Wie töricht ist dein Sorgen doch und Hasten,
O Mensch! – Wie trugvoll sind die Syllogismen,
Die den Gedankenflug mit Blei belasten!

Der folgt dem Jus und der den Aphorismen,
Dem steht nach Priesterwürden nur der Sinn,
Der strebt nach Macht durch Waffen und Sophismen,

Der hofft durch Handel, der durch Raub Gewinn;
Der eine ringt, von Sinneslust umschlungen,
Der andre sinkt durch Müßiggang dahin -:

Im Original

O insensata cura de' mortali,
quanto son difettivi silogismi
quei che ti fanno in basso batter l'ali!

Chi dietro a *iura*, e chi ad amforismi
sen giva, e chi seguendo sacerdozio,
e chi regnar per forza o per sofismi,

e chi rubare, e chi civil negozio,
chi nel diletto de la carne involto
s'affaticava e chi si dava a l'ozio,

Oh unbesonnenes Streben der Sterblichen,
wie kläglich sind doch eure Syllogismen,
die deine Flügel nach unten drücken

Der eine folgt den Rechtsgelehrten, der andere
den Aphorismen, der andere will Priester werden
der nächste will durch Gewalt regieren und Sophismen

der stiehlt, jener sucht sein Glück im Handel,
der ist beherrscht von der Glut der Sinne,
dieser siecht im Müßiggang dahin

Das ist natürlich eine Bestandsaufnahme, die man so sehen kann, man kann es aber auch anders sehen. Die Problematik ist bekannt, die konstruktivere Haltung dazu steht bei Molière beschrieben.

Man muss die Menschen wie sie sind halt akzeptieren
Und sich mit Ihrem Tun geduldig arrangieren

Ein Teil der Problematik kommt auch dadurch zustande, dass bei einem Großteil der Zeitgenossen schlicht der Durchblick fehlt. Ein anderer Teil meint, es ist eine schöne Aufgabe, Leute auszuquetschen und von einer gegebenen Torte einen möglichst großen Teil abzubekommen. Richtige Kerle machen solche Kindereien natürlich nicht. Die beschäftigen sich damit, Potentiale und Kreativität aus den Leuten rauszuholen und die Torte zu vergrößern, das ist langfristig ökonomisch interessanter. Dante allerdings ist mit seinem Gejammer ein erbärmlicher, jämmerlicher Kleingeist. Wer eine Lobeshymne singt und eine Hagiographie schreibt auf so einen Trümmerhaufen wie das Römische Reich, also auf eine Sklavenhaltergesellschaft, der soll anschließend nicht über die Verderbtheit der Welt klagen. So jemand ist Teil derselben. Auch die Philologentrottel mögen schweigen. Wer dafür bezahlt wird, Kultur so darzustellen, dass es unter die Haut geht, aber tatsächlich nur Stroh drischt, soll sich einen Job bei der Bildzeitung suchen, da sind Phrasendrescher gut aufgehoben. Dass Dante sich über den Gebrauch von Syllogismen beschwert, ist natürlich höchst eigenartig. Der Begriff bezeichnet ein bestimmtes Argumentationsmuster der Art:

Alle Menschen sind sterblich.
Die Griechen sind Menschen.
Die Griechen sind sterblich.

Das ist erstmal richtig. Wenn alle Menschen sterblich sind und die Griechen Menschen sind, dann sind auch die Griechen sterblich. Allzu weit wird man aber mit der Konstruktion nicht kommen.

Alle Menschen haben zwei Augen.
Fische haben zwei Augen.
Fische sind Menschen.

Syllogismen sind hier http://de.wikipedia.org/wiki/Syllogismus ausführlich beschrieben. Teilweise sind die dort genannten präzisierenden Regeln und Einschränkungen aber auch als Versuch zu verstehen, die Beweiskraft von Syllogismus zu immunisieren. Kommt Unsinn raus, ist es eben kein Syllogismus. Wir vermuten aber eher und so interpretieren es auch italienische Kommentatoren, dass Dante mit `Syllogismus` schlicht falsche Schlussfolgerungen meint (erronei ragionamenti). Mit den Flügeln durchhängen ist das natürlich auch so eine Sache. Dem Autor hängen die durch, wenn der utopische Horizont und das Summum Bonum das Paradies à la Dante ist. Richtig schwierig ist dann diese Terzine.

Chi dietro a *iura*, e chi ad amforismi
sen giva, e chi seguendo sacerdozio,
e chi regnar per forza o per sofismi,
Der eine folgt den Rechtsgelehrten, der andere
den Aphorismen, der andere will Priester werden
der nächste will durch Gewalt regieren und Sophismen

Modern daran ist das Misstrauen gegen Rechtsgelehrte, die rücken bei Dante wohl in die Richtung von Winkeladvokaten. Mit den amforismi (Aphorismen) ist unter Umständen die Aphorismen Sammlung des Hippokrates gemeint, der formulierte seine medizinischen Lehrsätze als Aphorismen. In diesem Falle wäre es eine Attacke gegen die Medizin. Wenn Aphorismen im heutigen Sinne gemeint sind, wäre es, in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten von Philosophen stammen, eine Spitze gegen die Philosophie. Wir vermuten bei dem „Priester werden“, dass Dante nicht prinzipiell etwas gegen den Priesterberuf einzuwenden hat, sondern gegen Leute, die Priester werden wollten, weil das ökonomisch reizvoll war. Was er wiederum gegen Leute einzuwenden hat, die mit Gewalt regieren wollen, ist nach seiner Hymne auf das römische Reich völlig schleierhaft. Es müsste ihm doch klar sein, dass das römische Reich lediglich durch Gewalt zusammengehalten wurde. Der Sophismus ist vereinfacht gesagt ein Trugschluss. Hier ist wohl, modern ausgedrückt, der ideologische Überbau gemeint, der die Machtverhältnisse begründen will. Bleibt nur noch die Frage, in Anbetracht seiner Attacken gegen „Häretiker“, anders Gläubige, Feinde des Kaisers etc., ob Dante nicht selber ein bedeutender Sophist war. Weiter sehen wir, dass er gegen vieles wettert, Diebe und die der Sinneslust Ergebenen weitgehend auf eine Stufe stellt und Begriffe reichlich statisch und undifferenziert verwendet. Wir sehen aber, außer seinem Idiotenparadies voller Ringelreihe tanzenden Lichtgestalten noch keinen faszinierenden utopischen Horizont, geschweige denn den Ansatz einer halbwegs kohärenten Gesellschaftsordnung. Wer sich also für Dante begeistert, wird sich schon die Frage stellen lassen müssen, ob er außer der Vorstellung in einer Mikrowelle geschmort zu werden keine Vision von Glück hat. Wer, wie die Jungs und Mädels von der Dante Gesellschaft diese Frage mit „ja“ beantwortet, der macht in seinem Leben irgendwas falsch. Die extremen Ränder, also die von den Massenmedien verwalteten und die verbeamteten Geistlichen haben im Grunde das gleiche Problem: Ein vollgemülltes Hirn und keine Vision von Glück, geschweige denn eine Vision für die Gesellschaft.
Indessen ich, dem Trubel ganz entrungen,
Mit Beatricen droben ward empfangen,
Von Himmelslust und Seligkeit umklungen! -

Im Original

quando, da tutte queste cose sciolto,
con Beatrice m'era suso in cielo
cotanto gloriosamente accolto
Als ich, von alldem gelöst
mit Beatrice nach oben schwebte
so ruhmreich ward empfangen

Das Problem ist, dass auch das ein Wortgeklingel ist. Einen Moment der Losgelöstheit von der Welt kann man beschreiben, allerdings überzeugend nicht so.

