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Deutsch | Italienisch | Interpretation: |
Erster
Gesang: |
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DAS PARADIES: I Gesang | PARADISO: I CANTO | |
Die Herrlichkeit des Schöpfers, der das Ganze Bewegt, die Glorie, die das All durchdringt, Strahlt hier in stärkerm, dort in schwächerm Glanze. |
La gloria di colui che tutto move per l'universo penetra, e risplende in una parte più e meno altrove. |
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D o r t war ich, wo das meiste Licht entspringt: Im Himmel! Schaute Dinge, die zu sagen Menschlicher Kraft und Zunge nicht gelingt. |
Nel ciel che più de la sua luce prende fu' io, e vidi cose che ridire né sa né può chi di là sù discende; |
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Denn, dicht an seiner Sehnsucht Ziel getragen, Sinkt unser Geist so tief: den Rückweg weiß Erinnerung nicht wieder einzuschlagen. |
perché appressando sé al suo disire, nostro intelletto si profonda tanto, che dietro la memoria non può ire. |
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Doch was zu sammeln nur vermocht mein Fleiß An Schätzen aus dem heilgen Reich – das gebe Als Stoff dem Liede mein Gedächtnis preis. |
Veramente quant' io del regno santo ne la mia mente potei far tesoro, sarà ora materia del mio canto. |
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Und wo ich mich zum letzten Gang erhebe, Gütger Apoll, gieß deine Kraft mir ein, dass dein geliebter Lorbeer mich umwebe. |
O buono Appollo, a l'ultimo lavoro fammi del tuo valor sì fatto vaso, come dimandi a dar l'amato alloro. |
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Bis hierher mochte mir genügend sein Ein Joch vom Berg Parnass! Jetzt brauch ich beide, Soll mir des Wettlaufs Schluss den Sieg verleihn. |
Infino a qui l'un giogo di Parnaso assai mi fu; ma or con amendue m'è uopo intrar ne l'aringo rimaso. |
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Lass deinen Hauch mich fühlen, der dem Neide Die Strafe gab, als du den Marsyas Aus seiner Haut zogst wie aus einer Scheide. |
Entra nel petto mio, e spira tue sì come quando Marsïa traesti de la vagina de le membra sue. |
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O Gotteskraft, sei mir geneigt und lass Des selgen Reiches Umriss mir gelingen, Wie mir’ s im Geiste nachglänzt, wenn auch blass; |
O divina virtù, se mi ti presti tanto che l'ombra del beato regno segnata nel mio capo io manifesti, |
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Zu deinem teuern Baum dann will ich dringen, Geweiht von meinem Stoff, gestärkt von dir, Und mir den Lorbeer um die Schläfe schlingen. |
vedra'mi al piè del tuo diletto legno venire, e coronarmi de le foglie che la materia e tu mi farai degno. |
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Wenn heut, o Vater, sich mit dieser Zier Poet und Kaiser selten sucht zu schmücken – (O Schuld und Schmach gesunkner Ruhmbegier!) |
Sì rade volte, padre, se ne coglie per trïunfare o cesare o poeta, colpa e vergogna de l'umane voglie, |
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So muss es wohl dich freuen und beglücken, O heitre Gottheit Delphis, siehst du einen Doch noch Peneisch Laub mit Eifer pflücken! |
che parturir letizia in su la lieta delfica deïtà dovria la fronda peneia, quando alcun di sé asseta. |
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Ein Brand wird aus dem Funken oft, dem kleinen: So wird vielleicht in Cyrrhas feuchten Gründen Nach mir ein Bessrer um Bescheid erscheinen! - - |
Poca favilla gran fiamma seconda: forse di retro a me con miglior voci si pregherà perché Cirra risponda. |
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Dem Sterblichen steigt aus verschiednen Schlünden Des Weltalls Leuchte auf, doch wo vier Kreise In dreier Kreuze Durchschnittspunkt sich ründen, |
Surge ai mortali per diverse foci la lucerna del mondo; ma da quella che quattro cerchi giugne con tre croci, |
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Fängt sie mit besserm Sterne an die Reise Und bildet – wie aus weichem Wachse grabend – Der Erde Form und Schmuck auf reichre Weise. |
con miglior corso e con migliore stella esce congiunta, e la mondana cera più a suo modo tempera e suggella. |
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Solch Sonnenstand gab diesseits beinah Abend Und jenseits Tag – hier dunkles Schwarz, dort brannte Der Himmel, noch im Silberglanz sich labend – |
Fatto avea di là mane e di qua sera tal foce, e quasi tutto era là bianco quello emisperio, e l'altra parte nera, |
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Als Beatrice sich zur Linken wandte Und in die Sonne sah, fest, ungeblendet, Wie nie ein Aar den Blick zur Sonne sandte! |
