Man könnte jetzt ausholen zu einem Vergleich der Religionen und versuchen zu erklären, welche davon wirklich die Verrückteste ist, das Christentum landet dabei sicher auf den vordersten Plätzen. Man könnte sich dann fragen, wie so ein Irrsinn sich über die halbe Welt verbreiten konnte. Ein Grund dürfte sein, dass niemand, außer eben so Leute wie Dante, tatsächlich versucht, sich logisch klar zu machen, an was da eigentlich geglaubt wird. Im 7. Gesang auf jeden Fall entfaltet sich der christliche Glauben in seinem ganzen Irrsinn, wir haben es objektiv mit einer psychotischen Erkrankung zu tun. Charakteristisch für diese ist eine bestimmte Grundvorstellung und die Realität wird nur noch insoweit wahrgenommen, wie sie diese wahnhafte Grundvorstellung bestätigt. Die Gedankenwelt wie auch das Gefühlsleben sind vollständig auf diese wahnhafte Grundvorstellung ausgerichtet, die Wahrnehmung der Realität ist ausgesprochen selektiv, alles, was diese wahnhafte Grundvorstellung erschüttern könnte, wird ausgeblendet oder uminterpretiert. Der normale Verstand kann Dante jetzt nicht mehr folgen. Dass der Mensch sich religiöse Fragen stellt, wie etwa, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ob es etwas gibt, das in das Weltgeschehen eingreift, Fragen das sittliche Handeln betreffend, Fragen nach dem Sinn des Lebens etc. etc. ist normal. Bei manchen Leuten aber, wie etwa bei Dante, scheinen diese Fragen, wohl auch bedingt durch schwierige Lebensumstände, einen derartigen Leidensdruck zu verursachen und damit einhergehend ein solch unbedingtes Verlangen nach einer Antwort, dass sie sich mit einer Unbedingtheit daran klammern, die krankhaft ist. Solange das Christentum im Besonderen und Religion im Allgemeinen nur Folklore ist oder als Orientierung für den Alltag des Lebens dient, ist das ok, dann kommt auch keiner auf die Idee, den Hokuspokus rational erklären zu wollen. Wird das Verlangen unbedingter, kommen Abstrusitäten heraus, wie wir sie gleich erleben werden. Es ist ja bekannt, dass der Druck aus dem Kessel genommen wird, wenn die Menschen den Eindruck haben, dass sie ausreichend Möglichkeiten habe, sich zu entfalten, wirtschaftlich und persönlich. Haben sie diesen Eindruck nicht mehr, scheint der Wahn zuzunehmen, viel mehr bleibt dann unter Umständen nichts mehr außer diesem Wahn. Es wäre also auch geboten, denn Rattenfängern dieser Welt, die jede Krise ausnutzen, um die Leute für den Wahn zu begeistern, mal deutlich auf die Finger zu klopfen. Zu diesem Umfeld gehört auch der Ratzinger, Joseph, Künstlername Benedikt. Der meint, die aktuelle Bankenkrise für seine Zwecke instrumentalisieren zu können.

Da ist Papst Benedikt der XVI. mit der von ihm propagierten Trennung von materieller und göttlicher Einflusssphäre schon eher auf dem rechten Weg. Er sieht in der Finanzmarktkrise die Sinnlosigkeit des Geldes bestätigt. Mit dem Zusammenbrechen der großen Banken sehe man ja, dass Geld nichts sei, sagte der Papst. "Wer auch immer sein Leben auf dieser Realität aufbaut, auf materiellen Dingen, auf Erfolg, der baut sein Haus auf Sand. Die einzige solide Realität ist Gottes Wort." Das ist wahrhaft tröstlich.

http://www.welt.de/welt_print/article2539834/Retter-in-der-Not-Papst-Benedikt-der-XVI.html

