüdisch / christlichen Tradition und der Erbauer des Turmes zu Babel. Also hier kann man tatsächlich Ansätze von „Hochmut“ sehen. Probleme bereitet das Wort „Sennehars“. Gemeint ist das in der Bibel erwähnte Land Sinear, dessen Herrscher Nimrod war. (1. Buch Mose, Kapitel 10 , 10)
Chus aber zeugte den Nimrod. Der fing an, ein gewaltiger Herr zu sein auf Erden, und war ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN. Daher spricht man: Das ist ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN wie Nimrod. Und der Anfang seines Reiches war Babel, Erech, Akkad und Chalne im Lande Sinear.

O Niobe mit Augen schmerzempört
Starrst du versteinert hier auf zweimal sieben
Geliebte Kinder, die dir einst gehört

Niobe war die Tochter des Tantalos, und der hatte den Göttern einen ganz üblen Streich gespielt, ihnen nämlich den eigenen Sohn zum Male vorgesetzt. Dies bemerkten sie und waren gelinde gesagt stinksauer, und in ihrer Wut belegten sie ihn mit dem Tantalidenfluch, das heißt, bis in die fünfte Generation werden alle Tantaliden von einem schrecklichen Unheil getroffen, und Niobe ist die erste Generation. Sie hat mit Amphion, dem König von Theben, sieben Kinder und prahlt damit, dass dies fünf mehr seien als Leto, die Mutter von Apollon und Artemis, sie habe; die hatte ja nur zwei. Als sie jetzt noch das Volk daran hindert, Leto wegen des mangelnden Kindersegens zu verehren, schickt diese ihre zwei Sprößlinge in die Schlacht, die alle sieben Kinder töten. Daraufhin begeht ihr Gatte Selbstmord und Niobe, ohnehin vor Schmerz erstarrt, wird von den Göttern gleich in Stein verwandelt. Poetisch an der ganzen Geschichte ist nur, dass auch der Stein noch weint.

O Saul! Das eigene Schwert ins Herz getrieben
Liegst du entseelt vor mir auf Gilboe
Dem Tau und Regen seitdem fern geblieben

Saul ist der erste König der Israeliten und Davids Vorgänger. Als er beim Gilboa Gebirge von den Philistern geschlagen wird, stürzt er sich in sein Schwert (oder lässt sich nach anderen Berichten töten). Angespielt wird unter Umständen auf den Konflikt zwischen dem Priester Samuel und Saul. Samuel salbt ihn zum König, befürchtet aber, dass er alle Macht an sich zu reißen sucht.

Arachne, Törin ! Die ich trauernd seh
Halb Weib, halb Spinne, in des Kunstwerks Fetzen
Das du gewirkt dir hast zum eigenen Weh

Arachne war eine Weberin und forderte Athene zu einem Wettbewerb im Weben heraus, den Athene annahm. Athene webte einen wunderhübschen Teppich, der die Götter in ihrem ganzen Glanz und den Hochmut der Menschen zeigte. Arachne webte einen noch schöneren, der aber die endlosen Liebesabenteuer der Götter zeigte. Von freier Meinungsäußerung hielt Athene nun aber gar nix und bedrohte Arachne, die sich daraufhin erhängte. Athene ließ sie aber nicht sterben, sondern war reichlich nachtragend und verwandelte Arachne in eine Spinne, woraus wir dann wiederum schließen, dass Dante äußerst systemorientiert dachte und seine Figuren äußerst hölzern schnitzte.

Noch sah ich hier das harte Pflaster tragen
Alkmäon, der so hoch bezahlen hieß
Am Unglücksschmuck Eriphylens Behagen

