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Deutsch | Italienisch | Interpretation: |
Dreizehnter
Gesang: Zusammenfassung und Deutung |
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DIE HÖLLE: XIII Gesang | Inferno: XIII CANTO | |
Noch war nicht Nessus jenseits angekommen, Als dichtverwachsen, ohne Wegespur, Ein düsterwild Gehölz uns aufgenommen. |
Non era ancor di là Nesso arrivato, quando noi ci mettemmo per un bosco che da neun sentiero era segnato. |
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Nicht grün war hier das Laub, schwarzfarbig nur, Verkrüppelt Ast und Zweig zu knotgen Knorren, Statt Frucht bot Giftdorn kärglich die Natur. |
Non fronda verde, ma di color fosco; non rami schietti, ma nodosi e 'nvolti; non pomi v'eran, ma stecchi con tòsco. |
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Nicht bei Cornet und Cecina lässt dorren Solch dichtes Waldgestrüpp der Sonne Glühen, Selbst Raubzeug flieht die Wildnis dichtverworren. |
Non han sì aspri sterpi né sì folti quelle fiere selvagge che 'n odio hanno tra Cecina e Corneto i luoghi cólti. |
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Hier aber nisten scheußliche Harpynen, Die – von den Inseln Trojas Volk zu scheuchen – Ihm prophezeit zukünftge Not und Mühen. |
Quivi le brutte Arpie lor nidi fanno, che cacciar de le Strofade i Troiani con tristo annunzio di futuro danno. |
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Von Brust und Antlitz Mensch, mit Federbäuchen, Bekrallten Füßen und gewaltgen Schwingen, Wehklagen sie auf seltsamen Gesträuchen. |
Ali hanno late, e colli e visi umani, piè con artigli, e pennuto 'l gran ventre; fanno lamenti in su li alberi strani. |
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Da sprach Virgil: „Bevor wir weiterdringen, Vernimm, dass dich der zweite Kreis umschließt; Ihm zu entgehen wird dir erst gelingen, |
E 'l buon maestro «Prima che più entre, sappi che se' nel secondo girone», mi cominciò a dire, «e sarai mentre |
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Wenn grauenvoll das Sandmeer uns umfließt. Drum habe acht, ob du des Wunderbaren, Das ich versprochen, die Bestätgung siehst.“ |
che tu verrai ne l'orribil sabbione. Però riguarda ben; sì vederai cose che torrien fede al mio sermone». |
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Gleich hört ich Seufzer banger Brust entfahren Und stand nun, der Verwirrung ganz zum Raube, Denn nirgends konnt ich Klagende gewahren. |
Io sentia d'ogne parte trarre guai e non vedea persona che 'l facesse; per ch'io tutto smarrito m'arrestai. |
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Der Meister, glaub ich, glaubte, dass ich glaube, Dies Ächzen könnte aus den Herzen steigen Von solchen, die verborgen sich im Laube? |
Cred' ïo ch'ei credette ch'io credesse che tante voci uscisser, tra quei bronchi, da gente che per noi si nascondesse. |
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Da sprach er: „Brich nur einen von den Zweigen, So muss die Meinung, die dein Argwohn fasste, Sich dir im Augenblick als irrig zeigen!“ |
Però disse 'l maestro: «Se tu tronchi qualche fraschetta d'una d'este piante, li pensier c'hai si faran tutti monchi». |
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Gleich griff ich mit der Hand nach einem Aste Und brach ein Reis – da schrie der Dornenbaum: „Was pflügst du mich? – und tröpfelnd an dem Baste, |
Allor porsi la mano un poco avante e colsi un ramicel da un gran pruno; e 'l tronco suo gridò: «Perché mi schiante?». |
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Wo ich’s vom Stamm gelöst, stand blutger Schaum. Und wieder rief’s: „Warum denn mich so zwicken? Hat deine Seele nicht für Mitleid Raum? |
Da che fatto fu poi di sangue bruno, ricominciò a dir: «Perché mi scerpi? non hai tu spirto di pietade alcuno? |
