Vor mir erschien mit ausgespreizten Schwingen
Das schöne Bild, das freudiges Genießen
im engverflochtenen Kranz schien zu durchdringen
Im Original
Parea dinanzi a me con l'ali aperte
la bella image che nel dolce *frui*
liete facevan l'anime conserte;
Vor mir erschien mit erhobenen Flügeln
das schöne Bild, das die Seelen glücklich
Machte im gemeinsamen genießen
Das Gelichter war also glücklich, weil sie gemeinsam den Adler formten, der wiederum für das Kaisertum im Allgemeinen und für das römische Imperium im Besonderen steht.
Und alle Seelen, gleich Rubinen, ließen,
Weil sie im hellsten Sonnenlicht entbrannt,
Den Blitzpfeil mir zurück ins Auge schießen
Im Original
parea ciascuna rubinetto in cui
raggio di sole ardesse sì acceso,
che ne' miei occhi rifrangesse lui.
Es erschien jeder Rubin in dem die Sonne
brannte, so zu funkeln, dass er sich in
meinen Augen wiederspiegelte
Das würde dann sozusagen bedeuten, dass sich im Auge Dantes ein Adler
spiegelt, den dieser setzt sich ja aus einer Unzahl von diesem Gelichter zusammen.
Doch soll ich malen jetzt, was vor mir stand?
Nicht Wort noch Feder des sich unterfange,
Da keine Fantasie es je erkannt!
Im Original
E quel che mi convien ritrar testeso,
non portò voce mai, né scrisse incostro,
né fu per fantasia già mai compreso;
Doch das, was ich jetzt schildern müsste,
ward noch nie erzählt noch mit Tinte niedergeschrieben,
auch ward es noch in der Phantasie ersonnen
Das ist so ziemlich der einzige Gedankengang, der sich durch die gesamte Divina Commedia zieht, den wir Dante tatsächlich abnehmen. Keiner hat jemals über ein himmlisch / göttliches Megaloch berichtet, weder mündlich noch schriftlich, noch hat sich dieses jemals irgendjemand in der Phantasie ausgemalt, da jedes empirische Substrat fehlt, das die Voraussetzung hierfür wäre. Aber abgesehen davon kommt jetzt ein langer Diskurs über den üblichen Theologieschwall, selbiger hat schon zu einem großen Bedarf an Tinte geführt. Witzigerweise sind die Theologenwälzer umfangreicher, als jedes Werk der neuzeitlichen Philosophie. Es sieht so aus, wie wenn die Abwesenheit eines empirischen Substrates die Sprachkonstrukte ins gigantische anwachsen ließe. Allerdings reicht der Gang in eine Universitätsbibliothek, um diese Werke zu betrachten. Es kann also keine Rede davon sein, dass im folgenden etwas berichtet wird, das völlig unerhört und unerzählt ist.
Der Adler sprach – doch sprach er nach dem Klange
Als Einheit auch: mir war sein ich und mein
Ein wir und unser im Zusammenhange
Im Original
ch'io vidi e anche udi' parlar lo rostro,
e sonar ne la voce e «io» e «mio»,
quand'era nel concetto e "noi" e "nostro".
Ich sah und hörte das Gesicht sprechen
Und in „ich“ und „mein“ sagen,
wo er tatsächlich „wir“ und „unser“ meinte
Da der Adler sich aus unzähligen einzelnen Lichtern zusammensetzt, müsste die Pronomen eigentlich in der ersten Person Plural verwendet werden, das Gelichter empfindet sich aber als Einheit. Da uns Dante das so unter die Nase reibt, ist anzunehmen, dass hier ein „Tiefsinn“ versteckt ist. Sagen will er uns, dass sie ein ganzes formten. Die Vorstellung, das Individuen zu einer Einheit verschmelzen, findet Dante faszinierend, das hatten wir schon weiter oben, ihn begeistert das Borg Kollektiv, was irgendwie stringent ist. Wenn die Wahrheit am Himmel hängt, dann kann es nur noch darum gehen, dass alle mit dieser in Übereinstimmung gebracht werden. Das ist sozusagen die Kurzformel für die Beschreibung des Totalitarismus. Der Totalitarismus verlangt die völlige Übereinstimmung des Individuums mit dem totalitären Staat. Nicht die knurrende Akzeptanz verlangt er, wie die Diktatur, sondern die Hingabe an eine Ideologie und die Aufgabe des Individuums.
Er sprach: „Weil ich gerecht und fromm und rein,
Bich ich zur Himmelsherrlichkeit erhoben,
Die jeden Menschenwunsch macht arm und klein
Im Original
E cominciò: «Per esser giusto e pio
son io qui essaltato a quella gloria
che non si lascia vincere a disio;
Und er began: “Ob meiner Gerechtigkeit
Und Frommheit bin ich hier in diesem Glanz
Verherrlicht, der nie ward erreicht durch Begehr
Hm. Das muss man jetzt wohl irgendwie interpretieren. Also der Adler steht für das Kaisertum. Dieser sagt dann von sich selber, dass er es bis zum Jupiter gebracht hat, ein Stadium, dass man durch Begierde (welcher Art auch immer) nicht erreicht, weil er gerecht und fromm ist. Leider sagt uns Dante nicht, welches Kaisertum der Vogel repräsentiert.
Drum ist mein Angedenken nicht zerstoben
Auf Erden, nur beherzgen nicht die Schlimmen,
Was ich sie lehre, ob sie mich auch loben
Im Original
e in terra lasciai la mia memoria
sì fatta, che le genti lì malvage
commendan lei, ma non seguon la storia»
und auf Erden hinterließ ich einen solche
Eindruck, dass auch die Schlimmsten noch
Seiner Gedenken, doch nicht folgen diesem Beispiel
Wahrscheinlich wird Dante desto dunkler, je schwachsinniger die Botschaft, die er vermitteln will. Wahrscheinlich meint er das Römische Reich. Diesem jedoch Attribute wie Konsens (Akzeptanz von Grundwerten in allen Teilen der Bevölkerung) und Gerechtigkeit unterzuschieben ist derartig abwegig, dass sich jede Diskussion erübrigt. Völlig unklar bleibt auch, wer dieses als ideale Staatsform ansah und wer die Bösewichter sind, die wider besseren Wissen ein Wiederauferstehen eines Reich solchen Zuschnitts zu verhindern trachteten. Offensichtlich hatte außer dem jeweiligen Kaiser selbst (Barbarossa, Friedrich II, Heinrich VII, Phillip der Schöne etc.), niemand Interesse daran, das römische Reich oder das heilige römische Reich deutscher Nation wieder auferstehen zu lassen. Komisch ist auch die Sympathie Dantes für ein sich über ganz Europa erstreckendes Konstrukt dieser Art. In diesem wären unterschiedlichste Völker unter einer Herrschaft vereinigt worden, es wäre also zwangläufig zu einer Vermischung gekommen, Multikulti also, was ja an sich sympathisch ist. Doch Dante hat schon ein Problem, wenn die Nachbars aus dem nächsten Dorf einziehen, da macht er sich schon Gedanken um die „Reinheit des Blutes“.
Wie eine Glut aus vielen Kohlen Glimmen
Entsteht, vernahm ich hier in Liebesgluten
Zum einen Ton die Stimmenzahl verschwimmen
Im Original
Così un sol calor di molte brage
si fa sentir, come di molti amori
usciva solo un suon di quella image
Wie viele Kohlen nur eine Glut entfachen
so vereinigten sich all‘ diese Liebeswesen
zu einem einzigen Klang
Auch hier haben wir es weitgehend mit einem Wortkonstrukt ohne empirisches Substrat zu tun. Die zahlreichen amori ( Plural von amore = Liebe) glühen also und sprechen mit einer Stimme, sind also friedlich zusammengeschlossen. Da er von amori spricht und nicht etwa von fiamme (Flammen) oder luci (Lichtern) scheint amore das zu sein, was sie zusammentreibt, unklar bleibt aber, für was diese amore denn nun konkret glüht. Meint er mit amore die zu beobachtende Massenpsychose, die alle vier Jahre anläßlich der Fußballweltmeisterschaft auftritt, bei der irgendwelche Leute sich mit irgendwas Unbestimmten identifizieren und Fähnchen schwingend durch die Stadt laufen, Neudeutsch unverkrampfter Nationalstolz? Die amore wäre ja noch nachvollziehbar, wenn sie sich auf eine konkrete Vision, ein konkretes Projekt beziehen würde, das viele Leute begeistert, irgendetwas, worauf die Gesamtheit konkret stolz sein könnte, z.B. die Entwicklung von Technologien, die sich Schwellenländern konkret leisten können und ein paar handfeste Probleme löst oder sowas in der Art. Hier wird aber irgendwie abstrakt geglüht. Abstraktes Glühen ist kennzeichnend für Hirntote, die glühen für irgendwelche Nationen, für die Einheit von Volk und Staat, für die Einheit von Thron und Altar, wollen ins Grundgesetz schreiben, dass in der Bundesrepublik Deutsch gesprochen wird, glühen für Ehre, Volk und Vaterland und für alle möglichen skurrilen und abstrakten Dinge. Wahrscheinlich erhofft sich Dante, das gelingt ab und an, dass mit einem derart abstrakten Glühen reale Interessensgegensätze zugekleistert werden. Das ist manchmal für einen Teil der Gesellschaft günstig, die hat manchmal was davon, wenn der andere Teil sich nicht um das kümmert, was eigentlich seine Sache wäre, sondern weitgehend sinnfrei vor sich hin glüht.
Ich sprach: „Ihr Unvergänglichfrohgemuten,
Ihr Blumen, die aus tausend Düften ihr
Mir einen einzgen lasst entgegenfluten
Im Original
Ond'io appresso: O perpetui fiori
de l'etterna letizia, che pur uno
parer mi fate tutti vostri odori,
Da fuhr ich fort: Oh ihr ewigen Blumen
der ewigen Glückseligkeit, die ihr
Eure Düfte als einen lasst erscheinen
hm. Das Problem ist, dass der ihres empirischen Substrat beraubten Sprache irgendwie eine Willkürlichkeit anhaftet, warum nimmt er nicht Gemüse, Früchte, Torten, oder Biersorten ?
Da fuhr ich fort: Oh ihr ewigen Karotten
holdseligster Erbauung, die in meiner Suppe,
zu einem Brei zusammenschrumpfen
Abgesehen davon fragt man sich, was gut daran sein soll, wenn die Düfte aller Blumen sich zu einem einzigen Duft vereinen??? Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass Dante nie in einem Blumenladen war, was wir dem Mister Finsterblick glatt zutrauen.
O stillt durch euren Hauch mir die Begier,
Die lange Zeit mich fastend hingehalten,
Denn keine Kost bot sich auf Erden mir
Im Original
solvetemi, spirando, il gran digiuno
che lungamente m'ha tenuto in fame,
non trovandoli in terra cibo alcuno
Löst, verströmend, das große Fasten
das so lange mich hat den Hunger spüren lassen,
da ich auf Erden keine Nahrung fand
Also das mit dem spirando, ist ein Problem, das heißt eigentlich ausatmen,
atmen, wehen etc. etc. Gemeint ist aber wohl, dass die Blumen ihren Duft ausatmen,
also ihren Duft verströmen. Anders lässt sich das nicht deuten,
allerdings haut uns diese Interpretation dann um. Der DUFT von etwas soll
den HUNGER stillen. Das würde nicht mal funktionieren, wenn der Duft
von einer frischgebackenen Schwarzwälder Kirschtorte herrührt.
Hier soll aber der DUFT einer BLUME den Hunger stillen, das wird ganz schwierig.
Aber, und das ist der Gipfel, der Hunger bezieht sich gar nicht auf Nahrung,
sondern auf WISSEN. Der Duft einer Blume soll also seinen Wissendurst stillen.
Kennen Sie das von den Doors, also Jim Morrison?
Oh, show me the way to the next whiskey bar
Oh, don't ask why, oh, don't ask why
Show me the way to the next whiskey bar
Oh, don't ask why, oh, don't ask why
Es geht zu Ende mit Dante. Hoffen wir, dass er die nächsten 16 Geträller noch durchhält. Dann kommt das finale furioso.