Was das mit Hochmut zu tun hat, ist zwar unklar, aber wir erzählen jetzt nochmal die Geschichte. Das wissen wir ja bereits, bis man bei den Irrungen und Wirrungen der Griechen durchblickt, muss man üben, üben, üben. Fangen wir ganz von vorne an. Das ganze Malheur beginnt, als Laios, König von Theben, den Sohn von Pelops (den kennen wir schon, das ist der, den die Götter fast verfrühstückt hätten), dessen Gast er ist, entführt, weil er sich in den Knaben verliebt hat. Neudeutsch nennt man das sexuellen Mißbrauch von Jugendlichen. Daraufhin verflucht ihn Pelops; es lastet also ein Fluch auf Laios, und das Unglück nimmt seinen Lauf. Laios hat mit seiner Frau Iokaste keine Kinder, weswegen sich Laios zum Orakel von Delphi aufmacht, um zu erfahren, was da los sei. Das Orakel von Delphi liefert aber nicht die gewünschte Erklärung des medizinischen Sachverhaltes, sondern spricht, ungefragt, eine Warnung aus. Wenn er nämlich jemals einen Sohn bekommt, dann wird dieser ihn töten und seine Mutter heiraten. Das Unglück nimmt unaufhaltsam seinen Lauf, Iokaste wird schwanger, und es ist natürlich ein Junge, Ödipus. Dass sie ihn aussetzen, hilft nicht viel, denn er überlebt bei Hirten, tötet seinen Vater, als der ihm den Weg versperrt und heiratet seine Mutter, nachdem er das Rätsel der Sphinx gelöst hat. Das war ein Biest, das am Wegrand lagerte, ein Rätsel stellte und jeden verknusperte, der es nicht lösen konnte. Ödipus aber löste es. Es geht um folgende bekannte Frage: "Was geht morgens auf vier Beinen, mittags auf zwei und abends auf drei?" Die Antwort: "Es ist der Mensch. Als Baby krabbelt er, dann geht er auf zwei Beinen und als Greis hat er einen Krückstock oder eben künstliche Kniegelenke." Doch das Unheil schreitet voran. Ödipus hat dann mit seiner Mutter / Ehefrau zwei Söhne, Eteokles und Polyneikes, und die zwei sollen eigentlich gemeinsam Theben regieren. Da das Unheil aber unerbittlich voranschreitet, bricht in Theben eine Seuche aus, und das hinterlistige Biest von Orakel zu Delphi sagt, dass die Seuche erst aufhöre, wenn der Mörder des Laios gefunden sei. Auf Drängen des Ödipus, das war ein Fehler, rückt Teiresias, der blinde Seher mit der Wahrheit heraus. Daraufhin erhängt sich Iokaste und Ödipus stürzt sich in einer Schlucht, die zum Hades führt, zu Tode. Damit ist der Fluch aber noch nicht zu Ende. Bei sexuellem Mißbrauch waren die Griechen erbarmungsloser als das Strafgesetzbuch. Eteokles und Polyneike kriegen sich jetzt bei den gemeinsamen Regierungsgeschäften in die Wolle und Eteokles schickt seinen Bruder in die Verbannung. Der geht jetzt aber nicht etwa in der Ägais surfen, sondern trommelt die "Sieben gegen Theben" zusammen, die dann Theben angreifen, allerdings erstmal eine auf die Mütze kriegen. Und jetzt sind wir schließlich bei den Versen von Dante. Der Plott ist zugegebenermaßen etwas dünn. Da hätte noch jeder drittklassige Hollywood Drehbuchschreiber irgendwas Plausibleres zusammengestrickt, aber das ist jetzt erstmal egal. Polyneikes, also der, der nicht in der Ägäis surfen gegangen ist, was mehr Spaß gemacht hätte, muss jetzt Leute zusammentrommeln, um seinen Bruder platt zu machen und mit von der Party soll eben auch Amphiaraos sein. Der hat aber keine Lust, sich zu prügeln und hat im Übrigen auch die zutreffende Vermutung, dass er dabei drauf geht. Da er aber dem Polyneikes nicht klipp und klar sagen will, dass er die Idee, sich zu prügeln schlicht abturnend findet, versteckt er sich. Damit die Gattin von Amphiaraos, Eriphyle, dem Polyneikes erzählt, wo sich ihr Gatte aufhält, schenkt er ihr das Halsband der Harmonia. Dieses ist aber mit einem Fluch beladen, spendet der Trägerin keine Harmonie, sondern ganz im Gegenteil, Verderben; das Unheil ist jetzt also sozusagen potenziert. Zuerst der Fluch des Pelops und jetzt auch das Halsband, das kann nix mehr werden und wird auch nix. Also Amphiaraos muss mit in die Schlacht und kriegt natürlich auch prompt so eine übergebraten, dass er stirbt. Unter diesen Umständen ist natürlich die Liebe zu seiner Gattin etwas abgekühlt und er fordert seinen Sohn Alkmaion auf (nicht Alkmäon wie Zoozmann schreibt), seine Mutter Eriphyle zu töten. In der ersten Schlacht gegen Theben sind ja die zwei Brüder umgekommen, also Polyneikes und Eteokles. Das Problem an sich wäre eigentlich gelöst. Wenn beide tot sind, wäre Theben die beiden ja losgewesen, hätte sich einen neuen Bürgermeister wählen können und alles wäre in Ordnung gewesen. So einfach geht das aber nicht bei den Griechen. Jetzt ziehen die Söhne der "Sieben gegen Theben" nochmal gegen Theben. Alkmaion macht aus irgendeinem Grund Laodamas, den Sohn von Eteokles platt und zerstört Theben, und anschließend bringt er dann seine Mutter um. Nachdem alle umgebracht sind, sind natürlich auch alle Probleme gelöst und die Geschichte hat ein Ende. Puh! Wer jetzt noch wissen will, was das mit Hochmut zu tun hat, der soll halt Dante eine E-Mail schicken oder in den FAQ nachschauen.