Als sich die Geister wieder rückwärtschwangen,
Im Kreise standen auf der alten Stelle
Gleich Lichtern, die in hohen Leuchtern prangen,

Da schien mir‘ s, dass die Stimme wieder quelle
Aus jenem Licht, das vorhin begonnen;
Jetzt sprach ich lächelnd, doch in reinrer Helle:

„Wie ich im Glanze Gottes bin entbronnen,
Hab ich im Aufblick zu dem ewgen Lichte
Kenntnis von deines Denkens Grund gewonnen.

Im Original

Poi che ciascuno fu tornato ne lo
punto del cerchio in che avanti s'era,
fermossi, come a candellier candelo.

E io senti' dentro a quella lumera
che pria m'avea parlato, sorridendo
incominciar, faccendosi più mera:

«Così com'io del suo raggio resplendo,
sì, riguardando ne la luce etterna,
li tuoi pensieri onde cagioni apprendo.

Dann als alle wieder angekommen, an jenem
Punkt des Kreises wo sie vorher waren,
standen sie still, wie die Kerzen im Kandelaber

Und ich fühlte im Innern jenes Lichtes,
das zuerst zu mir gesprochen, den
Anfang eine Lächelns, was noch den Glanz verstärkte

So wie ich von seinem Strahl erleuchtet,
wenn ich das ewige Licht betrachte
so kann ich bis zum Grunde deines Denkens schauen

Also Thomas von Aquin wird von oben angestrahlt und weil er von oben angestrahlt wird, kann er die Gedanken Dantes lesen. So weit so gut.

Du zweifelst, du verlangst, dass ich in schlichte
Und klare Worte meine Rede kleide
Und deiner Fassungskraft gemäß berichte,

Na ja, im Prinzip schon. Das erwartet der Autor eigentlich immer, dass sich jemand klar und verständlich ausdrückt. Ganz im Gegensatz zu dem, was viele Leute glauben, besteht nämlich die hohe Kunst darin, komplizierte Zusammenhänge einfach auszudrücken und nicht darin, einfache Zusammenhänge kompliziert. Das Problem ist, dass wenn Thomas von Aquin das sagt, dann fühlt sich der Autor etwas veräppelt. Sagt das nämlich jemand, der im Grunde lediglich verquast ausgedrückten Hokuspokus von sich gibt, dann wirkt das obige schon ziemlich provokativ, insbesondere die Bemerkung „deiner Fassungskraft gemäß berichte“.

Was ich gemeint mit „Fettsein auf der Weide“
Und was ich sprach vom „weisheitsvollsten Munde“ -
Und hier ist‘ s nötig, dass man unterscheide!

Er bezieht sich auf das vorherige Geträller:

Ich war der Lämmer eins, die in der Herde,
Mit Sankt Dominikus zur Weide ziehn,
Wo fett wird, wenn kein Tand mehr macht Beschwerde.

Paradies, 10. Gesang

Thomas von Aquin verweist auf das Gelübde der Armut, das die Dominikaner, ein solcher war er selbst, ablegten.

Er wird uns jetzt im Folgenden das Leben des Franz von Assisi vorstellen und uns irgendwie klar zu machen versuchen, dass Armut an sich ein Wert ist. Es gibt wohl eine Bevölkerungsgruppe, die dem unbedingt zustimmt, nämlich die, die richtig Asche haben. Die stimmen dem aber auch nur solange zu, bis sie verstehen, dass ein Sinken der Konsumquote unter Umständen auch die Gewinne schmälert, insofern ist eine staatlich organisierte Umverteilung auch für diese Gesellschaftsschicht sinnvoll. Extreme Einkommensunterschiede führen zu einer sehr hohen Sparquote, die selbst in der klassischen Nationalökonomie zumindest kurzfristig zu einem Ungleichgewicht auf dem Gütermarkt führt. In die Details wollen wir aber gar nicht einsteigen, wir haben nur das sehr starke Gefühl, dass aus heutiger Sicht Armut kaum ein Wert an sich sein kann. Wir glauben auch nicht, dass es irgendetwas geholfen hat, dass Johannes Paul II Franz von Assisi 1980 zum Patron des Umweltschutzes erklärt hat.

Die Vorsicht – die das Weltall lenkt im Bunde
Mit solcher Weisheit, dass die Nacht umgraut
Den Menschenblick, bevor er dringt zum Grunde;

Im Original

La provedenza, che governa il mondo
con quel consiglio nel quale ogne aspetto
creato è vinto pria che vada al fondo,

Die Vorhersehung, die die Welt regiert
mit jenem allumfassenden Wissen, dem
Alles was erschaffen erliegt, bevor es noch den Grund kann schauen

Das „ogne aspetto creato“ ist schlicht alles, was von Gott erschaffen wurde, also alles was da kreucht, fleucht und eventuell sogar denken kann. All das scheitert bei dem Versuch, Gottes Weisheit zu durchschauen. Das ist natürlich als Programm brandgefährlich, weil es sich zur Begründung eines Dogmas eignet. Eine Annahme, bei der hypostasiert wird, dass sie ganz prinzipiell der Nachprüfbarkeit durch den Verstand entzogen ist, kann naheliegenderweise nicht in Frage gestellt werden. Mit einer solchen These und der Darstellung der Welt als Jammertal, aus dem man sich möglichst schnell verabschiedet, nähert er sich ideologisch den Taliban. Wenn das Paradies ganz ins Jenseits verlagert wird, weil eine Gesellschaft im Diesseits keine Möglichkeiten zur Verbesserung der Lage sieht, dann gerät sie auf die schiefe Bahn. Das Diesseits ist nur noch ein Durchgangsstadium auf dem Weg ins Jenseits. Noch die radikalsten Anforderungen werden erfüllt, um da sicher hinzukommen.