This is the end, beautiful friend
the end, my only friend, the end
Of our elaborate plans, the end
Of everything that stands, the end
No safety or surprise, the end
I'll never look into your eyes
Wenn man aber bedenkt, dass Eva sich durch das Verspeisen eines Apfels Wissen aneignete, dann kann man wahrscheinlich auch durch den Duft einer Blume schlauer werden. Das ist aber gar nicht unser Problem, unser eigentliches Problem besteht darin, dass Dante wieder eine Frage stellt und wenn Dante eine Frage stellt, dann folgt darauf eine Antwort und diese ist das GRAUEN, Hexenflug im Mondenschein, the end, my only friend, the end.
Ich weiß, wenn andre Himmel sich entfalten
Zu Spiegeln göttlicher Gerechtigkeit
Will sie auch euch sich schleierlos entfalten
Im Original
Ben so io che, se 'n cielo altro reame
la divina giustizia fa suo specchio,
che 'l vostro non l'apprende con velame
Ich weiß es wohl, auch wenn auf einem anderen
Thron die göttliche Gerechtigkeit sich spiegelt,
auch euer Thron sieht sie nicht durch einen Schleier
Den Quark gab es schon mal im neunten Gesang. Gott ist ganz oben, um ihn herum die Engel, in diesen spiegelt er sich. Aber er spiegelt sich auch noch auf dem Jupiter, so dass man dort was die göttliche Gerechtigkeit angeht ebenfalls auf Sendung ist.
Ihr wisst zu lernen bin ich stets bereit,
Ihr kennt denn Zweifel, drauch ich mich ertappe
So oft, weil mich nagt seit alter Zeit
Im Original
Sapete come attento io m'apparecchio
ad ascoltar; sapete qual è quello
dubbio che m'è digiun cotanto vecchio
Ihr wisst wie aufmerksam zu hören
Ich mich bemühe; ihr wisst, was ist jener
Zweifel, der lange schon auf eine Antwort harrt
Das ist jetzt mal eine interessante Frage. Können Anhänger einer totalitären Ideologie wie Dante durch Argumente überzeugt werden oder handelt es sich bei diesem Menschentyp um eine Gattung, deren Verfasstheit man zwar psychologisch untersuchen kann (wie es zum Beispiel Hannah Arendt tut, in „die Banalität des Bösen“ oder Adorno / Horkheimer in ihren Studien zum autoritären Charakter), die aber letztlich nicht überzeugt werden können. Demokratien funktionieren zwar auch, das ist das Schöne darin, ohne Demokraten solange die Spielregeln demokratisch sind und nicht ausgehebelt werden, aber die Frage ist trotzdem interessant. Kann man die Talibans, Marxisten, religiösen Fundamentalisten aller Couleur etc. durch Argumente überzeugen? Könnte man Dante überzeugen oder ist seine verquere Weltsicht durch seine Persönlichkeitstruktur bedingt? Der Autor würde sagen, dass das im Groben geht. Zur Demokratie muss man nicht „erziehen“, die kann man ganz logisch erklären und es wäre vielleicht hilfreich, sie logisch zu erklären, der Trick ist nämlich hammereinfach. Die Demokratie als offene Gesellschaft ähnelt einem Versuch im naturwissenschaftlichen Sinn. Es wird die These aufgestellt, dass bestimmte Maßnahmen zu einem bestimmten Resultat führen. Trifft das zu, hat die entsprechende Regierung gute Chancen wiedergewählt zu werden. Trifft es nicht zu, wird man die Partei wählen, die eine alternative These anbietet. Weiter sorgt eine Demokratie dafür, dass Einkommensunterschiede auf ein sinnvolles Maß begrenzt werden. Die Mehrheit wird sich nämlich via Wahl ihren Teil vom Kuchen durch Umverteilung zurückholen. Das könnte man sogar Dante in die Birne bimsen, das wäre lediglich Popper in Kurzform. Innerhalb dieses groben Schemas bietet natürlich auch eine Demokratie viel Platz für Unsinn: Für Nationalismus, Inkompetenz, Intransparenz, Desinformation, Autoritätsgläubigkeit etc.. Ein Teil dieser Probleme wird das Internet lösen, den dieses ist die Panzerfaust der Demokratie. Die Frage, ob Argumente nicht der bessere Ansatz zur Konfliktlösung sind bleibt aber virulent. Die Ansicht Dantes, dass es eine starke Zentralmacht braucht, die über plattmachen die Probleme löst, vertrat ja in den letzten Jahren auch George Bush. Zumindest teilweise, was z.B. Afghanistan betrifft, hätte man besser auf Argumente und auf die Lösung der Ursachen des Konfliktes gesetzt. Werden diese nicht gelöst, wird die Bundeswehr dort im Morast versinken, bzw. sich zurückziehen, nachdem einige 100 Millionen Euro sinnlos verschwendet wurden. Es soll aber nie jemand behaupten, dass unter Zuhilfenahme des gesunden Menschenverstandes dies nicht prognostizierbar gewesen wäre. Ob Dante allerdings aufmerksamen zuhören würde, ist eine interessante Frage, die man aber leider nicht mehr wird beantworten können. Der Zweifel, den Dante nun hat, lässt uns allerdings dann an Dante zweifeln. Ihn beschäftigt die Frage, ob es gerecht sei, dass jemand nichts ins Paradies kommt, nur weil er nicht getauft wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass uns Dante bislang noch kein Argument geliefert hat, dass uns veranlassen würde, den Eintritt ins Paradies überhaupt anzustreben, nur dann würde sich die Frage nach der Gerechtigkeit ja stellen. Zweitens ist das eine Frage, die nur auftaucht, wenn man die psychotischen Wahnvorstellungen Dantes teilt. Wir wiesen bereits darauf hin, dass es charakteristisch für eine psychotische Wahrnehmengsstörung ist, sich alle möglichen Fragen zu stellen, die ein normaler Mensch nie stellen würde.
Und wie der Falke, löst man ihm die Kappe,
Den Kopf reckt und sich bläht, um hinzujagen
In Kampfeslust, bis ihn fliegen lässt der Knappe -
So sah ich hier den Aar die Flügel schlagen,
Dies glanzgeflochtene Lied, um Gott zu loben,
Das nur vernimmt, wenn Himmelswonnen tagen.
Im Original
Quasi falcone ch'esce del cappello,
move la testa e con l'ali si plaude,
voglia mostrando e faccendosi bello,
vid'io farsi quel segno, che di laude
de la divina grazia era contesto,
con canti quai si sa chi là sù gaude
Fast wie ein Falke der von der Haube
Befreit und der mit den Flügeln schlägt,
um groß und schön zu erscheinen
sah ich ein den ein Zeichen geben, der mit
der göttlichen Gnade ausgestattet, mit Gesang,
den nur kennt, wer ihn dort oben hat vernommen
Wir fragen uns, was Dante eigentlich mit seinen schiefen und auf jeden Fall wenig suggestiven Bildern eigentlich erreichen will. Dem Autor ist kein einziges Werk bekannt, das derart häufig mit Bildern und Vergleichen arbeitet. Dagegen wäre an sich auch gar nichts einzuwenden, wenn sie irgendwie suggestiv wären. Mit suggestiv meinen wir zum Beispiel in diesem Zusammenhang, dass durch das Bild ein Sachzusammenhang so dargestellt wird, dass er nicht nur referenziert wird, sondern uns auch spüren lässt, wie das Subjekt den Sachverhalt empfindet. Man vergleiche.
Er wurde von seinen Leidenschaften hin und hergetrieben.
Er wurde wie ein Blättchen im Wind von seinen Leidenschaften hin und her
getrieben.
Für die Tätigkeit war er hervorragend qualifiziert.
Für die Tätigkeit war er hervorragend qualifiziert, fühlte sich
wie ein Fisch im Wasser.
Der Vergleich mit dem Blättchen im Wind ist hier geeignet, die Befindlichkeit dessen, der dort hin- und hergetrieben wird, näher zu beschreiben.
Ein Bild kann auch sinnvoll verwendet werden, um das wesentliche Merkmal eines Sachverhaltes zu unterstreichen.
Die Springer Presse überzog mit ihren Produkten das ganze Land.
Die Springer Presse überzog mit ihren Produkten das ganze Land, breitete
sich aus wie die Pest.
Denkt man länger darüber nach, wird man wohl noch andere Konstellationen finden können, wo ein Vergleich oder ein Bild sinnvoll ist. Immer ab muss der Vergleich ein ZUSÄTZLICHE Information liefern, diese kann auf die verbal schwer zu fassende Wirkung eines Ereignisses auf die Befindlichkeit eines Menschen zielen, die subjektive Bewertung eines Sachverhaltes zum Ausdruck bringen oder eine wesentliche Eigenschaft eines Sachverhaltes betonen. Die Bilder / Vergleiche Dantes tun aber nichts dergleichen. Sie führen lediglich zur maximalen Verquastheit der Sprache, was so ziemlich das Gegenteil von lyrisch wirksam ist, suggerieren durch diese „dunkle“ Sprache Tiefsinn, wo lediglich Flachsinn herrscht. Wir erwarten nicht, dass ein Gedicht eine „klare“ Sprache spricht. Schießt in die Beschreibung eines konkreten Ereignisses eine komplexe, individuelle Bewertung ein, die die „normale“ Wahrnehmung negiert und unter Einsatz von Arbeit entstanden ist, dann wird kein „einfacher“ Text dabei herauskommen, sehr wohl aber einer, der Realität transzendiert, sie auflädt. All das tun aber die an den Haaren herbeigezogenen Bilder und Vergleiche Dantes nicht, das klingt zwar alles dunkel tiefsinnig, ist aber lediglich verquast geschrieben. Die Liebhaber dunkel klingenden Gereimes werden sich aber nicht überzeugen lassen durch diese Argumente, was wiederum mit der Dichtung selbst zusammenhängt. Da sie sich jeder Rationalität schon von Geburt an entzieht, entzieht sie sich auch der objektiven Bewertung. Für Lyrik wenig Empfängliche, also z.B. verbeamtete Geistliche, halten dann alles, was dunkel tönt für Dichtung, erkennen nicht, dass es sich hierbei lediglich um eine besonders verquaste Sprache handelt. Den Unterschied zwischen verquaster Sprache und Dichtung kann man dieser Gruppe auch nicht klar machen, weil sie unter rational das verstehen, was Kanon ist, das haben Beamte so an sich. Dichtung speist sich aber nicht aus den althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, sondern aus einer höchst individuellen Verarbeitung der Welt. Um aber literarische Beschäftigung der verbeamteten Geistlichen in vernünftige Bahnen zu lenken, wäre es sinnvoll, den Ankauf von Büchern durch Universitäten von der Auflage abhängig zu machen. So wie es im Moment läuft, veröffentlichen irgendwelche obskuren Verlage, die auf den Verkauf von Büchern an Universitäten spezialisiert sind, die Geistesblähungen dieser werten Gesellschaft. Würde man von vorneherein ein Auflage von z.B. 5000 Büchern fordern, würden nur noch Bücher gedruckt, die auch jenseits der Selbstbeschäftigungstherapie verbeamteter Geistlicher noch irgendjemand interessieren. Weiter wäre es sinnvoll, bei der Förderung von „Forschungsprojekten“ aus diesem Bereich mal etwas genauer hinzuschauen. Freiheit der Wissenschaft bedeutet für diese Gruppe, dass der Steuerzahler jeden Blödsinn finanziert und jede Diskussion als Eingriff in eben diese Freiheit definiert wird. Vielleicht sollten sich diese Herren, um solche handelt es sich ganz überwiegend, für die Damen gilt aber das Gleiche, mal anschauen, welche Evaluierungssysteme in den Naturwissenschaften etabliert sind und wie knallhart da teilweise gesiebt wird. Im Übrigen kann man auch nicht behaupten, dass sich ein universitärer Geistlicher umbringt vor Arbeit. Wenn er der Meinung ist, bahnbrechende neue Erkenntnisse zu haben, die irgendjemanden interessieren, dann bleibt ja immer noch der Abend und die Wochenenden. Wer wirklich von etwas überzeugt ist, tut das auch am Wochenende, so wie tausend andere, die an das glauben, was sie machen, ebenfalls tun. Das ist, soit dit en passant, übrigens immer eine gute Idee. Weniger fördern, da trennt schnell die Spreu vom Weizen. Die, die hinter den Fleischtöpfen Ägyptens her waren, vulgus Staatsknete, also Steuergelder, lassen es dann einfach und die, die überzeugt sind, von dem was sie machen, machen weiter. Die These könnte man durch zahlreiche staatlich geförderten Internetprojekte bebildern und dekorieren und es geht hierbei auch nicht um Peanuts, es geht um richtig Geld, also schon so ein paar hundert Millionen Euro. Der langen Rede kurzer Sinn. Das mit dem Falken ist einfach ein an den Haaren herbeigezogener Vergleich der aus diesem Grunde lyrisch wirkungslos ist, schlimmer noch: Er nervt. Auch das ewige „den nur kennt, wer ihn dort oben hat vernommen“ nervt, weil es sich um leere Rhetorik handelt. Dante war nicht im Paradies, er kann sich nicht vorstellen, wie es dort aussieht und beschreibt in einer von jedem empirischen Substrat gereinigten Sprache ein himmlisch / göttliches Megaloch. Aber selbst wenn er außer Vorträgen über höchst merkwürdige Fragen tatsächlich was zu sagen hätte, was er nicht hat, würde es nerven. Denn ein Dichter, dem es nicht gelingt, seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen, sollte sich eben einen anderen Job suchen, irgendwas Einfaches, Journalist oder so.