Wir haben bis jetzt noch nicht den Eindruck gewinnen können, dass das Studium des Thomas von Aquin und ähnlicher Schriften aus einem Laien einen bedeutenden Ökonomen machen, der zu diesen Fragen Profundes beisteuern könnte. Um genau zu sein, wir glauben sogar, dass die Kenntnis dieser Werke sich zum ökonomischen Sachverstand geradezu umgekehrt proportional verhält. Wenn aber Geld völlig sinnlos ist, könnten die Kirchen einen sinnvollen Beitrag leisten und auf die Kirchensteuer verzichten und Papst Benedikt könnte als Bettelmönch durch Rom ziehen. Das eingesparte Geld könnte man dann dafür verwenden, die Kreativität der Kiddies zu steigern, wobei man am besten gleich im Kindergarten anfängt. Den Kiddies sollte man mal beibringen, glücklich zu sein, die ganze Palette der kreativen Möglichkeiten, Musik / Theater / Sprachen / Autos zerlegen und wieder zusammenbauen / Webseiten basteln / Sport / Kochen / Apfelbäume pflanzen etc. etc. etc. Dafür wird man mehr Geld ins System pumpen müssen, das wäre aber sinnvoller, als es in die Kirchen zu pumpen. Die Philologentrottel wird man nachschulen müssen und der Lehrerberuf muss profesionalisiert werden. Kriselt es dann, haben sie gelernt, dass sich viele Probleme mit einem klaren Kopf, guten Kumpels und auch mal mit richtig ranklotzen lösen lassen. Das würde sie immun machen gegen Hokuspokus.

„Osanna sanctus Deus Sabaoth,
Superillustrans tua claritate
Felices ignes horum malahot-“

Oh heiliger Geist der Heeresmacht Zebaoth
Überstrahlend mit deinem Glanze
Die seligen Feuer dieser Scharen

Der Begriff Zebaoth (hebräisch) wird verwendet für die himmlischen Heerscharen, die sich um Gott scharen. Bei malahot (ebenfalls hebräisch) ist Dante ein Fehler unterlaufen, er meint den Genetiv von Malacòth. Der Genitiv von Malacòth ist Mamlacoth. Das hilft aber auch nicht wirklich weiter, weil dann unklar ist, was Malacòth heißt. Unter Umständen ist Malkhut gemeint, das wäre dann aber das irdische Reich.

So ließ der Geist ertönen die Kantate,
Als er gekrönt mit einem Doppelglanz,
Dem Umschwung seines Sternes wieder nahte

Im Original

Così, volgendosi a la nota sua,
fu viso a me cantare essa sustanza,
sopra la qual doppio lume s'addua:  


Und dergegestalt, sich drehend zum Rhythmus seines Liedes
sah ich singen diese Gestalt
über der zwei Lichter prangten


Der sich da dreht im Kreise ist Justinian. Über ihm prangten zwei Lichter, sein eigenes, weil er ja ein Kaiser ist und das himmlische.

Und mit den andern neu begann den Tanz,
Bis er und alle leuchtend mir von hinnen
Blitzschnell zerstiebten wie ein Funkenkranz


Nu isser wech.

Ich stand und zweifelte und sagte innen
Zu mir: Sprich, sprich und frag die Führerin,
Die deinem Durst lässt süße Labe rinnen


Das Thema hatten wir schon, er hat ständig Angst, etwas zu fragen, warum auch immer, aber die holdselige Beatrice errät, welches Problem er in seiner tiefbewegten Brust wiegt.

Allein die Ehrfurcht,die mir Herz und Sinn
Bei B.. und ..ice schon als Kind bezwang,
Bog mir das Haupt wie schlafbefangen hin


Wir vermuten mal eher, dass es damals eine andere Ehrfurcht war, aber das ist egal.

Bald aber sprach sie – und ein Lächeln drang
Auf mich so strahlend, dass es selig machte,
Wen schon des Scheiterhaufens Glut umschlang

Das ist schon ein heftiges Bild. Er behauptet also, dass das Lächeln Beatrices ihn auch dann selig machen würde, wenn er auf dem Scheiterhaufen verbrennen würde.

Nach meiner Einsicht, die untrüglich, dachte
Dein Sinn: Ob rechtlich strafbar sei die Rache,
Die, was sie tat, doch nur gerecht vollbrachte?
 

Im Original

Secondo mio infallibile avviso,
come giusta vendetta giustamente
punita fosse, t'ha in pensier miso;

Nach meiner unfehlbaren Meinung,
wie kann es sein, dass gerechte Rache
wird bestraft gerecht, diese Frage beschäftigt dich


Das mit dem unfehlbar müssen wir nicht so ernst nehmen. Beatrice ist ja zur Theologie mutiert und jene ist eben unfehlbar.
Also die Frage, die Dante in seiner tief bewegten Brust wälzt und deren Antwort süß wie Honig von den Lippen Beatrices tropfen wird, Labsal seiner Seele, ist diese. Wenn die Kreuzigung Jesu notwendig war, weil ein paar tausend Jahre vorher Eva einen Apfel verspeist hat (damals wurden Erkenntnisse noch mit der Nahrung aufgenommen, der Apfel führt zu Erkenntnis, nämlich darüber was gut und böse ist. So einen Apfel müsste man im Kindergarten haben, den würden die Kinder verspeisen und bumsfallera wüssten sie was gut und böse ist. Wir bräuchten dann nur noch die Mathebirne, die franz.Vokabeln Kirsche und den C++ / objektorientierte Programmierung Schokoriegel) und die Menschen folglich mit der Erbsünde belastet sind, dann haben die Juden ja nur Gottes Werk vollbracht, was dann wiederum die Frage aufwirft, warum Titus den Tod Jesu an den Juden rächte. Das ist die Frage, die Dante beschäftigt und deren Beantwortung süßer Labe seiner Seele ist.