Sie gab – damit zum Bräutigam die Braut,
Der er in seinem Blut, das uns so teuer,
Sich anverlobt mit wehem Schmerzenslaut -

Im Original

però che andasse ver' lo suo diletto
la sposa di colui ch'ad alte grida
disposò lei col sangue benedetto,

damit zu ihrer eigenen Freude gehe
die Braut dessen, der mit lautem Schrei
sich mit ihr vermählte durch sein heilig Blut

Die Braut ist die Kirche, die sich mit Christus vermählt hat, als dieser am Kreuz starb. Die Sache wird also immer wirrer. Eine Frau, Eva, isst einen Apfel und weiß deshalb, was gut und böse ist, was die Todsünde ist. Dies vererbt sie an alle Nachkommen. Damit diese mit dieser Sünde nicht mehr belastet sind, wird jemand, Jesus, ein paar Tausend Jahre später gekreuzigt und heiratet bei dieser Gelegenheit die Kirche. ??? Wir sehen also, dass der christliche Glaube die Kapitulation des menschlichen Geistes ist. Wie Dante oben richtig bemerkt: diese tiefen Einsichten entziehen sich tatsächlich allem „was erschaffen wurde“. Skurril dabei ist, dass manche Leute ihren Glauben mit der Unmöglichkeit erklären, die Menschheitsgeschichte rational zu erklären. Da dies unmöglich ist, muss, so der weit verbreitete Glaube, irgendwo ein Schöpfer in das Geschehen eingreifen. Dieser Schöpfer allerdings legt bei rationaler Betrachtung ein derartig absurdes Verhalten an den Tag, dass unter Hinzuziehung eines Schöpfers die Angelegenheit auch nicht verständlicher wird. Allein das religiöse Denkverbot, bzw. die Hypostasierung, dass man die Mysterien der Schöpfung weder durchschauen kann, noch soll, noch darf lässt den religiösen Ansatz für viele Leute attraktiv erscheinen. Auf jeden Fall steht dieser Blödsinn mit der Kirche als Braut Jesu in der Bibel. Zur Durchsetzung eines Herrschaftsanspruchs ist es ein stringentes System. Jesu ist wichtig, weil er sich dafür kreuzigen lässt, dass Eva einen Apfel gegessen hat und dieser wiederum ist mit der Kirche verheiratet, woraus sich dann die Bedeutung der Kirche ergibt. Herauslesen kann man das aus Epheser, Kapitel 5, 22.

Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem HERRN. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und er ist seines Leibes Heiland.
Aber wie nun die Gemeinde ist Christo untertan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen. Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebt hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auf daß er sie sich selbst darstellte als eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich. Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer sein Weib liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehaßt; sondern er nährt es und pflegt sein, gleichwie auch der HERR die Gemeinde.
Denn wir sind die Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein. "Um deswillen wird ein Mensch verlassen Vater und Mutter und seinem Weibe anhangen, und werden die zwei ein Fleisch sein. Das Geheimnis ist groß; ich sage aber von Christo und der Gemeinde. Doch auch ihr, ja ein jeglicher habe lieb sein Weib als sich selbst; das Weib aber fürchte den Mann.

Der Mann ist also des Weibes Haupt, wie Christus das Haupt der Gemeinde. Wer also die Kirche als die Braut Jesu bezeichnet, übernimmt auch die Vorstellung einer Hierarchie zwischen Mann und Frau. Das mag ja noch nett gemeint sein, offen bleibt allerdings die Frage, was passiert, wenn das Verhältnis nicht ganz so lieblich ist. Niemand wird behaupten können, dass das Christentum und der Islam sich wesentlich unterscheiden, außer eben, dass letzterer bezweifelt, dass jemand gekreuzigt wurde, weil eine Frau einen Apfel essen wollte. Der Unterschied besteht wohl darin, dass das Christentum sich die Hörner abgestoßen hat und durch Technik und Aufklärung allmählich irrelevant geworden ist. Wenn aber in Bayern geglaubt wird, dass das Christentum das Fundament der abendländischen Kultur ist, dann hätte der Jurist Beckstein mal an manchen Stellen in das BGB schauen können. Die Regelungen, die er dort bezüglich der Ehe findet, sind doch etwas realitätsnäher. Interessant wäre es darüber zu spekulieren, ob wir, wenn das Christentum nicht weichgekocht worden wäre, überhaupt einen Goethe hätten. Wahrscheinlich wären wir auf Dante Niveau stehen geblieben.

Die Vorsicht gab der Braut, dass sie ihm treuer
entgegengeh und sichrer, zwei Genossen
Für rechts und links zum Führer mit und Steuer.

Die Braut ist die Kirche und die hat zwei Führer bekommen, nämlich Franz von Assisi und den heiligen Dominikus. Der eine Führer, Franz von Assisi (Gründer des Franziskanerordens) soll die Kirche dazu anhalten, nicht nach weltlichen Gütern zu streben, der andere, der heilige Dominikus (Gründer des Ordens der Dominikaner) sich geistig für die Vermittlung des einzig wahren Glaubens zu rüsten. Zu beiden, sowohl zu Franz von Assisi wie auch zu Dominikus gibt es bei Wikipedia sehr gute Artikel.

Franz von Assisi: http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Assisi
Dominikus: http://de.wikipedia.org/wiki/Dominikus

Die folgenden Terzinen enthalten jetzt Anspielungen auf das Leben der beiden. Damit man es chronologisch einordnen kann. Franz von Assisi wurde 1182 in Italien geboren und starb auch dort 1226. Dominikus wurde 1170 in der Nähe von Burgos / Spanien geboren und starb 1221 in Bologna / Italien.

Der eine war von Seraphsglut umflossen,
Dem andern – glänzend gleich den Cherubinen -
War aller Erdenweisheit Schatz erschlossen.

Der mit der Seraphsglut ist Franz von Assisi. Die dahinter stehende Geschichte hat Dante wahrscheinlich der Biographie von Thomas Celano (geb. 1190 in Italien, gest. 1260 in Italien) entnommen. Franz von Assisi trägt, aufgrund einer in der Biographie des Thomas Celano enthaltenen Legende den Beinamen Seraphicus. In dieser Legende wird erzählt, dass ein Seraph (ein sechsflügeliger Engel) erschien, als sich bei Franz von Assisi 1224 an Händen und Füßen die Wundmale Christi abzeichneten. Der Satz „war aller Erdenweisheit Schatz erschlossen“ bezieht sich wohl auf die Tatsache, dass die Dominikaner dazu angehalten wurden, sich theologisch zu bilden (also den letzten Rest Verstand aus dem Hirn zu pusten). Wir gehen also davon aus, dass Dominikus denselben zwielichtigen Quark in der Birne hatte wie Dante.

Von einem red ich, aber wer von ihnen
Den einen preist, preist jeden: weil sie beide
Mit ihren Werken einem Ziele dienen!

Nö. Finden wir gar nicht. Man muss sie beide preisen, bis das Papier rot anläuft vor Entzückung.

Bei Chiassos und Tupinos Wasserscheide,
Unfern des seligen Ubaldus Hügel,
Hängt ein Geländ, fruchtreich, in grünem Kleide,

Woher Perugia Frost und Glut vom Flügel
Der Winde fühlt, wo unterm Joch des Zwanges
Nocera knirscht mit Gualdo in den Zügel -

Und dort, wo sanfter wird der Sturz des Hanges,
Ließ eine Sonne Gott der Welt entbrennen,
Wie sie nur selten aufsteigt aus dem Ganges.

Also sagen will er uns das: Franz von Assisi wurde, unglaublich aber wahr, in Assisi geboren.