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Einst Mensch, kannst du mich jetzt als Strauch erblicken! Doch deine Hand wär noch zu ungelinde, Gält es auch Schlangenseelen hier zu knicken!“ |
Uomini fummo, e or siam fatti sterpi: ben dovrebb' esser la tua man più pia, se state fossimo anime di serpi». |
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Und wie ein Jungholz, dessen grüne Rinde An einem Ende glüht, am andern zischt Und schwelt, bis dass der Dunst den Ausweg finde, |
Come d'un stizzo verde ch'arso sia da l'un de' capi, che da l'altro geme e cigola per vento che va via, |
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So quollen hier auch Wort und Blut gemischt, Dass mir der Zweig entfiel, den ich geraubt, Bestürzt wie der, dem aller Mut erlischt. |
sì de la scheggia rotta usciva insieme parole e sangue; ond' io lasciai la cima cadere, e stetti come l'uom che teme. |
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„Gekränkte Seele, hätt er je geglaubt,“ Sprach der Poet, „was ihm aus meinem Sange Bekannt nur war, nie hätt er sich’s erlaubt, |
«S'elli avesse potuto creder prima», rispuose 'l savio mio, «anima lesa, ciò c'ha veduto pur con la mia rima, |
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Dir wehzutun! Dass Kenntnis er erlange Vom Wunderbaren, trieb – was jetzt mich reut – Mein Rat ihn an in seinem Willensdrange. |
non averebbe in te la man distesa; ma la cosa incredibile mi fece indurlo ad ovra ch'a me stesso pesa. |
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Doch sag ihm, wer du warst, und er erneut Auf Erden deinen Ruhm, den Fehl zu sühnen, Sobald zum Licht die Rückkehr ihn erfreut.“ |
Ma dilli chi tu fosti, sì che 'n vece d'alcun' ammenda tua fama rinfreschi nel mondo sù, dove tornar li lece». |
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Da sprach der Stamm: „Des Worts mich zu erkühnen, Lockt freundlich mich dein Wunsch; nicht tadelt mich, Lass ich Erinnerung zu reichlich grünen. |
E 'l tronco: «Sì col dolce dir m'adeschi, ch'i' non posso tacere; e voi non gravi perch' ïo un poco a ragionar m'inveschi. |
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Ich bin’s, der Friedrichs Herz vertrauend sich, Kraft zweier Schlüssel, auf- und zugeschlossen, Und zwar mit so gelinder Hand, dass ich, |
Io son colui che tenni ambo le chiavi del cor di Federigo, e che le volsi, serrando e diserrando, sì soavi, |
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Und ich allein sein ganz Vertraun genossen! Bis ich im hohen Amt ihm Schlaf und Leben Geopfert, weihte ich mich unverdrossen. |
che dal secreto suo quasi ogn' uom tolsi; fede portai al glorïoso offizio, tanto ch'i' ne perde' li sonni e ' polsi. |
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Die Metze, aller Welt Verderb, daneben Verpönt als Hofpest, die nicht auszumerzen, Die geile Blicke pflegt zum Thron zu heben, |
La meretrice che mai da l'ospizio di Cesare non torse li occhi putti, morte comune e de le corti vizio, |
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Sie schürte gegen mich so aller Herzen, Bis der entfachte Groll auch ihn entfachte, Und Glanz und Ehrb mir wurden Schmach und Schmerzen. |
infiammò contra me li animi tutti; e li 'nfiammati infiammar sì Augusto, che ' lieti onor tornaro in tristi lutti. |
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Da war’s mein Geist, der zorndurchlodert dachte, Nur rascher Tod wär’s, der den Schimpf zerstreue, Und s o mir, dem Gerechten, Unrecht brachte. |
L'animo mio, per disdegnoso gusto, credendo col morir fuggir disdegno, ingiusto fece me contra me giusto. |
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Bei diesen Wurzeln schwör ich hier aufs Neue: Den wohlverdienten Ruhmes Lorbeer schmückt, Nie brach ich meinem Herrn den Eid der Treue! |
Per le nove radici d'esto legno vi giuro che già mai non ruppi fede al mio segnor, che fu d'onor sì degno. |