quando Beatrice in sul sinistro fianco vidi rivolta e riguardar nel sole: aguglia sì non li s'affisse unquanco. |
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Und wie so oft der erste Strahl entsendet, Im Widerschein rückblitzend, einen zweiten – Gleich einem Pilgrim, der sich heimwärts wendet – |
E sì come secondo raggio suole uscir del primo e risalire in suso, pur come pelegrin che tornar vuole, |
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So ließ von ihrem meinen Blick ich leiten, Dass ich gleich ihr, mehr als sonst üblich wäre, Die Sonne aushielt, ohne abzugleiten. |
così de l'atto suo, per li occhi infuso ne l'imagine mia, il mio si fece, e fissi li occhi al sole oltre nostr' uso. |
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Denn vieles ist erlaubt auf jener Sphäre, Was hier versagt ist, dank dem Himmelsort, Bestimmt, dass einst sich dort der Mensch verkläre! |
Molto è licito là, che qui non lece a le nostre virtù, mercé del loco fatto per proprio de l'umana spece. |
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Doch fuhr ich nur so lang im Schauen fort, Als ich gleichwie von glühnden Schmiedeeisen Sie Funken sah versprühen hier und dort; |
Io nol soffersi molto, né sì poco, ch'io nol vedessi sfavillar dintorno, com' ferro che bogliente esce del foco; |
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Und nun, als ob zwei Tage in den Gleisen Sich kreuzten, schien durch des allmächtgen Hand Noch eine zweite Sonne herzukreisen. |
e di sùbito parve giorno a giorno essere aggiunto, come quei che puote avesse il ciel d'un altro sole addorno. |
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Starrblickend auf die ewgen Kreise stand Die Herrin – doch von i h r e m, glutentfachten Gesicht ward meins vom Himmel abgewandt, |
Beatrice tutta ne l'etterne rote fissa con li occhi stava; e io in lei le luci fissi, di là sù rimote. |
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Bis ihre Augen mir Verzückung brachten Wie einst dem Glaukos, als er von den Kräutern Genoss, die ihn zu einem Meergott machten. |
Nel suo aspetto tal dentro mi fei, qual si fé Glauco nel gustar de l'erba che 'l fé consorto in mar de li altri dèi. |
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O Übermenschlichsein! Den Seelendeutern Fehlt Wort hier und Begriff! Doch wen’ s erproben Die Gnade lässt, verzichtet auf’ s Erläutern! |
Trasumanar significar per verba non si poria; però l'essemplo basti a cui esperïenza grazia serba. |
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Ob ich im Leib, ob außerm Leib erhoben? Du weißt es, heilge Liebe, die du lenkst Die Welten und im Licht mich trugst nach oben! |
S'i' era sol di me quel che creasti novellamente, amor che 'l ciel governi, tu 'l sai, che col tuo lume mi levasti. |
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Als mich der Kreislauf, den du ewig schwenkst In Sehnsucht, durch den Einklang angezogen, Den du – verteilt zum Wohllaut – weiterschenkst, |
Quando la rota che tu sempiterni desiderato, a sé mi fece atteso con l'armonia che temperi e discerni, |
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Da schwamm in roter Glut der Himmelsbogen, Endlos! Wie Strömung oder Regenflut Wohl niemals schwellten eines Sees Wogen.— |
parvemi tanto allor del cielo acceso de la fiamma del sol, che pioggia o fiume lago non fece alcun tanto disteso. |
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Der ungewohnte Klang, das Sonnenblut Erregten nach dem Grund mir solch Verlangen, Wie ich es nie empfand mit schärferer Glut. |
La novità del suono e 'l grande lume di lor cagion m'accesero un disio mai non sentito di cotanto acume. |
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Sie, deren Blicke klarer mich durchdrangen Als ich mich selber, stillte das bewegte Gemüt, eh meine Frage noch ergangen, |
Ond' ella, che vedea me sì com' io, a quïetarmi l'animo commosso, pria ch'io a dimandar, la bocca aprio |
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Und sprach zu mir: „Dein eigner Irrwahn legte Die Binde dir ums Auge; um zu sehen, Reiße sie ab, die Blindheit dir erregte. |
e cominciò: «Tu stesso ti fai grosso col falso imaginar, sì che non vedi ciò che vedresti se l'avessi scosso. |
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Du glaubst noch auf der Erde Grund zu stehen, Doch seinem Glutblitz ist kein Blitz entschossen So schnell, als wir ihm jetzt entgegengehen.“ |
Tu non se' in terra, sì come tu credi; ma folgore, fuggendo il proprio sito, non corse come tu ch'ad esso riedi». |
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Dies kurze Wort, das lächelnd ihr entflossen, Konnte den Wahn mir siegreich niederstreiten, Doch schon hielt mich ein zweites Netz umschlossen. |