Der Autor wird aber seine Biographie ändern. Also sowas

Geburtsort: Valencia / Spanien

geht ja gar nicht.

wo der Blick übers Meeresblau gen Morgen gleitet
wo Cid Campeador der Christenheit schlug eine Bresche
wo tief im Laub die Goldorangen glühn

da erblickte, als Gottes Licht den Ausgleich suchte
Vorherbestimmend seine Bahn
Er das Licht der Welt, wo auch Horchata ist der Brauch

Also das mit „wo tief im Laub die Goldorangen glühn“ ist natürlich Goethe, man muss ja schließlich nicht immer das Rad neu erfinden und Vitamin C gibt es auch in Valencia. Gut findet der Autor das mit der Waage, also Sonne (Gottes Licht) steht in der Waage. Waage Menschen sind ja um Ausgleich bemüht, das haben Sie ja inzwischen schon mitbekommen, der Autor nennt die Philologen ja nicht hirnverbrannte Volltrottel, sondern nur Philologentrottel, also er bemüht sich doch schon sehr diplomatisch um einen Ausgleich. Horchata ist ein etwas süß / säuerliches Milchmischgetränk, das aus einer Nuss gemacht wird, falls Sie das interessiert, dieses Getränk gibt es wirklich nur in Valencia. Machen wir also ein bisschen Biographie (Mal unter uns gesagt, im Prinzip kann das gleiche Osterei unterschiedlich niveauvoll ausgestattet sein, je nachdem wie markant die Fakten sind, die man zum jeweiligen Osterei nennt. Es ist also nicht das Osterei an sich, das eine Zuordnung zu einer entsprechenden Kategorie erlaubt, sondern die Fakten.) Bevor wir uns aber mit den Details befassen, erstmal das Wesentliche. Assisi liegt bei Perugia und Perugia liegt da.

Wieder einmal hat Zoozmann aus einem Osterei der Kategorie A ein Osterei der Kategorie B gemacht, denn er hat Daten hinzugefügt, die im Original gar nicht dastehen. Im Orginal geht das so.

Intra Tupino e l'acqua che discende
del colle eletto dal beato Ubaldo,
fertile costa d'alto monte pende,

Zwischen Tupino und dem Wasser, das den
Berg hinabfließt, der vom heiligen Ubaldo erwählt,
ist ein fruchtbarer Hang am hohen Berg

Tupino ist ein kleiner Fluss, der in den Tiber fließt. Der Einsiedler Ubaldo lebte auf dem Monte Ingino (da ist heute das Kloster St. Ubaldo). In dieser durch den Tupino, den Berg Ingino und dem Chiascio (der entspringt im Monte Cucco ) umgrenzten Gegend liegt dann noch ein Berg, der Monte Subasio und unterhalb dieses Berges liegt Assisi.

Bei seinen Recherchen hat der Autor aber etwas entdeckt, was er viel spannender findet. Das italienische Kultusministerium hat wohl eine Abitursaufgabe gestellt (das machen die in Italien drei Jahre, den Dante, da sind die gnadenlos). In der Aufgabenstellung (des Ministeriums) wurde behauptet, dass Thomas von Aquin im 11. Gesang des Paradieses sowohl das Leben von Franz von Assisi wie auch das Leben des heiligen Dominikus erzählt. Das ist natürlich ein schwerer Fehler, er erzählt nur das Leben des Franz von Assisi, das des heiligen Dominikus kommt dann im 12. Gesang. Schwerer Fehler, schwerer Fehler.

Ma, spiega Mariotti «non è così: san Tommaso d'Aquino si limita a raccontare la vita di San Francesco. Quanto a San Domenico di Guzman, ne parlerà Bonaventura di Bagnoregio nel canto successivo, il dodicesimo. Non si tratta di una svista, ma di un errore grave». Grave perchè cancella il significato che Dante aveva attribuito allascelta di personaggi: «San Tommaso, che è un domenicano, tesse l'elogio di San Francesco; Bonaventura, che è un francescano, quello di San Domenico (e ognuno dei due termina criticando gli sviamenti dell'Ordine cui appartiene).

“Aber”, so erklärt Mariotti, “dem ist nicht so: Thomas von Aquin beschränkt sich darauf, das Leben des Franz von Assisi zu erzählen. Was den heiligen Dominikus von Guzman angeht, darüber wird Bonaventura die Bagnoregio im folgenden Gesang sprechen, im zwölften. Es handelt sich nicht um einen Flüchtigkeitsfehler, sondern um einen schwerwiegenden Fehler. Schwerwiegend, weil der tiefere Sinn, den Dante durch die Wahl der Personen herausstellen wollte, vollkommen verloren geht. Thomas von Aquin, der ein Dominikaner ist, hält eine Lobrede auf den Franziskaner Franz von Assisi, der ein Franziskaner ist; Bonaventura, der ein Franziskaner ist, die des heiligen Dominikus (und jeder von den beiden kritisiert die Entwicklung des Ordens, dem er selber angehört.)

Wow! Philologen haben Sorgen, das glaubt kein Mensch. Die Ferndiagnose des Autors ist jetzt die: Den Kiddies in Italien geht das vollkommen am Arsch vorbei, wer da auf wen eine Lobeshymne anstimmt.

Sie können das aber, das ist eine neue Forschungsrichtung. Also es gibt komparative Grammatiken, solche schreiben zum Beispiel wir, also die infos24 GmbH (www.spanisch-lehrbuch.de und www.curso-de-aleman.de ist so ein Teil) und es gibt den komparativen Schwachsinn, der vergleicht den Schwachsinn im europäischen Vergleich, das ist eine relativ neue Forschungsrichtung. Bei Lehrer offline (www.lehrer-online.de) haben wir zum Beispiel sowas.

http://www.lehrer-online.de/faust.php?sid=32639517825440130822598509850290

Inhaltliche Ziele

Die Schülerinnen und Schüler sollen

1) literarische Motive in Goethes Faust erkennen, den argumentativen Fortschritt reflektieren und mögliche Kombinationen vergleichen.
2) den Prolog im Himmel in Kontext zur Bibel setzen.
3) sich dem Thema Gelehrsamkeit und seinen Gefahren von verschiedenen Seiten nähern.
die Straßenszene als Spielszene umsetzen.

Ich mache jetzt mal eine Unterrichtseinheit für Philologen:

Nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage im Faust und stellen Sie einen Bezug her zum praktischen Alltag eines Lehrers. Stellen Sie die Aussage in direkten Bezug zur Figur des Wagner, charakterisieren Sie die Figur hier näher. Sehen Sie in der Figur des Wagner einen typischen Vertreter der Philologenzunft?

Wenn ihr`s nicht fühlt, ihr werdet`s nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.
Sitzt ihr nur immer! Leimt zusammen,
Braut ein Ragout von andrer Schmaus
Und blast die kümmerlichen Flammen
Aus eurem Aschenhäufchen raus!
Bewundrung von Kindern und Affen,
Wenn euch darnach der Gaumen steht -
Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
Wenn es euch nicht von Herzen geht.