Merk auf mein Wort, weil ich in dieser Sache-
Wenn ich bei dir entwirre dies Geflecht-
Die große Wahrheit zum Geschenke mache


Im Original

ma io ti solverò tosto la mente;
e tu ascolta, ché le mie parole
di gran sentenza ti faran presente  


Doch ich werde befreien deinen Geist von seinen Fesseln,
hör du nur zu, denn meine Worte
werden dir ein großes Urteil vor die Augen führen


Das ist nun natürlich schwierig, mit dem großen Urteil oder tiefen Einsicht. Denn diese kann wohl nur erfolgen, wenn die Frage schon bedeutend war. Wir erkennen noch nicht richtig die Tragweite der Fragestellung.

Der Ungeborene, der nicht für Recht
Den ihm zum Heil verhängten Zaum erkannte,
Verdammte sich damit und sein Geschlecht,

Darob die Menschheit irrtumsvoll entbrannte
Und kränkelnd sich vieltausend Jahr zerquälte,
Bis sich das Gotteswort zur Erde wandte


Der Ungeborene ist Adam, der hat ja bekanntlich, von Eva dem Luder verführt, auch vom Apfel gegessen. Die Tatsache, dass Adam vom Apfel gegessen hat, ist dann die Ursache, dass wir hienieden in einem Jammertal leben, bzw. bis zu Christi Geburt in einem Jammertal lebten. Inzwischen ist ja der Autor wie auch Sie von der Erbsünde befreit.

Wir lesen uns jetzt die Stelle in der Bibel mal durch, denn dort wird die Ursache allen Übels beschrieben. Es sind zwar nur wenige Zeilen, aber in Anbetracht der enormen Tragweite der dort beschriebenen Ereignisse, sollte man diese kennen. 1. Buch Mose, Kapitel 3:  

Und die Schlange war listiger denn alle Tiere auf dem Felde, die Gott der HERR gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von den Früchten der Bäume im Garten? Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Eßt nicht davon, rührt's auch nicht an, daß ihr nicht sterbt. Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, daß, welches Tages ihr davon eßt, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und das Weib schaute an, daß von dem Baum gut zu essen wäre und daß er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß. Da wurden ihrer beiden Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, daß sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürze. Und sie hörten die Stimme Gottes des HERRN, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter die Bäume im Garten. Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich.

Und er sprach: Wer hat dir's gesagt, daß du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von von dem Baum, und ich aß.Da sprach Gott der HERR zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die Schlange betrog mich also, daß ich aß. Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du solches getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und vor allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du gehen und Erde essen dein Leben lang. Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen. Und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, und er soll dein Herr sein. Und zu Adam sprach er: Dieweil du hast gehorcht der Stimme deines Weibes und hast gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen, verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis daß du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden. Und Adam hieß sein Weib Eva, darum daß sie eine Mutter ist aller Lebendigen. Und Gott der HERR machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und kleidete sie. Und Gott der HERR sprach: Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, daß er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, daß er das Feld baute, davon er genommen ist, und trieb Adam aus und lagerte vor den Garten Eden die Cherubim mit dem bloßen, hauenden Schwert, zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens.

Aus der ganzen Geschichte ist wohl dies der zentrale Satz:

Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, daß, welches Tages ihr davon eßt, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.

Wahrscheinlich interpretieren das Theologen ja anders, aber der Autor hat mal als 60 stes Nebenfach auch Literatur studiert (Romanistik) und irgendwie würde er sagen, die Interpretation eines Textes muss irgendwie zumindest einen losem Zusammenhang haben zu dem, was da eben steht. Und die Schlange sagt nun mal nichts weiter, als dass Adam und Eva, so sie denn von dem Apfel essen, sein werden wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Es ist nun ziemlich egal, wie man das interpretiert, es kommt immer Schwachsinn raus. Unter Umständen könnte man das mit dem „gut und böse“ ja etwas aufweichen und sagen, man ist wie Gott, wenn man die Deutungshoheit über die Wirklichkeit hat. Wer also von dem Apfel isst, maßt sich an, die Welt einzuschätzen. Aber auch mit dieser Interpretation hat der Autor ein Problem. Er würde sagen, dass das Problem der Menschheit genau dies ist, dass die Leute nicht mit ihrem eigenen Schädel denken. Egal was Gott darüber denkt, er würde gleich einen ganze Kiste Äpfel dahinstellen.