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Wer drum von euch noch einmal wird entrückt Zur Erde,helfe mein Gedächtnis heben Vom Staube, drin der Neid es niederdrückt!“ |
E se di voi alcun nel mondo riede, conforti la memoria mia, che giace ancor del colpo che 'nvidia le diede». |
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Er sprach’s und schwieg. – „Soll ich dir Antwort geben, Und hast du noch zu weitern Fragen Lust,“ Drängte Virgil, „lass nicht die Zeit entschweben!“ – |
Un poco attese, e poi «Da ch'el si tace», disse 'l poeta a me, «non perder l'ora; ma parla, e chiedi a lui, se più ti piace». |
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„Gern hätt ich manches Wichtge noch gewusst,“ Sprach ich, „doch d u magst lieber ihn befragen; Ich kann’s nicht, Mitleid martert mir die Brust.“ |
Ond' ïo a lui: «Domandal tu ancora di quel che credi ch'a me satisfaccia; ch'i' non potrei, tanta pietà m'accora». |
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Virgil sprach: „Was du dem hier aufgetragen, Gefangner Geist, wird gern Erfüllung finden, Doch erst beliebe dir’s, unds anzusagen: |
Perciò ricominciò: «Se l'om ti faccia liberamente ciò che 'l tuo dir priega, spirito incarcerato, ancor ti piaccia |
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Wie presst in diese knorrigrauhen
Rinden Der Geist sich ein? Und: Hat am jüngsten Tage Die Seele Macht, der Haft sich zu entwinden?“ |
di dirne come l'anima si lega in questi nocchi; e dinne, se tu puoi, s'alcuna mai di tai membra si spiega». |
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Da rauschte laut der Stamm auf diese Frage, Und langsam ward das Rauschen dann zur Stimme: „Kurz darf nur sein, was ich zur Antwort sage! |
Allor soffiò il tronco forte, e poi si convertì quel vento in cotal voce: «Brievemente sarà risposto a voi. |
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Wenn sich die Seelen losgetrennt im Grimme, durch den sich Menschen frevelhaft entleiben, Schickt sie zum siebten Schlund Minos, der schlimme, |
Quando si parte l'anima feroce dal corpo ond' ella stessa s'è disvelta, Minòs la manda a la settima foce. |
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Wo sie, des Zufalls Spielball, liegen bleiben An einem Ort, den nicht ihr Wunsch erkor, Um wuchernd wie ein Keim dort aufzutreiben: |
Cade in la selva, e non l'è parte scelta; ma là dove fortuna la balestra, quivi germoglia come gran di spelta. |
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So schießt
hier Busch und Baum zum Wald empor! Harpynen nähren sich von unserm Laube, Sie schaffen Qual, doch auch der Qual ein Tor. |
Surge in vermena e in pianta silvestra: l'Arpie, pascendo poi de le sue foglie, fanno dolore, e al dolor fenestra. |
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Auch uns beschenkt man
mit dem Leib von Staube dereinst, doch ohne Recht, sich drin zu kleiden: Verscherzt war sein Besitz im Lebensraube. |
Come l'altre verrem per nostre spoglie, ma non però ch'alcuna sen rivesta, ché non è giusto aver ciò ch'om si toglie. |
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Hier schleppen wir ihn
her zum Wald der Leiden, Hier wird an d e m Gehölz die Hülle hangen, Das jedem eignet, ihn zu unterscheiden!“ – |
Qui le strascineremo, e per la mesta selva saranno i nostri corpi appesi, ciascuno al prun de l'ombra sua molesta». |
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Noch lauschten wir dem
Stamme, voll Verlangen Erwartend, dass er mehr noch wolle sprechen, Als plötzlich Lärm und wilde Stimmen klangen, |
Noi eravamo ancora al tronco attesi, credendo ch'altro ne volesse dire, quando noi fummo d'un romor sorpresi, |
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Als ob des Weidmanns Gier
mit Stoß und Stechen Den Eber stellt, dem mit Gebell die Meute Durchs Dickicht nachstürzt, dass die Zweige brechen. |