Dann klang‘ s: „Er, der den Zirkel rings erhoben
Bis zu des Weltalls letztem Meilenstein,
Und Klares und Verborgenes drin verwoben,
Er konnte solch Gepräge nicht verleihn
Von seiner Kraft dem All, dass nicht noch immer
Sein Wort endlos erhabner mochte sein
Im Original
cominciò: Colui che volse il sesto
a lo stremo del mondo, e dentro ad esso
distinse tanto occulto e manifesto,
non poté suo valor sì fare impresso
in tutto l'universo, che 'l suo verbo
non rimanesse in infinito eccesso
Er began: Jener, der mit dem Zirkel festgelegt
Das Ende der Welt, und im Innern derselben
Unterscheidet Verborgenes und Offenbartes
konnte seine Kraft nicht so einprägen
ins Universum, dass sein Wort (nicht)
Verbliebe in Ewigkeit über allem
hm. Sagen will uns Dante wohl, dass Gott, der die Welt erschaffen hat, nicht in der Lage war, sich so zu offenbaren, dass alle ihn verstehen. Probleme bei dieser Deutung bereitet das doppelte non (…non poté…, …non rimanesse…). Ein doppelte Verneinung ist ja bekanntlich im Deutschen positiv (Niemand weiß nichts => Alle wissen etwas). Darauf kann man sich aber im Italienischen nicht verlassen, im Zusammenhang mit Indefinita trifft es zum Beipiel nie zu (Nessuno non sapeva cosa fare => Niemand wusste, was zu tun war; nicht: Niemand wusste nicht, was zu tun war). Gott war also nicht in der Lage, sich überall eindeutig zu offenbaren. Um es genau zu deuten, müsste man jetzt wissen, wo bei Thomas von Aquin Dante da wieder abgeschrieben hat.
So fiel der erste Stolze – dem noch nimmer
Erschaffnes glich – unreif, mit Gott im Zwist,
Weil er nicht harrte auf des Lichtes Schimmer.
Im Original
E ciò fa certo che 'l primo superbo,
che fu la somma d'ogne creatura,
per non aspettar lume, cadde acerbo;
Und dies beweist, das der erste Hochmütige
der die Blüte jeder Kreatur, sauer stürzte,
weil er nicht der Erleuchtung harrte
Der, der da stürzt ist Luzifer. Dante nimmt hier zwei Elemente, die man in der christlichen Tradition oft mit Luzifer verbindet, Stolz und der Wunsch, gottgleich zu sein. Tatsächlich ist die Figur Luzifer aber ein Konstrukt, dass sich ganz vage auf einige wenige Bibelstellen stützt. Luzifer konnte auf jede Fall noch nicht die ganze Erkenntnis haben, weil diese eben nicht auf der ganzen Welt offenbar. Gott offenbarte sie den Engeln erst später, aber da war er schon raus aus dem Spiel. Jetzt kommt erstmal eine Menge Vorgeplänkel, das nur indirekt mit der eigentlichen Frage (warum die vor Christus Geborenen nicht in den Himmel kommen) nur indirekt was zu tun hat. Grob geht das so. Im irdischen Jammerteil kann man Gottes Gerechtigkeit nicht verstehen und deswegen macht es auch keinen Sinn, über Gottesgerechtigkeit nachzudenken.
Daraus folg: ein jedes kleinere Wesen ist
Zu dürftig als Gefäß, in sich zu schließen
Endloses Gut, dem sich nichts andres misst
Drum kann sich in kein irdisch Auge gießen
Der Strahlen einer nur der Ursprungsquelle,
Draus allen Dingen Stoff und Leben fließen
Und keiner steht so auf so erhabener Stelle,
Dass ihm der Urgrund, der gewaltighehre,
Jemals erschien in seiner ganzen Helle
Im Original
e quinci appar ch'ogne minor natura
è corto recettacolo a quel bene
che non ha fine e sé con sé misura.
Dunque vostra veduta, che convene
esser alcun de' raggi de la mente
di che tutte le cose son ripiene,
non pò da sua natura esser possente
tanto, che suo principio discerna
molto di là da quel che l'è parvente.
und so folgt, dass jedes geringere Wesen
für dieses Gut, das kein Ende kennt und nie
ward vermessen, ist eine zu geringe Schüssel
Drum ist den eure Art zu schauen, welche nur
Strahlen sind des Geistes, von dem alle
Dinge angefüllt
unmöglich kann durch seine Natur bedingt
So mächtig sein, dass er seine Ursprung kann erkennen,
der hinter dem liegt verborgen, was offensichtlich
Die Kurzform dieses Gesülzes ist, dass es für den menschlichen Geist, der dem Menschen von Gott gegeben wurde, aber endlich ist, unmöglich ist, dahin zu schauen, wo seine Quelle ist, also Gott. Den Hokuspokus hat er bei Thomas von Aquin abgeschrieben. Dieser grenzt die natürliche Vernunft vom Glauben ab. Mit diesem Begriff will er die Philosophie des Aristoteles, die nach der im Mittelalter herrschenden Ansicht die Welt mit den Mitteln des Verstandes erklären wollte und den Glauben, der nach damaliger Auffassung der einzige Weg zu Gott war, miteinander verbinden. Er behauptet also, dass Verstand und Glaube sich nicht widersprechen. Das Problem dabei ist, dass Thomas von Aquin gar nicht Glaube meint. Glauben heißt, dass eine Aussage aufgrund einer bestimmten Vorerfahrung für wahrscheinlich gehalten wird. Thomas von Aquin und, wie wir gleich sehen werden auch der Ratzinger Joseph, definieren den Begriff Glauben um. Für sie ist Glaube eine Wahrheit, die aber nicht mit den Mitteln des Verstandes bewiesen werden kann. Wer andere Leute zu Tode foltert und sie auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verbrennt, der geht nicht davon aus, der misst dem Gegenstand seines Glaubens keine Wahrscheinlichkeit zu, er hält ihn für eine Wahrheit. Der Autor hält wenig bis gar nichts von Diskussionen über die identitätsstiftende Wirkung einer Sprache, dem Gebrabbel über Denglish, Spanglish, vermeintlichen Sprachpantschereien und diesem ganzen Blödsinn. Er ist aber absolut der Meinung, dass Wörter keine Kaugummis sind, die man beliebig solange durchkauen kann, bis sie die Form annehmen, die man sich wünscht. Er hält ziemlich wenig von einer Sprache ohne empirisches Substrat. Die Bedeutung des Verbes glauben ist ziemlich eindeutig. Jemand der etwas glaubt, hält es aufgrund einer bestimmten Vorerfahrung oder bestimmter Überlegungen für wahrscheinlich, hat aber keine Gewissheit. Punkt. Wer glaubt fühlt sich auch nicht im Besitz der absoluten Wahrheit. Die Ayatollahs und Ratzingers glauben nicht, sie sind im Besitz der Wahrheit, und das ist das Problem. Die Umdeutungen von Begriffen und die Verarbeitung von Sprache zu einem Kaugummi kann man auch ganz konkret beim Ratzinger, Joseph beobachten. Dieser schreibt.
Damit zeigt sich aber nun ein erster Umriß der Haltung, die das Wörtchen »Credo« meint. Es bedeutet, daß der Mensch Sehen, Hören und Greifen nicht als die Totalität des ihn Angehenden betrachtet, daß er den Raum seiner Welt nicht mit dem, was er sehen und greifen kann, abgesteckt ansieht, sondern eine zweite Form von Zugang zum Wirklichen sucht, die er eben Glauben nennt, und zwar so, daß er darin sogar die entscheidende Eröffnung seiner Weltsicht überhaupt findet. Wenn es aber so ist, dann schließt das Wörtchen Credo eine grundlegende Option gegenüber der Wirklichkeit als solcher ein; es meint nicht ein Feststellen von dem und jenem, sondern eine Grundform, sich zum Sein, zur Existenz, zum Eigenen und zum Ganzen des Wirklichen zu verhalten. Es bedeutet die Option, daß das nicht zu Sehende, das auf keine Weise ins Blickfeld rücken kann, nicht das Unwirkliche ist, sondern daß im Gegenteil das nicht zu Sehende sogar das eigentlich Wirkliche, das alle übrige Wirklichkeit Tragende und Ermöglichende darstellt.