Wie auch immer. Wir müssen jetzt akzeptieren, dass man im Christentum keine Äpfel essen darf und dass das Verzehren von Äpfeln weitreichende Folgen haben kann, wie auch immer. Der eigentliche Grund für den Hokuspokus dürfte aber tiefer liegen. Wenn Christus nämlich nicht für die Äpfelesser gestorben wäre, dann wäre völlig unklar, für was er überhaupt gestorben ist, er wäre dann ein schlichter Wanderprediger unter vielen. Einer der vielen, die in dem von Dante so verehrten römischen Reich zu Tode gefoltert wurden.

Da ich das aber gerade eben bei Wikipedia gefunden haben, sei es hier noch angefügt, das ist von Gerd Lüdemann. Alle drei Zitate sind so zutreffend, wir konnten uns einfach nicht für das Beste entscheiden, deshalb alle drei.

Die freiheitlich-demokratischen Ideale und Werte, die sich jetzt auch im Grundgesetz finden, wurden während der Aufklärung gegen die sich auf Gott und Bibel berufenden Kirchen durchgesetzt. Und weder der Gott Jahwe des Alten Testaments noch der Vater Jesu Christi, noch beide in einer Person, noch Allah vertreten die Werte unseres freiheitlich-demokratischen Staates.

Die Aufklärung lässt sich nicht an die Ketten des christlichen Glaubens legen. Sie stürzt wie ein brausender Strom heran, gegen den alle Glaubensschleusen und -dämme machtlos sind.

(...) wahrscheinlich unmöglich ist Bibel und Demokratie, Bibel und moderne Gesellschaft zu vereinbaren.

Zitiert aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_L%C3%BCdemann

Kraft seiner ewgen Liebe sich erwählte
Die ihrem Herrn entfremdete Natur
Und ihr höchsteigen sich im Fleisch vermählte

Das ist irgendwie die Kategorie Äpfelessen. Als Gott hat sich mit der ihm entfremdeten Natur, also mit Adam im Speziellen und dem Menschen im Allgemeinen vermählt, indem er mit Maria eben jenen Jesus zeugte, von dem ja wiederum, wie wir bereits wissen, ein Teil göttlich und der andere menschlich ist.

Nun folge treulich der gewiesenen Spur:
Der Mensch, neu seinem Gotte hingegeben,
Ward wieder rein wie einst in Edens Flur

Im Original

Or drizza il viso a quel ch'or si ragiona:
questa natura al suo fattore unita,
qual fu creata, fu sincera e buona;  

Nun richte deinen Geist auf das was jetzt berichtet:
Diese Natur mit ihrem Schöpfer verbunden
als sie erschaffen, war rein und gut  


Mit „questa natura“ ist der Mensch gemeint, der war, als er erschaffen und noch keinen Apfel gegessen hat, rein und gut.

Doch durch sich selber und sein frevelnd Streben
Verschloss er sich hinfort das Paradies,
Weil er nicht schritt, wo Wahrheit ist und Leben


Das ist wieder das mit dem Äpfelessen. Er aß eben jenen Apfel, frevelte also und ward vertrieben aus dem Paradies. Die Wahrheit ist also da, wo die Äpfel nicht sind, soviel ist also schon mal klar. Angesprochen ist übrigens der Traumberuf des Autors, Pomologe, der Apfelforscher. Der Autor findet nämlich Äpfel faszinierend, die gibt es in tausend Sorten. Der Autor kennt Apfelsorten, die gibt es in keinem Laden zu kaufen. Wer länger auf dem Land lebt, weiß das. Wieso ausgerechnet der Apfel für so was herhalten muss, weiß kein Mensch. Warum nicht Salatköpfe? Die sind ja nur mit einer Sauce genießbar, die es nur in Süddeutschland gibt. Aber vielleicht sollte der Autor mal in ein Kochbuch schauen.