similemente a colui che venire sente 'l porco e la caccia a la sua posta, ch'ode le bestie, e le frasche stormire. |
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Und siehe! Zwei von Biß und
Schlag zerbleute, Zerkratzte Nackte stürmten links heran, Dass ihen Weg zerknickt Geäst bestreute. |
Ed ecco due da la sinistra costa, nudi e graffiati, fuggendo sì forte, che de la selva rompieno ogne rosta. |
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„Komm Tod, o komm!“ schrie
laut der Vordermann; Dem zweiten schien’s nicht schnell genug zu gehen „Lano!“ rief er, „bei Toppo auf dem Plan |
Quel dinanzi: «Or accorri, accorri, morte!». E l'altro, cui pareva tardar troppo, gridava: «Lano, sì non furo accorte |
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Konnt ich beim Waffenspiel
dich träger sehen!“ Doch der verschlang, weil ihm die Lust vergangen, Sich rasch mit einem Strauch, den er sah stehen. |
le gambe tue a le giostre dal Toppo!». E poi che forse li fallia la lena, di sé e d'un cespuglio fece un groppo. |
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Gestreckten Laufs, ihm
hart am Fuße, sprangen Schwärzliche Rüden lechzend hinterm Wilde, Als hielt zu lang die Koppel sie gefangen. |
Di rietro a loro era la selva piena di nere cagne, bramose e correnti come veltri ch'uscisser di catena. |
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Doch der geduckt den Strauch
sich nahm zum Schilde, Den packten sie zerfleischend wutentbrannt, Die blutgen Glieder streuend ins Gefilde. |
In quel che s'appiattò miser li denti, e quel dilaceraro a brano a brano; poi sen portar quelle membra dolenti. |
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Da nahm mich mein Begleiter
bei der Hand Und zog zu jenem Strauch mich, den vergebens Aus manchem blutgen Riß ich klagen fand: |
Presemi allor la mia scorta per mano, e menommi al cespuglio che piangea per le rotture sanguinenti in vano. |
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„Was half’s,
o Jakob, dir: voll eiteln Strebens Zu fliehn und mich zu deinem Schirm zu machen? Bin i c h die Ursach deines Lasterlebens?“ |
«O Iacopo», dicea, «da Santo Andrea, che t'è giovato di me fare schermo? che colpa ho io de la tua vita rea?». |
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Drauf trat Virgil zum Strauch,
dem sterbensschwachen: „Wer bist du, der aus soviel blutgen Toren Schmerzliche Jammerklagen lässt erwachen?“ |
Quando 'l maestro fu sovr' esso fermo, disse: «Chi fosti, che per tante punte soffi con sangue doloroso sermo?». |
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Da rief der Strauch: „O
Seelen, auserkoren Zum Anblick meiner martervollen Schmach, Wodurch mir schmerzhaft ging mein Laub verloren; |
Ed elli a noi: «O anime che giunte siete a veder lo strazio disonesto c'ha le mie fronde sì da me disgiunte, |
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Tragt’s her zum Jammerstrauch,
davon es brach! Die Stadt gebar mich, die anstatt des alten Patrons den Täufer sich erkor, wonach |
raccoglietele al piè del tristo cesto. I' fui de la città che nel Batista mutò 'l primo padrone; ond' ei per questo |
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Des ersten Kunst und List
dort schädlich walten. Und wär am Veccio nicht, zu dem im krümmern Flussbett der Arno rollt, sein Bild erhalten -: |
sempre con l'arte sua la farà trista; e se non fosse che 'n sul passo d'Arno rimane ancor di lui alcuna vista, |
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Der Ruhm der Bürger,
die aus Schutt und Trümmern Florenz nach Attilas Zerstörungsgraus Neublühen ließen, - würde bald verkümmern. |
que' cittadin che poi la rifondarno sovra 'l cener che d'Attila rimase, avrebber fatto lavorare indarno. |
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Zum Galgen schuf ich mir mein eigen Haus!“ | Io fei gibetto a me de le mie case». | |
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