aus: http://www.hoye.de/glaube-/glratz.pdf
Hier wird umdefiniert, und das auch noch in einer reichlich verquasten Sprache. Credo (ich glaube) wird umdefiniert. Credo bedeutet bei Ratzinger, dass der Mensch anerkennt, dass es Dinge gibt, die er nicht kapiert. Das kann man zur Not noch so sehen. Mit dem Teilsatz, dass Glaube bedeutet, dass „das nicht zu sehende das eigentlich Wirkliche“ ist, geht er dann aber zu weit. Er bastelt so lange an dem Begriff herum, bis das rauskommt, was er von vorneherein haben wollte. Mit der verquasten Sprache gibt es noch ein Problem. Sie hat Pudding Charakter. Das Schillerjahr hätte hier die Chance geboten, mal über den Gebrauch der Sprache öffentlich zu reflektieren. Dieser meinte:
Du kerkerst den Geist in tönend Wort,
doch der freie wandelt im Sturme fort
Sprache wird von zwei Kräften in die Zange genommen. Von einem restringierten Code auf der einen Seite und die pseudo wissenschaftliche Verquastheit auf der anderen Seite. Beide sind Ausdruck derselben Krankheit: Dem Fehlen eines empirischen Substrates oder Armut an Erfahrung. Denglish ist nicht unser Problem. Auch das babylonische Sprachgewirr auf den Straßen Berlins ist nicht unser Problem, dieses ist wahrscheinlich die Ursache für die skurrile Initiative der CDU im Grundgesetz feststellen zu lassen, dass die Sprache der Bundesrepublik Deutsch ist. Wir verstehen, dass das für die Abgeordneten aus der Provinz verwirrend ist. Wir verstehen auch, dass diese Personengruppe mit Multikulti wenig anfangen kann, denn Multikulti bedeutet eben auch, sich auf Fremdes einzulassen und zwar, ganz schrecklich, unter Einsatz von ARBEIT. Man muss dann zum Beispiel eine Sprache lernen. Wir verstehen auch, dass es Mitbürger mit Immigrationshintergrund und Abgeordnete des deutschen Bundestages gibt, denen die Voraussetzungen zum Erlernen einer Fremdsprache fehlen, wir verstehen, dass hier der didaktische Ansatz geändert werden muss. Wir haben also extra für die Abgeordneten des deutschen Bundestages Sprachkurse entwickelt (www.spanisch-lehrbuch.de, www.franzoesisch-lehrbuch.de, www.englisch-lehrbuch.de, www.italienisch-lehrbuch.de, und werden das weiter ausbauen). Man muss nicht nur fordern, sondern auch fördern. Wir können aber nicht akzeptieren, dass von bildungsfernen Schichten innerhalb des deutschen Bundestages der Begriff Multikulti nur noch mit Bedrohung in Verbindung gebracht wird, nicht aber mit Chancen. Wir können nicht akzeptieren, dass offiziellen Vertretern des Deutschen Bundestages noch nicht aufgefallen ist, dass die Welt eine Kugel ist. Geht man in westliche Richtung, landet man bei Spanisch, Französisch, Italienisch, Englisch. Das ist merkwürdigerweise nicht Multikulti (oder gehört Multikulti und Chaos zum Fächerkanon der Hochschulreife, diese Fremdsprachen werden nämlich an Deutschlands Schulen unterrichtet). Geht man aber in östlicher Richtung, landet man bei Russisch, Türkisch, Arabisch, Chinesisch etc. etc. In östlicher Richtung ist es schrecklich Multikulti. Wir haben also kein Multikulti Problem, wir haben ein Problem mit der Komplexität. Wie man diese Komplexität reduzieren und zeigen kann, dass überall auf der Welt der Bär steppt, wäre die zu führende Diskussion. In dieser Diskussion ist eine Menge Musik. Es wäre eine Diskussion über die Frage, wie die globalisierte Welt von morgen aussieht. Eine Diskussion über kulturellen Reichtum und Chancen. Die Diskussion über das Handy, den Download, den Service Point und das Email ist nicht wirklich spannend. Spannend daran ist lediglich, dass erwachsene Leute über so einen Quark öffentlich diskutieren, wochenlang, monatelang, jahrelang, jahrzentelang, überwiegend von Leuten, die die Welt nach den althergebrachten Grundsätzen des Berufbeamtentums beurteilen. Diese Bevölkerungsschicht ist wohl eher an Diskussionen interessiert, die nicht auf Veränderung und Umdenken abzielen, nicht an ihrem Status rüttelt und insbesondere nicht an Diskussionen, die Optionen aufweisen, die mit ARBEIT verbunden sind. Schon unsere Portale erfreuen sich nur geringer Sympathie bei dieser Truppe, das ist zuviel Veränderung auf einmal. Insbesondere fließt keine Staatsknete, vulgus Steuergelder. Der Pulsschlag der freien Marktwirtschaft, die Eigeninitiative, ist dieser Bevölkerungsgruppe zutiefst suspekt. Dante will uns also sagen, dass es Dinge gibt, an die man einfach glauben muss. Das will uns auch der Ratzinger, Joseph sagen. Allerdings findet eine Umdeutung des Wortes Glaube statt. Das Moment der Unsicherheit, das diesem Begriff inhärent ist, wird eliminiert. Der Glaube wird als eine Methode vorgestellt, Gott zu erkennen. Das ist ein Widerspruch in sich. Der Glaube erkennt nie etwas, er vermutet lediglich. Die Umdeutung des Wortes Glaube ist Teil einer Immunisierungsstrategie. Wer etwas glaubt, gibt zu erkennen, dass er am Wahrheitsgehalt des Geglaubten zweifelt. Genau das tun aber die Gläubigen Ayathollas und Ratzingers nicht. Weiter könnte man darüber diskutieren, ob die natürliche Theologie des Thomas von Aquin, nicht genau so viele Vermutungen beinhaltet, wie der Glaube selbst. Es erscheint dem Autor wenig wahrscheinlich, dass die Ungläubigen von den Gläubigen zu Tode gemartert wurden, obwohl die Gläubigen sich ihrer Wahrheit auch nicht so sicher waren. Der Begriff Glaube scheint im Katholizismus ziemlich ambivalent. Zwar findet sich diese Ambivalenz auch im Wörterbuch, wir finden dort für Glauben sowohl „gefühlsmäßige, nicht von Beweisen, Fakten o.ä. bestimmte unbedingte Gewißheit“ wie auch „annehmen, der Meinung sein, der Ansicht sein“, fraglich ist aber, ob die erste Definition („gefühlsmäßige, …., bestimmte unbedingte Gewißheit“) so überhaupt existiert. Der Autor würde eher sagen, dass dieser Glaube, der sich gegen jede kritische Hinterfragung sperrt, eher ein Krankheitsbild ist. Wie dem auch immer sei. Wo Begriffe glitschig sind wie ein Stück Seife, kann man glauben oder nicht glauben. Ergiebiger als eine Diskussion über die Beziehung von Verstand und Glaube, wäre eine Diskussion über die Irrwege des Glaubens. Das scheint der Ratzinger, Joseph aber weit weniger spannend zu finden. Wäre geklärt wie der Glaube in die Irre geht, ließe sich das Themenspektrum etwas eingrenzen. Spannender als nebulöse Phrasen, wäre eine sich an den historischen Fakten orientierende Analyse. Daran besteht aber kein Interesse, weder bei Dante noch beim Papst.
Drum muss der Menschenblick, der erdenschwere,
Im Anschauen ewiger Gerechtigkeit
Sich so verlieren wie der Blick im Meere
Er sieht den Grund am Ufer nur, doch weit
Auf See nicht mehr, wo er doch auf vorhanden,
Nur hüllt ihn Tiefe dort mit Dunkelheit
Im Original
Però ne la giustizia sempiterna
la vista che riceve il vostro mondo,
com'occhio per lo mare, entro s'interna;
che, ben che da la proda veggia il fondo,
in pelago nol vede; e nondimeno
èli, ma cela lui l'esser profondo.
Doch von der ewigen Gerechtigkeit
sieht euer Blick der nur eure Erde sieht
soviel wie ein Auge kann das Meer durchdringen
dass, wenn auch am Ufer der Grund erscheint
sieht man ihn doch nicht auf offenem Meer; doch
ist er da, doch dort verborgen in der Tiefe
Die Aussage ist wieder simpel. Der Dichter will uns sagen, dass wir nur die
Dinge sehen,
die uns vor die Nase gesetzt sind, aber nichts, was darüber hinaus geht.
Um uns das zu veranschaulichen, bringt er dann das Bild mit dem Meer. Dessen
Grund erblicken wir ja auch nicht, obwohl wir wissen, dass ein solcher vorhanden
ist. Das Bild als solches ist natürlich schon ziemlich dappig, denn seit
Urzeiten lassen Seeleute Anker auf den Grund des Meeres hinabsinken. Den Grund
sehen sie zwar nicht, aber sie merken, dass er irgendwann auf Grund stößt.
Weiter fragen wir uns, ob wir es bei dem Vergleich mit natürlicher Theologie
zu tun haben, oder mit Glauben. Der Vergleich zielt auf einen Analogieschluss,
wäre also der Versuch, das sich jenseits der Wahrnehmung Befindliche durch
den Verstand zu beweisen, bzw. rational zu beweisen, das es Dinge gibt, die
sich der Rationalität entziehen. Für die konkrete Ausgestaltung dessen,
was sich dann im Jenseits befindet, wäre dann wohl wieder der Glaube zuständig.
Desweiteren formuliert Dante hier ein allgemeines Problem Verstand / Glaube,
dass er dann auf ein konkretes Problem, nämlich die Gerechtigkeit anwendet.
Er will uns also erklären, warum die Wege des Herrn unergründlich
sind und um das zu tun, hält er uns einen langen Vortrag über Glaube
/ Verstand.
Nur aus den ewig schattenlosen Landen
Strömt wahres Licht – wo nicht: Sind‘ s Dämmerungen,
Aus Fleischesblindheit oder Gift entstanden
Im Original
Lume non è, se non vien dal sereno
che non si turba mai; anzi è tenebra
od ombra de la carne o suo veleno
Es gibt kein Licht, wo es nicht von jenem Himmel
stammt der immer ungetrübt; denn alles ist Finsternis
und Schatten, was vom Fleische stammt und seinem Gifte
Mögen Joseph Ratzinger, Thomas von Aquin und Dante auch verzweifelte Versuche starten, den Glauben nicht als zum Verstand in Widerspruch stehend darzustellen, die Versuche sind zum Scheitern verurteilt. Bei Dante und Thomas von Aquin ist der Glaube das Sammelbecken für all das, was der Verstand nicht erfassen kann, wobei der Verstand, so die Theorie, dem Glauben insofern auf die Beine helfen kann, als er, so die Theorie, zeigen kann, dass dieser unauflösbare, sich dem Verstand nicht zu erkennen gebende Rest existiert. Allerdings wird dieser Glaube dann als Wahrheit hypostasiert. Glaube schlägt um in Gewissheit, in das Gegenteil von Glaube. Der Glaube wird Ideologie, die Unterscheidung zwischen Natürlicher Theologie und Glaube ist letztlich ein Mumpitz. Ganz pragmatisch würden den Autor aber mal interessieren, wie mit in offiziellen Bildungseinrichtungen mit der Aussage umgegangen wird, dass alles Finsternis und Schatten ist, was vom Fleische stammt und seinem Gifte. Denn Autor würde also tatsächlich mal interessieren, was in manchen Seminaren an manchen Fakultäten für Romanistik eigentlich passiert. Es ist, dies wurde bereits mehrfach erwähnt, durchaus legitim, sich mit Dante als Vertreter des Mittelalters zu befassen, wobei es natürlich sinnvoller wäre, die Studis auf einen konkreten Job vorzubereiten, also ihnen beizubringen, andere für Multikulti zu begeistern. Das wäre deutlich sinnvoller, als 6,5 Millionen Euro für diesen Schwachsinn rauszuballern: http://www.abc-der-menschheit.de. Es macht keinen Sinn, mit Steuergelder gegen die gesellschaftliche Irrelevanz und gähnende Langeweile der Geisteswissenschaftn anzugehen, wenn man vorher alles getan hat, um diese zu einer irrelevanten und stinklangweiligen Sache zu machen. Aber unabhängig davon, fragt sich der Autor, was in einem Seminar über Dante eigentlich konkret passiert. Er kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nach einem solchen Seminar die Fähigkeit einen sinntragenden und geraden Satz zu schreiben eher ab, als zunimmt. Wie man bei dem oben beschriebenen Malheur mit den Bundestagsabgeordneten auch sehen kann, ist unser Schulsystem im Moment auch nicht in der Lage, reges Interesse für fremde Kulturen zu wecken. Der Autor konzediert, dass es da manchmal, siehe oben, wirklich harte Nüsse zu knacken gibt. Umso notwendiger ist es, dass an Universitäten über geeignete Konzepte nachgedacht wird. Für Lehrer kann die Vermittlung von Kultur durchaus Nahkampf bedeuten. Wir dürfen keinen aufgeben, auch keine Bundestagsabgeordneten der CDU. So verstockt sie auch sind, auch sie sehnen sich nach der großen weiten Welt, wollen raus aus ihrer geistigen Enge, wisse nur nicht wie. Hier sind Lehrer gefragt, die den zukünftigen Bundestagsabgeordneten den Schlüssel liefern zu dem Reich, in das alle wollen. Man muss ihnen klar machen, dass Multikulti mit Arbeit, Fleiß und Disziplin, verbunden ist, aber ihnen auch verdeutlichen, was sie gewinnen. Der Autor weiß, dass die 68 ziger Bewegung Tugenden wie Arbeit, Fleiß und Disziplin zu Sekundärtugenden deklariert haben, mit denen man auch ein KZ führen könne. Wir brauchen also eine geistig moralische Wende. Ohne Arbeit, Fleiß und Disziplin kann man keine Fremdsprachen lernen, ist Multikulti nicht möglich. Es macht auch keinen Sinn, die Fremdsprachen Softversion, also Latein, anzubieten. Arbeit, Fleiß und Disziplin lernt man nur mit einer richtigen Fremdsprache, also zum Beispiel Russisch, Türkisch, Arabisch, Chinesisch.
Drin ist das Licht ins Versteck gedrungen,
Drin dir die Gerechtigkeit verloren,
Nach der zweifelsbang so heiß gerungen?
Im Original
Assai t'è mo aperta la latebra
che t'ascondeva la giustizia viva,
di che facei question cotanto crebra;
Genug hat sich dir nun geöffnet das Versteck,
das dir verborgen hat die wahre Gerechtigkeit,
nach der gefragt hast mit soviel Zweifeln
Das bis jetzt war also nur der Vorspann. (puh!) Er hat uns allgemein erklärt, dass wir irdischen Erdenwürmer nur sehen können, was wir vor der Nase haben, gerade noch so einsehen mit unserem jämmerlichen Verstand, dass es jenseits dessen, was wir sehen noch was anderes gibt und dass wir daran eben glauben müssen. Das wird jetzt auf die Gerechtigkeit angewendet. Um die göttliche Gerechtigkeit zu verstehen, sind wir schlicht zu blöd und deswegen kapieren wir auch nicht, warum die Ungetauften, auch wenn ihr Lebenswandel „christlicher“ war als der der Christen, nie ins Paradies kommen. Kommen aber doch ein paar hin, und ein paar kommen ja hin, wie wir gesehen haben (Josua und Makkabäus zum Beispiel), dann ist das sozusagen ein göttlicher Justizirrtum oder aber, das erfahren wir später, durch mildernder Umstände bedingt. Wie im Paradies üblich, erraten die Gelichter die Frage, die Dante stellen will schon von alleine. Im vorigen Gesang durfte er sie ja noch stellen, die Frage, obwohl Cacciaguida schon wusste, was er fragen wollte. Das hat Cacciaguida ihm erlaubt, also die Frage zu stellen, obwohl klar war, was er fragen sollte. Die Begründung war, dass Cacciaguida ihm die Freude gewähren wollte, eine Frage zu stellen. Hier im Jupiter hat er es aber mit ehemaligen Regierungsbeamten zu tun, die tun so, als hätten sie keine Zeit, für unnötiges Geplaudere, hier geht es also gleich zur Sache, sie fassen die Frage selber zusammen.