Dann: Wie das Bruderpaar daniederstieß
Den Sanherib und in des Tempels Hut
Des Vaters blutgen Leichnam liegen ließ

Bezug genommen wird auf eine historisch nicht korrekte Darstellung der Bibel, 2. Könige 32-37:

Darum spricht der HERR vom König von Assyrien also: Er soll nicht in diese Stadt kommen und keinen Pfeil hineinschießen und mit keinem Schilde davonkommen und soll keinen Wall darum schütten; sondern er soll den Weg wiederum ziehen, den er gekommen ist, und soll in diese Stadt nicht kommen; der HERR sagt's. Und ich will diese Stadt beschirmen, daß ich ihr helfe um meinetwillen und um Davids, meines Knechtes, willen. Und in derselben Nacht fuhr aus der Engel des HERRN und schlug im Lager von Assyrien hundertfünfundachtzigtausend Mann. Und da sie sich des Morgens früh aufmachten, siehe, da lag's alles eitel tote Leichname. Also brach Sanherib, der König von Assyrien auf und zog weg und kehrte um und blieb zu Ninive. Und da er anbetete im Hause Nisrochs, seines Gottes, erschlugen ihn mit dem Schwert Adrammelech und Sarezer, seine Söhne, und entrannen ins Land Ararat. Und sein Sohn Asar-Haddon ward König an seiner Statt.

Nach biblischer Darstellung lag der König von Assyrien also mit seinem Heer vor Jerusalem. Als Hiskija, König des Reiches Juda, den Herrn bat, ihm beizustehen, schickte Gott einen Tornado in Engelform, so dass dann 185000 Mann platt gemacht wurden. Darauf hin brach Sanherib den Feldzug ab und kehrte zurück nach Ninive, der Hauptstadt Assyriens (am oberen Tigris gelegen, heutiges Irak). Während er Nisroch anbetete (den assyrischen Gott des Ackerbaus), ermordeten ihn seine zwei Söhne Adrammelech und Sarezer, da sie die Niederlage von Papa als Schande empfanden.

Mit den geschichtlichen Ereignissen hat das wenig zu tun. Tatsächlich kapitulierte im Jahre 702 vor Christus Hiskija, Tausende wurden nach Assyrien deportiert und Hiskija zahlte fortan Tribut an die Assyrer.

Des Cyrus Tod und der Tomyris Wut
War hier zu sehen, als ob sie eben sagte:
Du wolltest Blut, nun sättige dich in Blut

Wahrscheinlich bezieht sich Dante hier auf eine Beschreibung des Lebens von Kyros wie sie sich bei
dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot findet, oder um es genauer zu sagen, die Darstellung des
Todes des Kyros, wie wir sie hier bei Dante finden, kommt der Darstellung von Herodot, es gibt zahlreiche andere, am nächsten, ohne jedoch mit dieser übereinzustimmen. Nach Herodot starb Kyros II (geb. 590 v.Chri, gestorben 530 v.Chr.), König von Persien, bei einem Feldzug gegen die Massageten. Den Königssohn Spargapises bezwang er zwar , der sich deshalb das Leben nahm, verlor aber bei der folgenden Schlacht gegen dessen Mutter, die Königin Tomyris sein Leben. Diese ließ ihm das Haupt abschlagen und in einen mit Blut gefüllten Weinschlauch stopfen. Mit den Worten, die auch Dante zitiert:" Du wolltest Blut, nun sättige dich in Blut". Die in den Kommentaren häufig zu findende Bemerkung, dass Tomyris Königin der Skythen gewesen war, kann Herodot nicht entnommen werden. Er schreibt lediglich, dass ihre Kleidung der der Skythen ähnlich war und dass die Massageten Nachbarn der Skythen gewesen seien.