Das wäre auch ein vernünftiges Thema beim Staatsexamen. Auf der oben genannten Seite lesen wir dann auch noch so was:

Goethes Faust ist unbestritten eines der bedeutendsten Dramen der deutschen Literatur. Es gehört zum Lektürekanon jedes gebildeten Menschen und ist daher aus der Schule nicht wegzudenken. Die wissenschaftliche Literatur zu Faust ist unüberschaubar, ebenso die Zahl der Versuche, dieses Werk in der Schule zu vermitteln. Zu den einschlägigen Faust-Themen bietet dieser Beitrag Informationen und Arbeitsmaterialien.

Dass, von Profis vermittelt, Goethes Faust das Leben bereichern kann, wollen wir mal gar nicht in Abrede stellen. Zweifel besteht aber im Hinblick auf die Professionalität des philologischen Leerkörpers. Auch was den Kanon angeht, sind wir uns nicht so richtig sicher. Mit der Kultur ist das ja so wie mit dem Kühlschrank, da sollte man ab und zu mal das aussortieren, was einfach nicht mehr auf den Teller gehört. Und wenn dem guten Mann zu Faust nichts anderes einfällt als dass er zum Lektürekanon gehört und folglich von jedem Gebildeten zu kennen ist, dann sollte er nochmal einen vertieften Blick in Goethes gesammelte Werke tun. Dort wird er diesen Satz finden.

Was morsch ist, soll brechen.

Richtig, wenn auch unfreiwillig, ist mit Sicherheit die Bemerkung, dass es an Versuchen, den Faust in der Schule zu vermitteln nicht gemangelt hat. Das Wort Versuch legt aber, zutreffenderweise, nahe, dass dieser Versuch wohl nicht von Erfolg gekrönt war. Im übrigen soll dem guten Mann auch noch dies ins Stammbuch geschrieben werden. Barbie, Mengele, Eichmann hatten alle Faust in der Schule genossen; geholfen hat es wenig. Der Lektürekanon ist mit der Barbarei kompatibel. Auf selbigen sei somit hiermit öffentlich geschissen. Auch mit den Gebildeten ist das so eine Sache: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Doch zurück zur Verortung von Assisi, also für den Fall, dass sie keinen Atlas zur Hand haben.

Woher Perugia Frost und Glut vom Flügel
Der Winde fühlt, wo unterm Joch des Zwanges
Nocera knirscht mit Gualdo in den Zügel -

Perugia liegt auf der Ostseite des Monte Subasio und eben selbiger soll, durch den hohen Kalkanteil, im Winter die Kälte und im Sommer die Hitze verstärken (Frost und Glut vom Flügel / Der Winde fühlt). Was mit dem Joch der Städte Nocera und Gualdo gemeint ist, ist unklar. Einige denken hierbei an die Tatsache, dass diese Städte, an der Nordostseite des Monte Subasio gelegen, wenig Sonne abbekommen, andere vermuten eine Anspielung auf eine von Willkür geprägte Herrschaft Perugias über diese Städte.

Und dort, wo sanfter wird der Sturz des Hanges,
Ließ eine Sonne Gott der Welt entbrennen,
Wie sie nur selten aufsteigt aus dem Ganges.

Assisi liegt ja am Fuße des Berges Subasio, am Fuße eines Berges wird es dann flacher (also wenn sie mal einen Berg hinabsteigen und es nicht flacher wird, haben Sie es eben mit einem verdammt hohen Berg zu tun.) Dort kam also eine Sonne zur Welt, nämlich Franz von Assisi, die noch heller strahlt als jene, die täglich im Osten (Ganges) aufgeht.

Ascesi sollte diesen Ort nicht nennen,
Wer von ihm spricht, weil es zu dürftig wäre:
Als Stadt des Morgens sollte man ihn kennen!

Ascesi, so heißt es auch im italienischen Original (non dica Ascesi, ché direbbe corto) ist ein alter Name für Assisi.

Kaum dass der junge Stern den Himmel kläre,
Beginnt auch schon die Erdenwelt zu spüren
Zum Troste sich die Kraft der neuen Sphäre.

Im Original

Non era ancor molto lontan da l'orto,
ch'el cominciò a far sentir la terra
de la sua gran virtute alcun conforto;

Noch nicht lange weilte er auf Erden,
da ließ er schon die ganze Erde spüren
wie sie durch seine Kraft Erleichterung fühlte

Das ist jetzt natürlich relativ. Geboren wurde er 1182 als Sohn eines wohlhabenden Tuchhändlers. Als Jugendlicher soll er ein eher sorgloses Leben geführt haben. 1202, also mit 20, nahm er an einem Krieg gegen die Nachbarschaft Perugia teil und geriet in Gefangenschaft, aus der er erst 1204, also mit 22 entlassen wurde. 1204 will er sich den päpstlichen Truppen anschließen, die gerade wieder mit den
Staufern stritten, besann sich dann aber eines anderen. 1205 unternahm er eine Pilgerreise nach Rom. Also zumindest bis dahin spürte man wohl noch nicht mal in Assisi, dass seine Kraft der Erde Erleichterung bringe. Er weilte also schon eine ganze Weile auf der Erde, bis sein Verweilen einem größeren Kreis von Menschen auffiel.

Noch jung, muss er Krieg mit dem Vater führen
Um eine Braut, der man zu öffnen pflegt
So unwillkommen wie dem Tod die Türen,

Das ist jetzt etwas verquast ausgedrückt. Gemeint ist, dass der Papa vom Franz nicht davon begeistert war, dass Sohnemann sich die Armut als Braut erwählt hatte. Papa war Kaufmann und vielleicht hatte er schon soviel ökonomischen Sachverstand (das kann man auch ohne das Studium der Volkswirtschaftslehre ohne weiteres einsehen), um das Treiben seines Sohnes reichlich hirnverbrannt zu finden. Der strebte ein Leben in vollkommener Armut an und was er zum Leben brauchte, erbettelte er. Wenn aber alle nur noch Armut anstreben, was ja nicht besonders schwierig ist, man bleibt einfach morgens im Bett liegen und irgendwann mal ist man bitterarm, dann stellt sich die Frage, wer dann die Arbeitsplätze schafft. Franz von Assisi ging wahrscheinlich davon aus, dass der liebe Gott das tue. Der Autor geht eher davon aus, dass er es nicht tut. Desweiteren wollte der gute Franz auch noch Papas Vermögen verschenken, auch das ist, auch unter sozialen Gesichtspunkten, vollkommener Blödsinn. Das wäre ein Tropfen auf den heißen Stein und das Unternehmen wäre dann anschließend platt. Diskutieren könnte man über die Kirchensteuer. Die könnte man abschaffen und das Geld zur Bekämpfung von Trivialkrankheiten einsetzen bzw. für die Bekämpfung von Krankheiten, die sehr schwerwiegend sind, sich aber mit geringem Kapitalaufwand bekämpfen lassen. Also ich kann mir da schon vorstellen, dass Papa stinksauer war.