Du fragst dich nun: Am Indus wird geboren
Ein Mensch, dem niemand spricht von Christus dort,
Dem nie der Name kommt vor Aug und Ohren
Doch zeigt ihn Tun und Denken immerfort,
Soweit der Mensch erkennt, als unverdorben
Und gut und lasterfrei in Werk und Wort -
Wenn er als Heide ungetauft gestorben,
Wo ist das Recht, das ihm sein „schuldig“ spricht?
Wo seine Schuld, dass er kein Heil erworben?
Im Original
ché tu dicevi: "Un uom nasce a la riva
de l'Indo, e quivi non è chi ragioni
di Cristo né chi legga né chi scriva;
e tutti suoi voleri e atti buoni
sono, quanto ragione umana vede,
sanza peccato in vita o in sermoni.
Muore non battezzato e sanza fede:
ov'è questa giustizia che 'l condanna?
ov'è la colpa sua, se ei non crede?"
Was du sagtest ist dies: “Ein Mensch wird geboren
Am Ufer des Indus, und foglich ist dort niemand der
Von Christus, spricht, liest oder schreibt
und all sein Streben und Handeln ist gut,
soweit menschliche Vernunft zu einem Urteil fähig,
ohne Sünde der Tat oder durch Gerede
Er stirbt ohne getauft zu sein und ohne Glaube:
Wo ist die Gerechtigkeit, die ihn verdammt?
Wo ist seine Schuld, wenn er nicht glaubt?“
Wir sehen also, dass jenseits dessen, was der Mensch noch verstehen kann, bei Dante nur formal der Glaube herrscht, eigentlich herrscht da Gewissheit. Die Frage, warum jemand nicht ins Paradies kommt, wenn er ungetauft stirbt, stellt sich demjenigen, für den das Paradies absolute Gewissheit ist, andernfalls würde er ja erstmal die Frage klären, ob es ein Paradies überhaupt gibt. Wenn aber etwas derartig schwammiges zur Gewissheit wird, dann fragen wir uns schon, ob uns ein Blick in das Deutsche Universal Wörterbuch des Duden nicht doch weitere Aufschlüsse liefert, insbesondere die Beispiele. Dort steht:
Glaube: gefühlsmäßige, nicht von Beweisen, Fakten o.ä. bestimmte Gewissheit, Überzeugung: ein blinder, fanatischer Glaube
Die Frage stellt sich schon, ob wir es bei Dante nicht einer psychotischen Bewusstseinsstörung zu tu haben. Die Fragen die er stellt, sind außerhalb seiner skurrilen Welt überhaupt nicht nachvollziehbar. Dante glaubt also mit Gewissheit (!) an etwas, wobei sein Glaube allein durch die Tatsache begründet wird, dass man an bestimmte Dinge glauben muss, weil man sie nicht erklären kann. Aufgrund der so erlangten Gewissheit, schließt er dann, dass die Inder nichts in Paradies kommen. Irre an dieser Vorstellung ist, dass der Glaube zwar letztlich durch Unkenntnis begründet wird, aber auf der anderen Seite zu höchst konkreten Vorstellungen führt, wie das Leben im Jenseits aussieht und wie Gott tickt. Denn Dante weiß nicht nur, dass es Gott gibt, er weiß sogar, dass dieser die Inder nicht ins Paradies lässt. Dante glaubt zwar nur, weil er nicht weiß, weiß aber ganz genau, wie es da zugeht. Der Autor hatte schon immer daran gezweifelt, dass eine Religion, die davon ausgeht, dass das Verspeisen eines Apfels zu Erkenntnissen führt, für Normalsterbliche nachvollziehbar ist, aber allmählich wird ihm das zur Gewissheit. Aber auf jeden Fall, haben sie bei jedem Satz aus dem Munde eines Theologieprofessors mit hintergründig Tiefsinnigen zu rechnen. Der Satz „Dante glaubt, weil er nicht weiß, dass die Inder in der Hölle landen“ bedeutet etwas ganz anderes, als sie vermuten würden. Man kommt so zu den skurrilsten Einsichten. Glauben ist Nichtwissen, Nichtwissen ist Wissen, Wissen ist Glaube. Alles klar? Man glaubt, weil man nicht weiß, der Glaube ist aber nicht Glaube sondern Wissen, folglich ist Nichtwissen Wissen. Das kapieren Sie jetzt nicht, was? Soll ich es für die Langsameren unter uns nochmal in Terzinenform hinpinseln ?
Und wer bist du, zu thronen im Gericht,
dass er auf tausend Meilen Recht verkünde,
Wo spannender nur reicht sein kurz Gesicht?
Im Original
Or tu chi se', che vuo' sedere a scranna,
per giudicar di lungi mille miglia
con la veduta corta d'una spanna?
Doch wer bist du, der du willst sitzen auf dem Richterstuhl,
um Recht zu sprechen auf eine Entfernung von tausend Meilen
Mit einem Gesichtskreis so kurz wie eine Handfläche?
Das geht an Dante. Die vereinten Gelichter, die den Adler bilden, sind der Meinung, völlig irrtümlich, dass bei Dante noch ein Rest Verstand vorhanden ist, er also noch wagt, irgendwas zu denken. Das werfen sie ihm vor, dass er sich noch eine Meinung anmaßt.
Zwar, wer mit mir will grübeln über Gründe,
Wohl manchen Zweifel der beim Forschen fände,
Wenn über ihm die Heilige Schrift nicht stünde
Das ist auch eine uralte Diskussion und sicherlich steht darüber auch was irgendwo bei Thomas von Aquin. Die Bibel ist das Wort Gottes und nur aus ihr strömt die Wahrheit.
Stumpfgeistige! Wenn euch Erdenstoff nicht bände!
Güte an sich ist der Urwille eben,
Undenkbar, dass er je sich selbst entschwände
Im Original
Oh terreni animali! oh menti grosse!
La prima volontà, ch'è da sé buona,
da sé, ch'è sommo ben, mai non si mosse
Oh irdische Tiere! Oh stumpfe Geister!
Der erste Wille, der aus sich selbst heraus gut,
entfernt sich, da er höchstes Gut, nie von sich selbst
Also mit irdischen Tieren und stumpfen Geistern meint er konkret uns, der herrschaftliche Adler. Das haben Herrscher so an sich, die poltern ab und an. Wir könnten diese Publikumsbeschimpfung natürlich auch Dante zuschreiben, was wir ok finden. Wer austeilen kann, muss auch einstecken können. Sagen will er uns, dass der erste Wille, also Gott, gut ist und alles was von ihm kommt, ist dann eben auch gut. Das glauben wir einfach, denn glauben ist nicht wissen, wobei aber glauben wiederum wissen ist. Nichtwissen und wissen ist also das Gleiche. Wenn wir also von Gott nichts Wissen, dann glauben wir an ihn, das ist unser Wissen über Gott, das auf Nichtwissen beruht. Wie müssen also nur glauben, das wir nicht wissen, dann wissen wir schon, dass wir glauben, dass wir etwas wissen, was wir nicht wissen. Die Krux ist also, dass wir glauben müssen, dass wir nicht wissen. Wir haben also zwei Extreme, bei denen wir gar nicht wissen, ob sie nicht auf das Gleiche hinauslaufen. Wir haben auf der einen Seite den berühmten „restringierten Code“, also die Sprache halbstarker Jugendlicher (hey alda, blickst nich mehr durch oda was, du, hab ich gesagt, hat voll blöd geklotzt der opa, war voll cool hey), wie man sie aus dem Rap kennt, dieser ist Ausdruck eines geringen empirischen Substrates, löst sich aber nicht von diesem. Auf der anderes Seite haben wir die Sprache des Paradieses, der Theologie und Ähnlichem, da ist überhaupt kein empirisches Substrat mehr vorhanden, die Sprache ist freischwebend in den Himmel gepinselt, es ist allein die grammatikalische Korrektheit, die diese Wortkonstrukte als kohärente, in sich logische Gebilde erscheinen lässt, ansonsten sind sie weitgehend sinnfrei. Interessant ist auch der unter Linguisten so beliebte Ausdruck „restringierter Code“. Dieser suggeriert, dass wir Sprache als isolierten Sachverhalt betrachten können, die Sprache ein vom ihr zugrunde liegenden empirischen Substrat isoliertes Phänomen ist. Das ist Mumpitz. Der restringierte Code ist genauso Zeichen einer seelischen Verödung, wie eine Sprache, der das empirische Substrat abhanden gekommen ist. Wenn wir also feststellen, dass im Feuilleton der Journaille (zusammengesetzt aus Journalist und Canaille – aus dem Französischen: Schuft, Schurke, Halunke), über Bastian Sick (der Hohlkopf ist der Sprache sein Tod) und allen möglichen Talkshows sich über Sprache unterhalten wird, aber nie jemand über das empirische Substrat, das dieser (idealerweise) doch zugrunde liegen müsste, dann ist dies keine Feststellung über die Sprache, sehr wohl aber über das empirische Substrat, das dieser zugrunde liegt. Ein rein sprachliches Problem haben wir lediglich dann, wenn jemand nicht seine Muttersprache spricht, also ab und an ein paar grammatikalische Fehlerchen einbaut, was aber harmlos ist, denn aus der Gesamtdynamik der Persönlichkeit, Sprache / Mimik / Gestik / Verhalten erkennen wir sofort, mit wem wir es tun haben.
Gerecht sein, heißt: Einklang mit ihm erstreben,
Anziehen kann ihn kein erschaffnes Gut,
Nein Er, ausstrahlend, ruft es erst ins Leben
Im Original
Cotanto è giusto quanto a lei consuona:
nullo creato bene a sé la tira,
ma essa, radiando, lui cagiona».
Gerecht ist, wenn es übereinstimmt mit ihm:
kein geschaffenes Gut kann ihn anziehen,
doch er, durch sein Strahlen, bringt sie hervor
Das ist wieder so ein Thomas von Aquin Gequatsche. Allein durch Gottes Gnade werden wir selig, wir können uns Gottes Hinwendung nicht durch gute Werke oder ähnliches erkaufen.
Wie nach dem Füttern seiner Jugend ruht
Der Storch und überm Neste zieht im Bogen,
Draus dankbar zum ihm hin schaut die satte Brut,
So hob die Wimpern ich , von Dank bewogen,
So schlug das heilige Bild sein Flügelpaar
Durch soviel Willens-Eintracht hingezogen,
Und kreisend sang‘ s:“ Wie dir unfasslich war
Mein Lied, so wird dem menschlichen Verstande
Des Ewigen Richtspruch niemals offenbar!“
Im Original
Quale sovresso il nido si rigira
poi c'ha pasciuti la cicogna i figli,
e come quel ch'è pasto la rimira;
cotal si fece, e sì levai i cigli,
la benedetta imagine, che l'ali
movea sospinte da tanti consigli.