S'io fui del primo dubbio disvestito per le sorrise parolette brevi, dentro ad un nuovo più fu' inretito |
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Ich sprach: „Mein großes Staunen weicht beizeiten, Indes ich staunend neues Rätsel finde, Weil wir durch leichte Stoffe aufwärts gleiten?“ |
e dissi: «Già contento requïevi di grande ammirazion; ma ora ammiro com' io trascenda questi corpi levi». |
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Mitleidig seufzte sie, und zärtlich linde Ließ sie die Augen auf mir ruhn, als hinge Ein Mutterblick am fieberkranken Kinde. |
Ond' ella, appresso d'un pïo sospiro, li occhi drizzò ver' me con quel sembiante che madre fa sovra figlio deliro, |
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„Ordnung hält miteinander alle Dinge Verknüpft,“ sprach sie, „ d i e formt das Weltall nur, Dass sie es mit Gottähnlichkeit durchdringe. |
e cominciò: «Le cose tutte quante hanno ordine tra loro, e questo è forma che l'universo a Dio fa simigliante. |
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Die hehren Wesen sehn in ihr die Spur Allewger Tatkraft, der als Endzweck eben Die Ordnung dient, wie das Gewicht der Uhr. |
Qui veggion l'alte creature l'orma de l'etterno valore, il qual è fine al quale è fatta la toccata norma. |
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Jedweden Stoff lässt diese Ordnung streben Zum Ursprung, wie das Schicksal seine Bahn Bald fern, bald nahe diesem Ziel lässt schweben. |
Ne l'ordine ch'io dico sono accline tutte nature, per diverse sorti, più al principio loro e men vicine; |
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Drum lenkt im großen Lebensozean D e r Trieb sie alle zu verschiednen Häfen, Dem jeder von Natur aus untertan. |
onde si muovono a diversi porti per lo gran mar de l'essere, e ciascuna con istinto a lei dato che la porti. |
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D e r treibt das Blut durch Menschenherz und Schläfen, D e r presst den Erdball rund – und ohne d e n Wir auf dem Mond nicht Licht noch Feuer träfen. |
Questi ne porta il foco inver' la luna; questi ne' cor mortali è permotore; questi la terra in sé stringe e aduna; |
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Und nicht nur auf die t o t e n Dinge gehen Von diesem Bogen aus die sichern Pfeile, Auch Herz und Geist muss sich getroffen sehn. |
né pur le creature che son fore d'intelligenza quest' arco saetta, ma quelle c'hanno intelletto e amore. |
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Und Vorsicht, die zum Ganzen eint die Teile, Schenkt durch ihr Licht dem Himmel endlos Ruh, In dem der andre kreist mit größter Eile. |
La provedenza, che cotanto assetta, del suo lume fa 'l ciel sempre quïeto nel qual si volge quel c'ha maggior fretta; |
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So wird zum vorbestimmten Ort im Nu Uns beide jetzt die Kraft des Bogens bringen, Der alles hinschießt frohem Ziele zu. |
e ora lì, come a sito decreto, cen porta la virtù di quella corda che ciò che scocca drizza in segno lieto. |
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Nicht immer kann der Künstler zwar erzwingen, dass sein Gebild sich ganz der Absicht füge, Lässt spröder Stoff sich geistig nicht durchdringen; |
Vero è che, come forma non s'accorda molte fïate a l'intenzion de l'arte, perch' a risponder la materia è sorda, |
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So hat oft darin ein Geschöpf Genüge, Dass von der Bahn, in die es warf der Bogen, Sich’ s später trennt durch eigenmächtge Flüge, |
così da questo corso si diparte talor la creatura, c'ha podere di piegar, così pinta, in altra parte; |
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Als ob der Blitz aus Wolken kommt geflogen, Und dann verderblich in die Erde schießt, Wenn Störung ihn der Ursprungsbahn entzogen. |
e sì come veder si può cadere foco di nube, sì l'impeto primo l'atterra torto da falso piacere. |
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Wenn du dich also aufwärtssteigen siehst, Ist’ s wunderbarer nicht, als wenn das schräge Felsbett hinab ein Bach zu Tale fließt. |
Non dei più ammirar, se bene stimo, lo tuo salir, se non come d'un rivo se d'alto monte scende giuso ad imo. |
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Seltsamer wär’ s, verharrtest du noch träge Auf Erden, seit du ihrer Last enthoben; Sahst du, dass Feuer je am Boden läge?“ |
Maraviglia sarebbe in te se, privo d'impedimento, giù ti fossi assiso, com' a terra quïete in foco vivo». |
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Drauf kehrte sie den Blick zurück nach oben. | Quinci rivolse inver' lo cielo il viso. | |
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