Bis er vorm geistlichen Gerichte legt
Und coram patre ihre Hand in seine,
Und täglich heißre Liebe für sie hegt.

Im Original

e dinanzi a la sua spirital corte
*et coram patre* le si fece unito;
poscia di dì in dì l'amò più forte.

Und vor dem geistlichen Gericht
Im Angesicht seines Vaters ward er mit ihr vereinigt,
und Tag um Tag wuchs in ihm stärkere Liebe

Also Papa wurde es irgendwann zuviel und er zitierte den Sohnemann vor Gericht, aus irgendeinem Grund ein geistliches Gericht, also unter Vorsitz eines Bischofs, in diesem Falle eines gewissen Guido. Dort verzichtete er in Anwesenheit seines Vaters auf alle Ansprüche auf das Erbe, um so seine Braut, die Armut, noch inniger lieben zu können. Der Volkswirt würde sagen, er war jetzt völlig „out of consumption“.

Elfhundert Jahr saß trüb sie und alleine
Seit dem Verscheiden ihres ersten Gatten,
Bis dieser kam, dass er sich ihr vereine.

Also trüb und alleine saß die Armut elfhundert Jahre. Nach der unmaßgeblichen Meinung des Autors kann sie das auch noch die nächsten zehntausend Jahre tun. Wir finden zunehmend, dass Dante endgültig bei den Talibans angelangt ist. Wer das Leben allein unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass es eine Durchgangsstation ins Jenseits ist und sein Leben allein nach den zum Dogma geronnenen Anforderungen dieses Jenseits ausrichtet, der sehnt sich geradezu nach dem Märtyrertod. Es ist dann eine elegante Möglichkeit sich aus dem Jammertal zu verabschieden und eine sichere Fahrkarte ins Paradies zu erlangen. So ein ideologisch / religiöser Dunst kann nur dem Schlund der völligen Hoffnungslosigkeit entströmen. Der Autor geht ja davon aus, dass die italienischen Schülerinnen und Schüler lieber mit ihrer ragazza und ihrem ragazzo am Strand liegen und alle möglichen lustigen Dinge anstellen und den Quark eh nicht für voll nehmen. Aber ist schon ein übler geistiger Trank, den Dante da braut. Wenn es jemand für ernst nehmen würde. Abgesehen davon ist das Weltbild Dantes völlig verquer. Auf der einen Seite singt er uns ein Loblied auf das römische Reich und auf der anderen Seite auf die Armut. Man muss ja nicht unbedingt der Meinung sein, dass die Geschichte eine Geschichte der Klassenkämpfe ist, aber niemand wird behaupten, dass die Erlangung von Reichtum eine Triebfeder für den römischen Imperalismus war und für alle anderen Eroberungen, die mit theologischer Nachhilfe noch folgten. Wir lesen ja oft, dass Dante uns die Kultur des Mittelalters vermittelt und einer der bedeutendsten Repräsentanten derselben ist. Der Autor würde eher sagen, dass uns Dante vor Augen führt, dass die alle ein bisschen durch den Wind waren.

Was half‘ s, dass in der Fischerhütte Schatten
Sie furchtlos blieb bei jener Stimme Klang,
Vor der die Völker einst gezittert hatten?

Im Original

né valse udir che la trovò sicura
con Amiclate, al suon de la sua voce,
colui ch'a tutto 'l mondo fé paura;

was hülfe es zu hören, dass Amyclas
furchtlos blieb, als die Stimme des
ertönte, der die Welt erbangen ließ

Die Geschichte mit Amyclas findet sich im Buch Pharsalia von Lucan. Cäsar betritt die Hütte eines armen Fischers, der aber nicht mal aufsteht, weil es nichts gibt, was man stehlen könnte. Was uns Dante damit allerdings sagen will, ist völlig unklar und passt auch nicht. Wir können zwar nicht nachvollziehen, welchen Sinn es haben soll, Armut anzustreben, aber wir hoffen mal, dass Franz von Assisi nicht nur deswegen Armut anstrebte, weil der dann nichts mehr zu verlieren hat. Das ist bei Amyclas das einzig Positive an der Armut. Er ist so arm, dass es dicker nicht mehr kommen kann. Nach dieser Logik ist es das allerbeste, man setzt sein Auto mal ordentlich an die Wand, hinterher kann es auf jeden Fall nicht mehr kaputt gehen. Also das zu hören, hilft in der Tat überhaupt nicht, da geben wir Dante Recht.

Was half‘ s, dass sie bei Christi schwerem Gang,
Wo selbst Maria unterm Kreuz verblieben,
Standhaften Muts das Marterholz umschlang?

Also gemeint ist die Armut, die ist mit Christus auf‘ s Kreuz gestiegen. Geholfen hat das natürlich nicht, da stimmen wir Dante zu. Bei was hätte es auch konkret helfen sollen, wenn die Sachlage völlig verwirrend ist? Eine Frau isst einen Apfel, erkennt dann, was gut und böse ist, ein paar tausend Jahre später wird deswegen jemand gekreuzigt, der dadurch a) die Menschheit von der Sünde befreit, die durch das Verspeisen des Obstes entstanden ist und b) bei dieser Gelegenheit die Kirche heiratet, wobei aber nur der menschliche Teil hätte gekreuzigt werden dürfen, der göttliche aber nicht und deswegen werden die Juden von Titus bestraft? Das ist das fertige Irrenhaus, da kann die Armut zu Kreuze kriechen bis der Arzt kommt, da hilft nix mehr.

Doch um nicht länger Rätsel noch zu lieben,
Vernimm jetzt, dass ich unter diesem Paar
Franciscus und die Armut dir beschrieben.

Häh??!! Ist der Thomas von Aquin eigentlich weich im Hirn? Hinter der Divina Commedia steckt ein subtiles Ostereiersystem, dessen graziöse Verästelungen uns emporheben zu mystischen Erkenntnissen, dessen Harmonie sich nur noch der mathematischen Analyse erschließt, uns das Mysterium des Lebens zeigt im Netz des Osterhasen. Und was macht er daraus? Ein Rätsel! Wir können zu seiner Ehrenrettung nur noch sagen, dass es im italienischen Original nicht so krass formuliert wird.

Ma perch'io non proceda troppo chiuso,
Francesco e Povertà per questi amanti
prendi oramai nel mio parlar diffuso.