Roteando cantava, e dicea: «Quali
son le mie note a te, che non le 'ntendi,
tal è il giudicio etterno a voi mortali»
Wie über dem Nest schwebend seine Runden dreht
der Storch, nachdem er gefüttert seine Jungen,
und wie die, die gefüttert zu ihm aufschauen;
so tat, durch heben seiner Wimpern,
das heilige Bild, das mit den Flügeln
Schlug, von soviel Weisheit angetrieben
kreisend sang es und sprach: „So wie meine
Worte für dich unfasslich, die du nicht verstehst,
so ist es auch der ewige Richterspruch für euch sterbliche“
??? Der Geier sagt ihm, dass er zu blöd ist, zu kapieren, was er ihm sagt, beschimpft ihn massiv (irdische Tiere) und Dante schaut zu ihm voller Dankbarkeit empor, wie die Küken, zu ihrer Mutter. So allmählich wird das Paradies zur SM Orgie. Das Problem des Ratzinger / Thomas von Aquin / Dante Gequatsche besteht übrigens auch nicht darin, dass alles, was der Verstand nicht fassen kann unter Glaube subsummiert wird, der wiederum den Charakter von Wahrheit hat. Die Grenzen des Verstandes, bzw. der Erkenntnisfähigkeit tauschen in vielen philosophischen Systemen auf. Das kantsche „Ding an sich“ verweist auf die Grenzen der Erkenntnis, der hegelsche Weltgeist ist erstmal auch rein „bei sich“ und offenbart sich nur in der Geschichte. Das Problem im Christentum ist, dass sich hier eine Institution für alles zuständig erklärt, was in des Menschen Hirn nicht passt oder auch noch nicht passt und daraus recht konkrete, weltliche Ansprüche ableitet. Es gibt ja Leute, die der Meinung sind, dass wir es beim Ratzinger, Joseph mit einem „Goldmund“ zu tun haben. (Wobei die Aussage an sich schon merkwürdig ist, denn Goldmund, in dem Roman von Hermann Hesse, ist eben gerade kein begnadeter Rhetoriker, er ist ein Künstler. Treffender wäre Narziss , der ist Theologe und sabbelt den besten Hund kaputt. ). Tatsächlich würden wir dieses Kaugummi Gerede eher unter der Kategorie „verwahrloste Sprache“ subsummieren. Ein Dichter kann stammelnd nach Ausdruck ringen, er spricht für seine ureigenste, individuelle Wahrnehmung der Welt, erhebt keinen Herrschaftsanspruch. Der Häuptling einer Organisation, die zur Durchsetzung ihrer Interessen auf die staatliche Exekutive zurückgreift, hat glasklar, deutlich und unmissverständlich zu sagen, was er eigentlich meint. Hier ist kein Platz für dunkles Raunen. Dunkles Raunen kann einen Herrschaftsanspruch oder die Inanspruchnahme der staatlichen Exekutive nicht begründen. Die domestizierte Kirche, eingebunden in eine zumindest vom Anspruch her transparente, rationale Demokratie stellt zwar keine Gefahr (mehr) dar, es wäre aber mal interessant zu untersuchen, ob die lange Geschichte aus Pleiten, Pech und Pannen der katholischen Kirche nicht durch die Verquastheit der Sprache mitverursacht wurde. Die von jedem empirischen Substrat gereinigte Sprache ist zwar weitgehend sinnfrei, aber zur Durchsetzung einer Ideologie eignet sie sich hervorragend. Wenn für Volk und Vaterland gestorben wird, hat die Sprache vielleicht kein empirisches Substrat mehr, sehr wohl aber Energie. Sekten wirft man ja im Allgemeinen vor, existentielle Fragen und Probleme als Einfallstor zu nutzen, um die Gehirne ihrer Anhänger durch dieses Tor zu infiltrieren. Über die Tragweite dieser These, könnte man nachdenken. Die Begrenztheit der menschlichen Erkenntnisfähigkeit wird im Christentum breit und ausführlich diskutiert, das ist auch das Thema Dantes. Der Autor würde sagen, es wäre sinnvoller, darüber nachzudenken, wie man die Menschheit in die Lage versetzt, zumindest das zu erkennen, was ganz irdisch erkennbar ist. Der Autor sieht noch nicht, dass es jemals zum Problem geworden ist, was der Ratzinger, Joseph beschreibt.
Immer schon hat Glaube etwas von einem abenteuerlichen Bruch und Sprung an
sich, weil er zu
jeder Zeit das Wagnis darstellt, das schlechthin nicht zu Sehende als das eigentlich
Wirkliche und Grundgebende anzunehmen. Nie war Glaube einfach die dem Gefälle
des menschlichen Daseins von selbst zufallende Einstellung; immer schon war
er eine die Tiefe der Existenz anfordernde Entscheidung, die allzeit ein Sichherumwenden
des Menschen forderte, das nur im Entschluß erreichbar ist.
Aus: http://www.hoye.de/glaube-/glratz.pdf
Das raunt jetzt gewaltig. Einer Institution wie der Kirche dürfte es historisch gesehen leicht gefallen sein zu glauben, denn der Glaube, der die einzige Wahrheit darstellte, war die Grundlage zur Durchsetzung eines Machtanspruches, der sich selten mit den Schwachen verband, aber oft für Diktaturen aller Couleur das ideologische Rüstzeug lieferte. Wenn Ratzinger Glaube sagt, meint er Gewissheit. Den Nachsatz „immer schon war er eine die Tiefe der Existenz anfordernde Entscheidung, die allzeit ein Sichherumwenden des Menschen forderte, das nur im Entschluss erreichbar ist“ verbuchen wir glatt unter „Abwesenheit eines empirischen Substrates“.
Dasselbe Problem wie mit Dante hat der Autor auch mit Kafka. Der beschreibt auch ewig eine undurchschaubare Welt und stattet diese Undurschaubarkeit metaphysisch aus. Anstatt das Schloss zu lesen, nimmt man besser ein Lehrbuch der allgemeinen Volkswirtschaftslehre in die Hand. Anstatt über die Grenzen der Erkenntnis zu philosophieren, sollte man über Möglichkeiten der Erkenntnisfähigkeit diskutieren. Wenn die Welt entfremdet ist, die Leute, den Eindruck haben, dass sie nicht steuerbar ist, dann heißt die Devise back to earth und nicht up to god. Back to earth heißt zum Beispiel ein Portal zur Volkswirtschaftlehre machen, die Zusammenhänge aufzeigen, mit Diskussionforum und in einer klaren Sprache. Deshalb wird die infos24 GmbH auch nächstes Jahr anfangen, ein solches zu basteln. Back to earth heißt auch, Regierungshandeln transparent machen. Back to earth heißt auch, klar zu machen, dass die Welt rund und bunt ist und überall Leute versuchen, an irgendwelchen Rädern zu drehen. Back to earth heißt, diese Welt ernst nehmen und heißt Multikulti. Der Schlüssel zu Multikulti ist aber Arbeit, Fleiß und Disziplin. Da sollten die CDU Abgeordneten mal an ihren großen Vorsitzenden Mao Kohl denken und dessen geistig moralische Wende.
Ruht ein Lied in allen Dingen
Die da singen fort und fort
Und die Welt hebt an zu klingen
Findst du nur das Zauberwort
Metaphysisches Geraune braucht niemand.
Als wieder Stillstand war im Flammenbrande
Des heiligen Geists, neubildend jenes Zeichen,
Dem Ehrfurcht Rom verdankt in jedem Lande
Im Original
Poi si quetaro quei lucenti incendi
de lo Spirito Santo ancor nel segno
che fé i Romani al mondo reverendi,
Dann standen still die leuchtenden Flammen
des heiligen Geistes, verharrend als Gestalt des Zeichens
durch das die ganze Welt Rom ihren Respekt zeigte
Das ist so. Wenn die ganze geistige Kraft für die Durchdringung des Jenseits aufgebraucht wird, dann werden die Aussagen über das Diesseits so hirnrissig, dass kein Mensch mehr irgendwas damit anfangen kann. Aus irgendeinem Grund, den kein Mensch nachvollziehen kann, ist Dante der Meinung, dass das Römische Reich das Paradies auf Erden war.
Begann es wiederum: „Zu diesen Reichen
Stieg keiner auf, der nicht geglaubt an Christus,
Nich eh und seit er musst am Kreuz erbleichen!
Im Original
esso ricominciò: «A questo regno
non salì mai chi non credette 'n Cristo,
né pria né poi ch'el si chiavasse al legno
er fuhr fort: “Zu diesem Reich stieg keiner empor,
der nicht an Christus glaubte
nicht zuvor und nicht nachdem er ward ans Kreuz genagelt
Darüber nachzudenken macht jetzt keinen Sinn, da uns der Geier ja bereits mitgeteilt hat, dass die Logik der göttlichen Gerechtigkeit für uns unverständlich ist. Aus irgendwelchen Gründen erzählt er es Dante aber trotzdem, obwohl klar ist, dass Dante es auch nicht kapiert. Es geht also weniger darum, ihn zu überzeugen, als darum, ihm durch ständige Wiederholung die Botschaft ins Hirn zu bimsen. Das ist so ähnlich wie in einer Madrase in Pakistan. Da lernen die Schüler den Koran auf Arabisch auswendig, ohne ein Wort davon zu verstehen. Auf das Verstehen kommt es hier überhaupt nicht an. Wichtig ist noch, dass es nicht reicht, nach Jesus auf die Welt gekommen zu sein. Man muss auch getauft sein (…nicht zuvor und nicht nachdem…).
Doch siehe, viele rufen Christus, Christus,
Die einst ihm fernerstehen beim Weltgericht,
Als viele, die da nimmer kannten Christus!
Das Strafurteil für derlei Christen spricht
Der schwarze Heide, wenn man einst zu Plagen
Die schickt, und die zu Gottes Angesicht
Im Original
Ma vedi: molti gridan "Cristo, Cristo!",
che saranno in giudicio assai men *prope*
a lui, che tal che non conosce Cristo;
e tai Cristian dannerà l'Etiòpe,
quando si partiranno i due collegi,
l'uno in etterno ricco e l'altro inòpe
Doch sieh: Viele rufen „Christus, Christus!“
die beim Gericht ihm weniger nah
als der der Christus nie gekannt
und diese Christen werden die Nichtchristen verachten
wenn sie sich spalten in zwei Gruppen,
die eine auf immer reicht, die andere arm auf ewig
Das ist ein bisschen merkwürdig, weil man die Terzine auch so lösen könnte, dass sich die Gruppe der Pseudochristen der Nichtchristen in zwei Gruppen spalten, die anderen reich, die anderen für immer arm. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass auch alle möglichen Ungetauften im Paradies gelandet sind, könnte man glatt meinen, dass Dante hier mal doch sein eigenes Hirn eingeschaltet hat und den Ratschluss Gottes doch nicht begriffen hat. Die Äthiopier stehen hier allgemein für die Nichtchristen.
Was soll der Perser euren Königen sagen,
Wenn ihre Schmach und ihrer Frevel Saat
Er vor sich im Schuldbuch aufgeschlagen
Perser stehen auch für Nichtchristen. Aus dieser Stelle kann man noch herauslesen, dass Dante davon ausgeht, dass die Taten eines Menschen beim Jüngsten Gericht eine Rolle spielen. Die Bedeutung des konkreten Handelns wird innerhalb des Christentums kontrovers diskutiert, gehört aber auch nicht gerade zu den Fragen, die sich dem Autor aufdrängen.
Dort wird er finden Albrechts Missetat
Die bald vom Schreibrohr wird verzeichnet stehen-
Durch die dem Pragerland Verwüstung naht
Im Original
Lì si vedrà, tra l'opere d'Alberto,
quella che tosto moverà la penna,
per che 'l regno di Praga fia diserto
Dort wird er sehen, unter den Taten des Albrechts,
die die bald den Stift wird in Bewegung setzen,
durch die Königreich von Prag verwüstet
Gemeint ist Albrecht I aus dem Hause Habsburg (geb. 1255, gest. 1308). Dieser
erhob Ansprüche
auf Polen und geriet dadurch in Kollisionskurs mit Wenzel II (geb. 1271, gest.
1305) in Prag, König von Böhmen. 1304 führte Albrecht Krieg
gegen Wenzell II, allerdings kam es hierbei nicht zur Zerstörung Prags.
Was Dante jetzt veranlasste, Stellung zu beziehen gegen Albrecht und nicht
gegen Wentzel ist unklar. Die Ansprüche Wentzels auf Großpolen waren
umstritten. Die Ansprüche ergaben sich durch seine Verbindung mit der
minderjährigen Eliska Rejcka, der Tochter des letzten Przemyslaw II. Der
Begriff Erkenntnisfähigkeit wird bei Dante offensichtlich sehr weit ausgelegt,
bezieht sich auch auf die Beurteilung von Ereignissen seiner Zeitgeschichte.
So wenig wie die Gerechtigkeit Gottes durch uns Sterbliche nachvollzogen werden
kann, können wir auch Urteile nachvollziehen, die Dante über seine
Zeitgenossen fällt. Die historischen Fakten sind weitgehend irrelevant,
sie gehören zu dem Reich, das wir Erdenwürmer noch verstehen. Dantes
Reich ist aber ungleich größer, hier spielen historische Fakten
keine Rolle mehr, es ist das Reich des Glaubens, der Gewissheit ist.