Auch die Assyrer nach der Niederlage
Sah ich entfliehn, nachdem herabgehauen
Judith des Feldherrn Haupt mit wuchtigem Schlage

Bezug genommen wird auf das apokryphe, nicht zum Kanon der Bibel gehörende Buch Judith. In diesem ist beschrieben, wie Judith dem Holofernes, einem General des Nebudkadnezars, die Birne absäbelte, als dieser die Festung Betulia (der Ort ist wohl fiktiv, kann nicht lokalisiert werden, aufgrund der Beschreibung im Buch Judith muss er aber am Eingang der Jesreelebene liegen, also im Norden Israels) einehmen wollte. Bei der im Buch Judith beschriebenen Geschichte handelt es sich um eine Fiktion, die auch noch schwere Fehler enthält. Holofernes erscheint als assyrischer General. Die Assyrer hatten aber seit 612 vor Christus, als Ninive dem Ansturm Babylons unterlag, nichts mehr zu bestellen. Nebudkadnezar war der König des neuen babylonischen Reiches, Holofernes ein babylonischer General. Als das babylonische Heer vor Betulia lag, bat Judit, die Festung verlassen zu dürfen, marschierte in das Lager der Assyrer und brachte es auch noch fertig, mit dem stockbesoffenem Holofernes allein zu sein. Da säbelte sie ihm den Kopf ab und brachte ihn nach Betulia. Als die Assyrer am nächsten Tag ihren im wörtlichen Sinne kopflosen Heerführer entdeckten, ergriffen sie die Flucht. Als Beispiel des Hochmuts kann diese Episode selber nicht herhalten. Ergiebiger wäre die Vorgeschichte. Als Holofernes seine Mitstreiter fragte, welcher Stamm es sei, der hier Widerstand leistet, antwortete ihm der Ammoniterfürst Achior, dass die Israeliten unbesiegbar seien, solange sie an ihren Gott, Jahwe glaubten. Daraufhin schickte Holofernes Achior nach Betulia, damit er nach dessen Einnahme dasselbe Schicksal erleide, wie die anderen Bewohner Betulias. Das ist dann, wenn man so will, hochmütig.

Sah Troja brennen im Vernichtungsgrauen
O Ilion, ärmlicher und ruhmverwaister
Als hier bist nirgend du im Bild zu schauen

Ilion ist lediglich ein anderer Name für Troja, abgestellt wird auf die bekannte Geschichte von Homer. Hera, Athene und Aphrodite waren, zusammen mit den anderen Göttern auf eine Hochzeitsparty eingeladen; die göttliche Thetis und der irdische Peleus schlossen den Bund fürs Leben. Eris, die Göttin der Zwietracht war nicht eingeladen und warf einen goldenen Apfel in die Runde, mit der Aufschrift der Schönsten. Alle drei, Hera, Athene und Aphrodite waren jetzt natürlich der Meinung, die Schönste zu sein. Zeus wollte sich zu dem Thema nicht äußern und beauftragte wie Hermes, der Götterbote, Paris, den Sohn des Priamus von Troya, das herauszufinden. Der wurde jetzt natürlich geschmiert von Aphrodite, indem sie ihm versprach, ihm die schönste Frau auf Erden zu verschaffen, wenn er sie erwähle. Das war natürlich ein gutes Argument für Paris, und er erwählte Aphrodite. Mit dem Einlösen des Versprechens gab es dann die bekannten Probleme, weil Helena ja schon einen Gatten hatte, Menelaos von Sparta nämlich. Da dieser Menelaos aber wahrscheinlich eh nur eine Dumpfbacke war und außer seinem Schwert und Kampf nix im Schäde hatte, brauchte Aphrodite nicht mehr groß nachzuhelfen, damit sie sich in Paris verliebte und mit dem nach Troja stiften ging. Da nun aber mal alle griechischen Helden scharf auf Helena gewesen waren, hatten sie vor der Hochzeit geschworen, Helenas Wahl, also die Wahl von der Dumpfbacke Menelaos anzuerkennen und die Ehre der Helena zu verteidigen. Den Fall sahen sie nun eingetreten, als Helena mit Paris eine Kreuzfahrt durch die Ägäis in Richtung Troja machte. Das führte dann zu den bekannten Wirren. Also der Plot ist eigentlich ziemlich dämlich und an den Haaren herbeigezogen, erfreut nun aber schon seit über 2000 Jahren die Menschheit. Warum, mag verstehen wer will.