Doch damit mein Vortrag ein Ende finde, schließe ich,
Setz in meine dunkle Rede, Franziskus und
Die Armut ein, sie waren es, die sich liebten

Hm! Wirklich besser wird es jetzt auch nicht. Er wirft mit einem Paukenschlag das ganze Ostereiersystem durcheinander, wenn er behauptet, dass sein parlar (reden) etwas diffuso (dunkel) ist. Das ist schon grenzwertig. Dante konnte sich ja immer darauf berufen, dass er über das himmlische Nichts berichtet, also über etwas, von dem er keine Ahnung hat und wenn man von etwas keine Ahnung hat, dann ist halt dunkel der Rede Sinn. Hinterher hat er uns dann erzählt, dass wir zu blöd sind, wenn wir den dunklen Sinn der noch dunkleren Rede nicht erfassen. Bei Thomas von Aquin ist das aber anders. Der berichtet ja von etwas, was halbwegs gut dokumentiert ist (steht ja alles in der Legende des Thomas von Celano) und die Zusammenhänge sind ja auch nicht wirklich kompliziert. Das heißt Thomas von Aquin versucht sich stilistisch Dante anzupassen, das Ostereierprinzip also umzusetzen, ohne jedoch dessen innere Notwendigkeit zu verstehen. Das führt uns doch zu einer kritischen Bewertung seiner intellektuellen Fähigkeiten. Was sollen wir von jemandem halten, der die innere Logik der Divina Commedia schlicht als parlare diffuso abtut?

Der Gatten Eintracht wirkte wunderbar
Verzückung und erstaunte Liebesblicke
Und weckte eine neue Heilgenschar,

Dass flugs der greise Bernhard sich die Stricke
Der Schuhe löste und nicht eh geruht,
Bis Frieden ihn, den Eilenden, erquicke.

Im Original

La lor concordia e i lor lieti sembianti,
amore e maraviglia e dolce sguardo
facieno esser cagion di pensier santi;

tanto che 'l venerabile Bernardo
si scalzò prima, e dietro a tanta pace
corse e, correndo, li parve esser tardo.

Ihr Einklang und ihre fröhliche Art,
Liebe und Erstaunen und süße Blicke
waren die Ursache heiliger Gedanken;

so dass der ehrwürdige Bernardo
barfuß zu gehen sich entschloss, und
Diesem Frieden folgte, rennend, weil er glaubte in Verzug zu sein

Bernardo die Quintarvalle war, zusammen mit Pietro Catanii, einer der ersten, der sich Franz von Assisi anschloss, das besagt zumindest die Legende des oben erwähnten Thomas Celano. Beide waren vermögend, beide Juristen und beide verschenkten, als sie sich Franz von Assisi anschlossen ihr Vermögen an die Armen.

O unbekannter Reichtum, höchstes Gut!
Es folgt der Braut – weil lieblich sie bemyrtet –
Egidius und Silvester unbeschuht,

Sie folgen, mit der Demut Strick umgürtet,
Der Spur der teuern Frau und des Patrones,
Der sie und die Genossen treu behirtet.

Auch Ägidius (gest. 1262 in Perugia) und Sylvester gehörten zu den ersten Anhängern des Franz von Assisi. Ersterer war wohl ein Bauer, letzterer ein Priester in der Kathedrale von San Rufino. Die zwei folgten auch dem unbekannten Reichtum, dem höchsten Gut (also der Armut), die ja die Braut des Franz von Assisi war.

Ist‘ s auch der Sohn nur Peter Bernardones,
Kein Kleinmut schiebt vor‘ s Herz ihm einen Riegel:
Er lächelt der Verachtung und des Hohnes.

Die Stirn ist königsstolzenen Sinnes Spiegel,
Als er den harten Eid schwört Innozenzen,
Der ihm verleiht das erste Ordenssiegel.

Soll heißen, obwohl Franz von Assisi nur der Sohn von Peter Bernardone war (der aber wahrscheinlich mehr Asche hatte als Dante, das „nur“ ist also relativ, wahrscheinlich bildet sich Dante was auf seinen Adel ein), war er trotzdem nicht kleinmütig. Papst Innozenz erkannte den Orden 1210 an. Entscheidendes Merkmal des Franziskanerordens ist nach dieser vom Papst bestätigten
Ordensregel, dass man allen irdischen Gütern entsagt und in vollkommener Armut lebt. Warum man den päpstlichen Segen braucht, um in vollkommener Armut zu leben, ist zwar schleierhaft, aber der Papst war einverstanden. Wahrscheinlich brauchte man den päpstlichen Segen, wenn man öffentlich das Christentum predigte, sonst erzählt man vielleicht, dass Christus nur göttlich oder nur menschlich war und der Heilige Geist macht, wozu er gerade Lust hat, das geht natürlich nicht.

Als mehr das Volk ihm zulief aus den Grenzen -
Zu dessen Ruhm man Hymnen sollt erheben
Im Himmel, wo die Freuden ewig lenzen -

Hat Gott es dem Honorius eingegeben,
Dass mit dem zweiten Diadem er lohne
Des Erzmandriten heiliges Bestreben.

Gemeint ist die Approbation der Regola Bullata durch Papst Honorius III im Jahre 1223. Diese Regola Bullata präzisierte die Ordensregeln. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nur eine Regola non Bullata, also ohne den schriftlichen Segen des Papstes. Ein Archimandrit (Erzmandrit) ist ein Abt über mehrere Klöster. Im Original wurde Gott via Heiligen Geist direkt veranlasst, die Regola Bullata zu bestätigen.

di seconda corona redimita
fu per Onorio da l'Etterno Spiro
la santa voglia d'esto archimandrite

so wurde eine zweite Krone aufgesetzt
durch Onorio veranlasst vom Heiligen Geist
dem heiligen Bestreben des Archimandriten

Ob mit oder ohne heiligen Geist, ist aber im Grunde wurscht.

Und als er – dürstend nach der Märtyrkrone -
Mit seinen Brüdern sprach von Christi Lehren
Und Wandel vor des mächtgen Sultans Throne,

Angespielt wird auf die Tatsache, dass der Franzl aus Assisi 1219 als Wanderprediger am Kreuzzug von Damiette teilnahm und an der Nil Mündung, in der Nähe von Damiette dem Sultan und seinem Volke predigte. Die Ziele, die er damit verfolgte, waren

a) den Sultan zum wahren Glauben zu bekehren
b) als Märtyrer zu sterben
c) drittens Frieden zu stiften

Die Mischung kennen wir irgendwie. Es scheint irgendwie von Leuten zu wimmeln, die als Märtyrer sterben wollen. Erreicht hat er natürlich nichts. Das „dürstend nach der Märtyrerkrone“ ist übrigens tatsächlich Dante O-Ton (per la sete del martiro). Dante ist da auch irgendwie konsequent. Alles was Spaß macht ist ja, wenn auch auf höchst abstrakte Weise in Jenseits verlagert. Das ist die Taliban Konstellation. An den Wahnsinn, der da gekocht wird, wird man mit Worten nicht heranreichen.

Doch unreif noch das Volk fand zum Begehren,
Nahm er, um müßig nicht zu sein, sich wieder
Italiens Frucht an, ihr Gedeihn zu mehren.

Auf jeden Fall, also wenn die Muselmänner ihm die Geschichte mit dem Apfel nicht abgenommen haben, dann waren sie schlicht unreif. Franz ging also vom Land der süßen Datteln wieder zurück in das Land, wo unter grünem Laub die Goldorangen glühen.

Drauf hat ihm Christus, wo Alvern schaut nieder
Ins Land, das letzte Siegel aufgedrückt,
Und noch zwei Jahre trugens seine Glieder.