Auch Frankreichs Schmerz wird er geschrieben sehen,
Weil Münzverfälschung der treibt an der Seine,
der durch den Eberzahn wird untergehen
Das mit dem Eber ist eine Prophezeihung aus der Sicht der Vergangenheit, Dante schreibt tatsächlich im Futur I (morrá). Phillip der Schöne wird, so die Legende, auf einer Jagd von einem Eber platt gemacht. Der Autor hat für diese Legende keine Belege finden können. Wenn sie zutrifft, muss der gute Mann schon einmalig blöd gewesen sein. Das mit der Münzverfälschung ist nun ohne Kenntnis der ökonomischen Zusammenhänge kaum zu bewerten. Allein die Tatsache, dass der Goldanteil verringert wurde, heißt noch nicht, dass mit negativen Folgen auf die Wirtschaft zu rechnen ist. Problematisch ist der Vorgang nur dann, wenn das Wachstum der Geldmenge stärker ansteigt, als das Bruttosozialprodukt, weil dann das überschüssige Geld, bei konstanter Kassenhaltung, durch die Inflation absorbiert würde. Unter bestimmten Umständen kann aber eine Politik des leichten Geldes das Bruttosozialprodukt aber auch wachsen lassen. Dante hätte, bevor er ein Urteil fällt über die Geldschöpfung Phillip des Schönen, klären müssen, welches denn überhaupt die optimale Geldmenge unter den gegebenen Bedingungen war. Das tiefe Rätsel, das das Mittelalter aufgibt, ist nun dies: Wie kommt man eigentlich auf die Idee, sich über die verschiedenen Seelen, die natürliche Vernunft, Gottes Gnade, die Trinität etc. etc. Gedanken zu machen, aber nie über die Funktion und den Wert des Geldes, mit dem man täglich seine Spaghetti kauft? Dante hätte doch mal auffallen müssen, dass der Wert des Geldes nichts mit dessen Goldanteil zu tun hat, denn wäre dem so, gäbe es ja nur so viele Waren, wie es Gold gibt. Das mag zwar suggestiv gewesen sein, weil man die Münzen in der Hand hatte, zeigt aber, dass es auch auf der Erde einiges gibt, was jenseits der sinnlichen Wahrnehmung liegt, aber durch Analyse durchaus erschlossen werden kann. Der Autor ist zunehmend der Meinung, dass die Grenzen zwischen einer Ideologie und einer psychotischen Wahrnehmungsstörung absolut gering sind. Beide führen dazu, dass nur noch die Fragen gestellt werden, die sich innerhalb eines völlig verrückten Systems stellen. Die Antworten darauf führen dann noch zu viel verrückteren Fragen, das hat eine enorme Eigendynamik. So gesehen hat auch das Treiben der Geisteswissenschaften psychotische Züge. Wenn man mal so kurz durch Netz streift und schaut, mit was sich die Romanistik zum Beispiel alles befasst, fragt man sich schon, was da los ist. Da finden wir sowas.
-Topologie oder Topographie: Wohin geht die Wende zum Raum?
- Die Kolonie in der Metropole – schwarze Körper in der französischsprachigen
Literatur der 20er Jahre
- Das mentale Aquarium. Lyrik des Symbolismus
- Selbstkultur und Selbsterhaltung. Spielräume literarischer Anthropologie
in der frühen
Neuzeit
- Spielwelten. Performanz und Inszenierung in der Renaissance,
Etc. etc. etc.
Wow! Wenn ich mir das jetzt so überlege, finde ich, dass es bei den Fragen Dantes um Dinge geht, die der Menschheit auf den Nägeln brennen, die sofort beantwortet werden müssen. Wenn ich mir das so überlege, glaub ich, dass ich auch noch eine Habilitation schreiben muss.
Die Eckigkeit des Buches als Symbol intertextueller Referenzierung aus normativer und anthropologischer Sicht.
Eines muss man den Jungs und Mädels aber lassen, Multikulti machen sie nicht. Aber mal ganz back to earth. Soll man wirklich einen Lehrer auf Schüler loslassen, der drei Proseminararbeiten und drei Hauptseminararbeiten über Themen wie „Spielräume literarischer Anthropologie in der frühen Neuzeit“ geschrieben hat? Wühlen Sie mal in Ihres Busens tiefstem Grunde. Kann das was werden?
Dort steht: Wie hochmutsvoll gesträubt die Mähne
Englands und Schottlands war, so dass die Toten
Nicht Maß und Ziel gekannt für ihre Pläne
Im Original
Lì si vedrà la superbia ch'asseta,
che fa lo Scotto e l'Inghilese folle,
sì che non può soffrir dentro a sua meta
Dort sieht man den Hochmut, der Begierde weckt,
der den Schotten und den Engländer zur Irrsinn entfacht,
so dass keiner mehr erträgt, die Grenzen seines Reiches
Gemeint ist Eduard I oder sein Sohn Eduard II auf englischer Seite und einer der zahlreichen Schotten, die sich dessen Ansprüchen auf Schottland wiedersetzten, also Robert I, William Wallace oder John Conym. Was die englischen Protagonisten angeht, ist das jetzt schwierig. Eduard II war zu schwach, um allzuviel Unruhe zu stiften und Eduard I, wird achten Gesang (zweitletzte Terzine) des Läuterungsberges so beschrieben.
Vedete il re de la semplice vita
seder là solo, Arrigo d'Inghilterra:
questi ha ne' rami suoi migliore uscita
Seht dort den König, der genügsam lebte,
allein dort sitzen, Heinrich von England:
Dieser hatte mehr Erfolg mit seinen Zweigen
Gemeint ist Heinrich III, der hatte mehr Erfolg mit seinen Erben, nämlich
mit Eduard I. Diesen findet Dante dort wahrscheinlich gut (während hier
ja beide, sowohl der Engländer wie der Schotte verrückt sind), weil
er einen Kreuzzug führte, ein Parlament schuf und das Münzwesen wie
das Rechtssystem reformierte. Hier aber sind jetzt seine Sünden niedergeschrieben.
Das kann zwei Gründe haben. Entweder hat Dante den Überblick über
seine Personalausstattung verloren, wahrscheinlich, oder ihm schwant, dass
eine schematishe Zuordnung irgendwo in der Hölle, im Läuterungsberg
oder Paradies der Komplexität des prallen vollen Lebens und seiner Erscheinungen
nicht gerecht wird. Das halten wir für eher unwahrscheinlich. In Frage
kämen viele, aber höchstwahrscheinlich ist Robert I (geb. 1274, gest.
1329) gemeint, der Schottland zwar nicht zu Lebzeiten Heinrichs I von England
lösen konnte, aber nach dessen Tod. Die Beurteilung seiner Person ist
schwierig. Dante schafft es zwar, aus dem entfernten
Italien sich ein umfassendes Bild über zeitgenössische Ereignisse
im zur damaligen Zeit weit entfernten England zu machen, aber Dante hat ja
auch die Kraft des Glaubens, die dem Autor leider abgeht. Es gibt aber einen
ausführlichen Artikel zu Robert I bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_I._(Schottland).
Dem Spanier auch und Böhmen wird man zollen
Ein Blättlein für ihr üppiges Geschlemm,
Die Tugend nie gekannt, noch lieben wollen,
Im Original
Vedrassi la lussuria e 'l viver molle
di quel di Spagna e di quel di Boemme,
che mai valor non conobbe né volle
Man wird die Wollust sehen und das träge Leben
von jenem, der in Spanien wohnt und von jenem in Böhmen,
der nie die Tugend kannt, noch wollte
Die Kommentare gehen davon aus, dass Dante hier Zeitgenossen beschreibt, dann
wäre der Spanier Ferdinand IV und der Böhmer wäre entweder Wenzel
II oder dessen Sohn Wenzel III. Ferdinand IV (geb. 1285, gest. 1312) war der
Sohn von Sancho IV. Da er ja nur 27 Jahre alt wurde und die ersten 18 Jahre
unter der Fuchtel seiner Mutter stand, waren seine Möglichkeiten sich
den Wonnen des Fleisches hinzugeben beschränkt, abgesehen davon war er
verheiratet. Wir schließen daraus, dass der Axel Springer Verlag irgendwie
um 1300 gegründet wurde und Bild berichtete. Was er Wenzel III (geb. 1289,
gest. 1306) vorwirft ist auch unklar. Der Papa war bei Dante noch ok, weil
der über abwegige Verbindungen Anspruch auf Großpolen erhob, das
zeugt von Manneszucht und Größe. Der Sohn
hatte aber wohl keine Lust sich mit Albrecht I zu schlagen und einigte sich
mit diesem. Dann verlor er noch ein paar andere Teile seines Reiches, was Dante
offensichtlich dazu bringt, ihn als Schlaffi zu bezeichnen.
Man sieht beim Lahmen von Jerusalem
Mit I bezeichnet dort sein bisschen Güte
Doch das gewaltige Gegenteil mit M
Im Original
Vedrassi al Ciotto di Ierusalemme
segnata con un i la sua bontate,
quando 'l contrario segnerà un emme.
Sehen wird man den Lahmen von Jerusalem
und ein I wird stehen für seine guten Taten,
doch vor dem Gegenteil davon ein M
Der Spitzname der Lahme verweist auf Karl II von Anjou, der Königs von Neapel. Von seinem Vater Karl I von Anjou hatte er den Titel König von Jerusalem geerbt, der diesem 1277 durch Vermittlung des Papstes erlangt hatte.
Dort steht, wie feig und geizig im Gemüte
Der, den man auf der Kraterinsel trifft,
Wo lang das Alter des Anchises blühte
Im Original
Vedrassi l'avarizia e la viltate
di quei che guarda l'isola del foco,
ove Anchise finì la lunga etate;
Dort wird man sehen den Geiz und die Niedertracht
Dessen der betrachtet die Feuerinsel,
wo Anchises beendete das hohe Alter
Die Feuerinsel ist Sizilien, dort ist der Ätna, der spuckt ab und zu
Feuer. Der, der die Feuerinsel zu Dantes Zeit betrachtete, ist Friedrich II
von Sizilien (also nicht der Urenkel von Barbarossa). Geboren wurde er 1272.
Er starb 1337. Er war Enkel von Manfred von Sizilien, an den Thron kam er über
seine Mutter, der
Tochter desselben, die wiederum mit Peter von Aragonien verheiratet war. Was
Dante allerdings gegen ihn hat, ist völlig unklar, war er doch ein treuer
Bundesgenosse des von ihm verehrten Heinrich VII. Auch sonst ist nichts Negatives über
ihn bekannt. Da wir aber bereits gelernt haben, dass Gottes Gerechtigkeit völlig
undurchschaubar ist und diese Undurchschaubarkeit auch logisch stringent von
Thomas von Aquin vorgetragen wurde, gehen wir jetzt einfach davon aus, dass
Friedrich II bis zum heutigen Tag in der Hölle schmort. Anchises ist der
Paps von Aeneas, der starb da.
Bei ihm bedürfte großen Raums der Stift:
Drum, dass sein Blatt dem schandbarn Leben gleiche,
Wird man es buchen in gedrängter Schrift
Im Original
e a dare ad intender quanto è poco,
la sua scrittura fian lettere mozze,
che noteranno molto in parvo loco
und damit man gibt zu verstehen, wie gering er war,
muss die ihm gewidmete Schrift in Kürzeln geschrieben sein,
die viel notieren werden, auf wenig Platz
Gegen Friedrich II von Sizilien hat er was, den nimmt er auch im VII Gesang des Purgatoriums in die Mangel. Allerdings verrät er uns auch dort nicht den Grund seines Missfallens. Also wenn Gottes Gerechtigkeit ähnlich undurchschaubar ist wie die Gerechtigkeit Dantes, dann wird das mit dem Paradies voll der Abenteuertripp.