Schau dort den Engel, der hierher zu kommen
Sich anschickt, sieh! Der sechsten Hüterin
Ward schon der Dienst des Tages abgenommen

Mit „sechster Hüterin“ ist die sechste Stunde des Tages gemeint (also Mittag), was sich auch mit den Versen weiter oben deckt „…schon war der Sonnenball im Niedersteigen“. Die ist jetzt nicht mehr zuständig, weil sie verstrichen ist.

Mit Ehrfurcht schmücke Antlitz nun und Sinn
Dass er uns freundlich weist empor – denn wisse
Der Tag geht auf Niewiedersehen dahin

Dass ein Tag, der dahin geht, nicht mehr wiederkommt ist zutreffend, je nachdem wie er war, ist dies positiv oder negativ, was uns Dante allerdings damit sagen will, ist weniger klar, bzw. eigentlich gar nicht.

Er wies den Eingang uns, in Fels gehauen
Berührte meine Stirn mit seinen Flügel
Und hieß mich sichrer Wanderschaft vertrauen

Wir werden später sehen, dass er mit seinem Flügel ein P wie Pecato der sieben P, das der andere Engel am Eingang auf die Stirne Dantes malte, weggelöscht hat.

Wie jenseits man vom Rubicon den Hügel
Rechtsauf zur Kirche klimmt, im Angesicht
Der Stadt, drin Recht und Weisheit führt die Zügel

Auch diesen Vers hat Zoozmann wohl vollinhaltlich nicht verstanden, denn das italienische Orginal lautet so und der Rubicon, jenen Fluss den Cäsar überquerte, taucht da nicht auf.

Come a man destra, per salire al monte
dove siede la chiesa che soggioga
la ben guidata sopra Rubaconte,

Wie zu rechter Hand, wenn man den Berg besteigt
auf welchem sich die Kirche findet
die überragt die wohl geführte, über Rubaconte

Mit der chiesa, der Kirche, ist San Miniato gemeint, die sich auf dem monte, dem Monte alle Croci, dem Kreuzberg befindet und die man zur Rechten hat, wenn man eben diesen monte besteigt. Diese überragt das wohl bewachte Florenz; das ist ironisch gemeint. Ironisch deswegen, weil Dante ja fand, dass die Stadt eben nicht mehr wohl bewacht sei. Florenz wiederum liegt über der Brücke Rubaconte, deren Namensgeber der Stadtherr Rubaconte ist, der zu ihrem Bau 1237 den Grundstein legte. Sie sieht so aus.



Und als wir hier nun wandeln – horch! Da singt
Beati pauperes ein Stimmenchor
Der unaussprechlich tief – ergreifend klingt.

„Beati pauperes spiritu, quia ipsorum est regnum coelorum“, ist die erste Seeligpreisung aus dem 5.Kapitel des Evangeliums des Matthäus: Selig sind die arm im Geiste, denen ist das Himmelreich. Der Autor sieht das natürlich anders. Dummheit verursacht mehr Verletzte, Tote und Unheil als Typhus , Pest, Cholera und alle Erdbeben, ist aber aus irgendeinem Grund kein Straftatbestand. Das sollte man ändern.

„Welch eine Schwere ward von mir genommen
O, Meister“, sprach ich, „dass ich ohne Last
Hinwandle und nicht Müdigkeit beklommen?“

Dante bemerkt erst jetzt, dass der Engel im ein P gelöscht hat. Sind alle gelöscht, wird sein Fuß „mühelos hinwandeln diese Bahnen“.