Auch dies ist eine Geschichte, die sich in der oben erwähnten Legende des Thomas von Celano findet. 1224 zog sich Franziskus in seine Einsiedelei auf dem Berg La Velma zurück und dabei, das steht nicht bei Thomas von Celano, sind ihm offensichtlich zwei Steine auf die Füße gefallen und anschließend noch zwei auf die Hände, so dass er aussah wie der gekreuzigte Jesus. Die Wunder sind im übrigen die Restrationalität, die im Christentum noch vorhanden ist. Denn Wunder zeigen immerhin, dass ein Interesse besteht, anhand objektiver Fakten das Wirken des Allmächtigen nachzuprüfen. Solange noch ein Interesse besteht, dass die Allmacht Gottes durch objektive Fakten bewiesen wird, besteht ja noch Hoffnung.

Als Gott den Heilsberufnen dann entrückt,
Verdienten Lohn und Wonnen ihm zu werben,
Weil er sich stets mit Niedrigkeit geschmückt,

Empfahl sein treustes Weib als echten Erben
Den Brüdern er, dass Liebe man ihr wahre
Uneingeschränkt im Leben wie im Sterben.

Unter Umständen wird auf die Tatsache angespielt, dass es innerhalb der Franziskaner Spannungen gab, also der Orden nicht mehr ganz dem strikten Gelübde der Armut folgte. Dass es Spannungen gab, lässt sich auch der Tatsache entnehmen, dass sich Franziskus schon vor seinem Tod, nämlich 1224 aus dem Orden zurückzog. Er starb erst zwei Jahre später. Vielleicht ließ sich die Braut, also die Armut, doch nicht so ohne weiteres vererben.

Und dass allein aus ihrem Schoße fahre,
Die lichte Seele heim zu ihrem Reiche,
Verbot dem Leib er jede andre Bahre. -

Nach der Legende des Thomas von Celano hat sich Franz von Assisi vor seinem Tod fast entkleidet (das vermuten wir jetzt mal so, dass er nur fast unbekleidet war), damit seine Seele aus der Armut heraus Richtung Himmel entschwebe, wobei natürlich unklar ist, wie man da ohne Läuterungsberg überhaupt direkt hinkommt. Wir sehen zwar vollkommen ein, dass es beim heiligen Franziskus nix zu läutern gab, er also direkt ins Paradies geschwebt ist, fragen uns aber wie? Da aber auch unklar ist, wie man vom Läuterungsberg ins Paradies kommt, ist das auch egal. Dante erklärt ja nur, wie man nach oben schwebt, aber da muss man sich ja auch noch ein Stück in der Horizontalen bewegen.

Wie groß muss sein, der ihm an Würde gleiche,
Wer als Genoss, der Stürme unbeschadet,
Mit Petri Schifflein nie vom Ziele weiche.

Und unser Patriarch war so begnadet!
Wer darum folgt, wie er es ihm befiehlt,
Wir wissen, dass er gute Schiffsfracht ladet.

Der ähnlich verdienstvoll war wie Franz von Assisi, also geeignet war, der Kirche (Petri Schifflein) Orientierung zu geben, war Dominikus (unser Patriarch, weil Thomas von Aquin dem Orden angehörte, den Dominikus gründete, dem Dominikanerorden). Wer also tut wie er befohlen, Dominikus oder Franziskus, dessen Schiff wird himmlische Güter in sich bergen (gute Schiffsfracht).

Doch seine Herde hungert jetzt und schielt
Nach andrer Weide, wo die fettern Kräuter,
Sie, die einst unter ihm zusammenhielt.

Im Original

Ma 'l suo pecuglio di nova vivanda
è fatto ghiotto, sì ch'esser non puote
che per diversi salti non si spanda;

Doch seine Herde war neuer Nahrung
Begierig, so dass sie nicht sein kann
ohne sich durch wilde Sprünge zu verlaufen

Das ist zwar ein bisschen weired, verdreht, ausgedrückt, aber sagen will er, dass die Ordensbrüder des Franz von Assisi neue Nahrung suchten, also von Armut die Faxen dicke hatten, also die Tendenz bestand, die Ordensregeln aufzulösen, wodurch die Herde sich dann zerstreute.

Wohl gibt es derer, die den Schaden scheuen
Und doch zum Hirten halten, doch nicht viele,
Nicht braucht‘ s viel Tuch zu Kappen dieser Treuen! -

Das Kappen (cappe) hätte man wohl besser mit Kutte übersetzt, das wäre die Ordenstracht der Mönche, ist aber auch egal. Sagen will er, dass es so wenige waren, die noch an der alten Regel festhielten, dass man nicht viel Stoff gebraucht hätte, um deren Kutten zu schneidern.

Wenn dir mein Wort nicht nur gedient zum Spiele,
Wenn du aufmerkend, ohne abzuschweifen,
Der Rede folgtest bis zu ihrem Ziele,

Wird deinem Wunsch zum Teil Befriedgung reifen;
Du siehst den guten Baum zu Splittern werden
Und wirst den Tadel als gerecht begreifen:

Dass fett wird, wem kein Tand mehr macht Beschwerden!“

Das ist das, was der Autor natürlich bezweifelt. Er bezweifelt, dass sich aus diesem Schwachsinn irgendeine Lehre ziehen lässt. Der gute Thomas von Aquin hat uns jetzt lang und breit das Leben des Franz von Assisi erzählt, es war oft davon die Rede, dass dieser die Armut als Braut hatte, alle möglichen Uneinsichtigen davon überzeugen wollte, dass Christus gekreuzigt wurde, weil Eva einen Apfel gegessen hat, dass Armut irgendwie toll ist, aber für Dante gerade nicht, denn der hat sich ja ständig über seine Armut beklagt und dass Gott den Franz von Assisi liebhat. Am Schluss erzählt er uns noch, dass manche Leute nicht ganz konform zu diesem Hokuspokus lebten und das ist dann ein Malheur. Wir haben aber in diesem Geträller gelernt, dass bei den Philologen die europäische Vereinigung bereits vollzogen ist, der Hirnriss der Philologen ist ein gesamteuropäischer Zustand. Was dem einen sein Faust, ist dem anderen sein Quijote, dem übernächsten sein Racine und dem anderen seine Divina Commedia. Es ist inzwischen deutlich geworden, dass der Autor nicht gerade ein Vertreter des Marxismus ist. Hierbei ist nicht mal so sehr ein Problem, dass dessen Analyse falsch ist, schwerer wiegt, dass er das Zeug zur Ideologie hat. Einen relevanten Tatbestand hat Marx aber durchaus wortgewaltig, pointiert und zutreffend ausgedrückt.

Die Macht der Tradition der vergangenen Generationen
Lastet wie Alp auf den Gehirnen der Lebenden

Wenn in Italien als Thema des Abiturs die Wiedergabe des 11. Gesanges des Paradieses verlangt wird, dann wäre es schon mal interessant, die Musterlösung zu kennen.