Vermerkt stehn auch des Ohms und Bruders Streiche,
Die schnöd und frevelhaft entehrt im Fall
Ein edles Stammhaus und zwei Königreiche
Im Original
E parranno a ciascun l'opere sozze
del barba e del fratel, che tanto egregia
nazione e due corone han fatte bozze
und jeder wird sehen die schmutzigen Werke
des Bärtigen und des Bruders, die so
hochstehende Nationen und zwei Kronen entehrten
Barba scheint ein Audruck für Onkel zu sein, der damals in Norditalien gebräuchlich war. Der Onkel ist Jakob II von Mallorca (wir reden immer noch von Friedrich II von Sizilien, dessen Vater war Peter III von Aragonien und der hatte den gleichen Papa wie Jakob II von Mallorca, nämlich Jakob I von Aragonien, so dass Jakob II von Mallorca der Onkel von Friedrich II von Sizilien war). Bis hierhin sind sich alle Kommentatoren einig, der Onkel ist der Onkel von Friedrich II von Sizilien und es handelt sich um Jakob II von Mallorca. Der Bruder allerdings ist ein Osterei, das nicht mehr gefunden werden kann, weil weder gesagt wird, um wessen Bruder es sich handelt (ein Bruder des Onkels, also ein weiterer Onkel, oder um einen Bruder Friedrich II von Sizilien oder ist es der Bruder desjenigen, gegen den sich der Onkel und der Bruder verbündeten) noch richtig klar ist, gegen wen sich die Attacke richtete, bzw. ob sich hier nicht zwei Brüder gegenseitig attackierten. Letzteres, als dass sich zwei Brüder gegenseitig attackierten, kann auch der Terzine zwar nicht entnommen werden, aber so interpretiert es Baehr in der schon öfter genannten Reclam Ausgabe.
der Oheim: Jakob von Mallorca (1243 – 1311), der sich mit Phillip dem Kühnen zum Krieg gegen seinen Bruder, Peter III von Aragon verband.
Nach dieser Version wäre mit Bruder also der Bruder desjenigen gemeint, der Ziel des Bündnisses ist. In Bezug auf Friedrich II von Sizilien hätte sich Papa mit Onkel gestritten. Italienische Kommentatoren gehen davon aus, dass der genannte Bruder, wie der Onkel auch, sich ebenfalls auf Friedrich II von Sizilien bezieht, dann wäre es Jakob II von Aragonien. Der hatte auf seine Ansprüche auf Sizilien zugunsten des Hauses Anjou verzichtet, bekam dafür vom Papst Sardinien. Die Sizilianer aber wollten Friedrich als König und daraufhin führte Jakob II von Aragonien 1296 – 1299 Krieg gegen Friedrich. Diese Interpretation hat den Schönheitsfehler, dass Jakob II von Mallorca mit dem Thema nichts zu tun hat. Möglich also, dass Dante sich auf zwei Konflikte bezieht, einen, bei dem der Onkel und ein anderer, bei dem der Bruder beteiligt war. In Anbetracht der Tatsache aber, dass der Umgang mit geschichtlichen Fakten bei Dante, sagen wir mal, unmotiviert ist, ist es im Grunde völlig wurscht, um wenn es sich handelt. Offensichtlich sieht Dante das ähnlich, denn es besteht seinerseits offensichtlich nicht mal ein Interesse daran, kenntlich zu machen, um wenn es sich überhaupt handelt, geschweige denn diesen im Kontext der historischen Fakten zu beschreiben. Das Paradies und die Geschichte ähneln sich also bei Dante insofern, als beide jegliches empirischen Substrates entbehren. Im Hinblick auf das Paradies konzedieren wir noch, dass es sich um ein systembedingtes Problem handelt, im Hinblick auf die Geschichte jedoch, ist es Unvermögen, denn die Geschichte, die Weltgeschichte wie auch die persönliche Geschichte, ist geradezu die Definition des empirischen Substrates. Ein begabter Dichter, wie etwa Schiller im Wallenstein, kann sie zum Leben erwecken. Bei Dante ist vorne nix und hinten nix. Und vorne ist vor allem deswegen nix, weil hinten auch nix war, denn ohne empirisches Substrat, gibt es keine Dichtung. Der Autor hatte tatsächlich schon seit frühester Kindheit den Eindruck, dass eine von jedem empirischen Substrat gereinigte Sprache entweder Ursache oder Ausdruck des Irrsinns ist. Ob Ursache oder Audruck, lässt sich kaum unterscheiden. Das Problem ist der Sprache inhärent, ist bedingt durch ihre Mittelbarkeit.
Und den von Portugal und von Norwegen
Wird man dort kennenlernen, den von Serbien,
Der besser nicht gesehn Venedigs Münze
Im Original
E quel di Portogallo e di Norvegia
lì si conosceranno, e quel di Rascia
che male ha visto il conio di Vinegia
Und den von Portugal und von Norvegen
wird man dort wiederfinden, und den von Serbien
Der gierig schielte auf die Münze Venedigs
Gleiches Spiel. Da faktisch keine weiteren Angaben gemacht werden, ist eine
Identifikation der Personen nur durch die Regeln der fortgeschrittenen Ostereiersuche
möglich. Man muss also annehmen, dass es die jeweiligen Könige dieser
Länder sind, die referenziert werden. Das Prinzip Osterei ist also nur
möglich, wenn es Personen geht, die über Zwangsnahmen einen so großen
Teil des Bruttosozialproduktes requerieren konnten, dass die Realisierung irgendwelcher
besonderen Taten möglich war. Fehlt jede Angabe, ist derjenige anzunehmen,
der den größten Zugriff auf das Bruttosozialprodukt hatte. Die Namen
als solche werden dann so sinnfrei verwendet, wie Wörter im Allgemeinen.
Wenn die Sprache an sich schon ihres empirischen Substrates beraubt ist, ein,
um es mit den Worte Hegels zu sagen reines „für sich sein“ ist,
dann macht es auch keinen Sinn, Namen mit Inhalt zu besetzen, zu sagen, für
was sie stehen. Hinter den Namen steckt dann so wenig ein Mensch, wie hinter
einem Wort ein Inhalt. Einzig die grammatikalische Konsistenz suggeriert Kohäsion.
Man könnte diese Sprache auch auf den Jupiter schießen, wo sie ja
bei Dante tatsächlich gesprochen wird. Da sie nichts Irdisches mehr an
sich hat, wird sie auch da verstanden. Ohne empirisches Substrat beschreibt
Sprache nichts. Möglich, dass uns Dante durch die Reinigung der Sprache
von jedem empirischen Substrat einen Hinweis geben wollte, wie er sich das
Paradies vorstellt, die Sprache sozusagen als höchster Ausdruck des Wesens
Gottes. Gott ist dann universal, war schon immer da, er ist der Anfang und
das Ende und der utopische Horizont. Denn Gott ist dann nichts, nichts war
schon immer da, das Nichts steht am Anfang und am Ende und das Nichts ist der
utopische Horizont. Prost Neujahr.
Gemeint ist König Diniz von Portugal. Dioniysius oder Dom Dinis (geb.
1261, gest. 1325) war König von Portugal seit 1279. Was Dante zu seiner
Bewertung veranlasst ist völlig unklar. Eingegangen in die Geschichte
ist Dionysius mit dem Beinamen der Ackerbauer, weil er sich um eine höhere
Produktivität kümmerte. Seine Regierung hat insgesamt eher fortschrittliche
Züge (Gründung einer Universität, Lösung von Konflikten
mit diplomatischen Mitteln, Förderung des Portugiesischen). Er starb vom
Volk hochverehrt. Der Norveger ist Hakon V (geb. 1270, gest. 1319). Auch über
ihn ist nichts bekannt, was so eindeutig wäre, dass man Urteil Dantes
nachvollziehen könnte. Wir bezweifeln zwar sehr stark, dass die Philologenzunft
zu irgendwas fähig und in der Lage ist und wird sie eher mal in ein Kloster
schicken damit sie dort in Klausur gehen und über ihre Stellung in der
Welt nachdenken, aber eines könnten sie tun, das hätte einen Nutzwert.
Man könnte versuchen zu ermitteln, aus welchen Quellen sich Dante über
zur damaligen Zeit sehr, sehr entfernte Länder wie Norwegen informierte.
Vielleicht ist die Ostereiertaktik auch in der schlichten Tatsache begründet,
dass er nichts Genaues wusste und mit Hilfe des dunklen Raunens über die
Tatsache hinwegtäuschen wollte, dass er eigentlich keine Ahnung hat. Das
geht ok. Der Autor war lange genug Dozent für so komische Fächer
wie Informatik und BWL um mit den Grundlagen der erfolgreichen Dozententätigkeit
vertraut zu sein. Die wichtigste Regel lautet: Wenn du sie nicht überzeugen
kannst, verwirre sie. Gemeint ist Stephan Urosch II Milutin (geb. 1282, gest.1321)
. Dieser war 1282 seinem abgesetzten Bruder auf den Thron gefolgt. Der führte
zwar auch einen Haufen Kriege, sprengt aber nicht den Rahmen des Üblichen.
Bekannt ist er als Kunstmäzen, Gründer von Krankenhäusern. Ein
paar Dinge sind reichlich grenzwertig. Er übergab seinen Sohn als Geisel
Kara Nogai Khan, einem Mongolen Fürsten, der dort mit seiner goldenen
Horde sein Unwesen trieb. Nach seiner Rückehr und nachdem er einen Aufstand
angestachelt hatte, ließ er ihn, so die Legende, blenden. Grenzwertig
ist auch die Vermählung mit der fünfjährigen Tochter des Andronikus,
des Kaisers von Byzanz. Eine Bestätigung für das, was Dante behauptet,
dass er die Münzen Venedigs gefälscht habe, hat der Autor nicht finden
können. Und selbst wenn er es in böser Absicht getan hat, heißt
das noch lange nicht, dass sich objektiv ein Schaden ergeben hat. Nach der
Auffassung Dantes wäre z.B. so etwas wie die massive Geldschöpfung
in Spanien nach der Eroberung Südamerikas, durch den massiven Zustrom
an Gold, legitim. Die Münzen waren tatsächlich aus Gold. Allerdings
hat der Autor hierüber mal eine Arbeit geschrieben. Die Entwicklung der
hierdurch bedingten Inflation lässt sich anhand der Einkäufe ermitteln,
die ein Krankenhaus mit gleichbleibendem Patientenstamm zahlte. Diese stiegen
in der Tat gewaltig. Der Zustrom an Gold war der Anfang des Niederganges Spaniens. Ähnliches
wird auch aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges berichtet, auch
dort wurde der Anteil an Edelmetall mit Verlauf des Krieges immer dünner.
Da aber andere Mächte zu dem selben Mittel der Geldschöpfung greifen
werden, dürfte sich lediglich ein allgemein höheres Preisniveau eingestellt
haben. Da die Anpassung an die Preisentwicklung in den verschiedenen Gesellschaftsschichten
unterschiedlich schnell erfolgt, haben wir mit einer Wirkung auf die Verteilung
zu rechnen.
Heil dir, o Ungarn, bist du erst der herben
Misshandlung frei! Navarra, wohl auch dir
Schützt erst dein Bergesgurt dich vorm Verderben!
Die herbe Misshandlung hätte darin bestanden, dass Karl von Anjou, genannt
Karl Martell (nicht zu verwechseln mit dem Karl Martell, der die Dynastie der
Karolinger begründete, das war fast 700 Jahre früher) war der Sohn
Karls II von Anjou, König von Sizilien. Dieser wiederum war verheiratet
mit Maria von Ungarn, die wiederum hatte Ansprüche auf den Thron von Ungarn,
womit dann eben auch ihr Sohn, Karl Martell, Ansprüche auf den Thron hatte.
Diesen aber wiederum wollten die Ungarn nicht als
König haben, worauf sich Karl Martell damit begügnete, formal König
von Ungarn zu sein, aber die Ungarn machen zu lassen, worauf sie Lust hatten.
Das mit Navarra ist dann eine ganz andere Geschichte. Phillip IV, der Schöne,
war mit Johanna I (geb. 1273, gest. 1305) verheiratet. Diese regierte aber
Anfangs in Navarra allein. Als diese stirbt, wird der gemeinsame Sohn, Ludwig
X (geb. 1289, gest.1316) König von Navarra. Damit ist dann Frankreich
und Navarra unter der Herrschaft einer Familie und da Dante ganz prinzipiell
und grundlegend etwas gegen das französische Königshaus hat, war
das schlecht. Wer es nicht weiß, Navarra lag etwa dort, wo heute das
Baskenland liegt, also westlich der Pyrenäen. Diese sollen auch Navarra
vor Frankreich schützen.
Schon Famagost – das glaube jeder mir -
Und Nicosia klagt und winselt heute
Im Vorschmack über dies verruchte Tier,
Das sich nicht trennt vom Schwarm der andern Meute!
Famagusta und Nikosia sind zwei Städte in Zypern. Die jammern, so Dante, unter Heinrich II, Graf von Lusignan, der seit 1300 Hundert dort König ist. Er war gleichzeitig der letzte König von Jerusalem.