Und keine Strafe drum gerechter hieß,
Dem angenommenen Leibe nach erwogen,
Als die, die man am Kreuz erdulden ließ


Im Original

La pena dunque che la croce porse
s'a la natura assunta si misura,
nulla già mai sì giustamente morse;  


Noch nie war etwas so angemessen wie das Kreuz
misst man sie nach der Natur des Körpers,
wie die Strafe deren Sinnbild ist das Kreuz

Entscheidend ist jetzt der Satz „Natur des Körpers“. Gemeint ist die menschliche Natur Jesu. Nur diese menschliche Natur musste den Kreuzestod sterben, nicht aber die göttliche. Insofern also die damalige Bevölkerung Palästinas diese menschliche Natur kreuzigen ließen, vollstreckten sie den Willen Gottes, und die Kreuzigung des menschlichen Teil Jesu hätte also nicht gesühnt werden müssen. Das Pech dabei war, dass mit der menschlichen Natur auch die göttliche dahinschied, und das war natürlich ein zu rächender Frevel. Hätte man also den göttlichen Teil, über welche Methode auch immer, vor der Kreuzigung extrahiert, dann wäre das in Ordnung gewesen. Das Problem war wahrscheinlich, dass man diesen göttlichen Teil nicht extrahieren konnte. Allerdings vermutet der Autor, dass das auch nicht viel geändert hätte, Titus hätte Jerusalem auch dann in Schutt und Asche gelegt, wenn die „Juden“ den göttlichen Teil vorher extrahiert hätten, er wollte nämlich an den Tempelschatz ran. Ob im Übrigen diese sehr feinsinnige Unterscheidung sich von einer nationalsozialistischen Hetzkampagne tatsächlich fundamental unterscheidet, weiß der Autor auch nicht. Bei letzteren war das jüdische Volk der Mörder Jesu und bei Dante der Mörder des göttlichen Teils von Jesu. So rein praktisch gesehen läuft das ziemlich auf das gleiche Hinaus.

Und keine ungerechtre ward vollzogen,
Sieht man auf den, der dort sein Blut verlor,
Als er Gemeinschaft mit dem Fleisch gepflogen

Im Original

e così nulla fu di tanta ingiura,
guardando a la persona che sofferse,
in che era contratta tal natura.  


Und so war auch nichts ungerechter,
wenn man, wer sie erduldet,
und der vermengt mit dieser Natur


Der menschliche Jesus war also verbunden mit dem himmlischen und diesen zusammen mit dem göttlichen zu kreuzigen, war schwerer Frevel. Die Frage ist, wie man das strafrechtlich bewertet. Wenn man die Kreuzigung des himmlischen Jesus als gottgewollt straffrei ansieht, dann müsste man sagen, dass der Mord an dem göttlichen von Gott billigend in Kauf genommen wurde. Strafrechtlich lässt sich allerdings der Fall nicht bewerten, weil sich gar keine andere Situation denken lässt, die ähnlich gelagert ist. Abstrakt formuliert handelt es sich um eine Straftat, die aber einem höheren Ziel dient. Vergleichbar ist damit noch eine Situation, bei der ein verfassungsmäßig zugestandenes Grundrecht, nur durch eine Straftat durchgesetzt werden kann, bzw. bei der Durchsetzung einer solchen eine Straftat begangen wird. Dieser Fall liegt zum Beispiel dann vor, wenn jemand aus der DDR geflüchtet ist und bei der Flucht ein Grenzer erschossen wurde. Es wäre mal spannend, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Dies hätte zu erklären, ob die legitime, durch ein höheres Ziel gerechtfertigte Tötung des himmlischen Jesus, dann zu einer Straftat führt, wenn der göttliche dann getötet wird. Ich wette tausend zu eins, da steigen die aus, die Verfassungsrichter.  

Verschiedenes ging aus einer Tat hervor:
Gott und den Juden war ein Tod willkommen –
Die Erde barst, aufsprang des Himmels Tor!


Das ist jetzt natürlich richtig. Die eine Tat tötete sowohl den menschlichen wie auch den göttlichen Teil Jesu. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge, das sehen wir unmittelbar ein. Die eine Tat, also die Kreuzigung des menschlichen Jesu, ließ dann die Tore zum Himmel aufspringen, weil der Mensch von der Erbsünde befreit wurde, die dadurch entstand, dass Eva einen Apfel gegessen hat und durch diesen erfahren hat, was gut und böse ist. Den Autor interessiert natürlich allein die Tatsache, dass man allein durch das Verspeisen eines Apfels irgendwelche Kenntnisse erwirbt. Der Autor bräuchte jetzt zum Beispiel einen Russischapfel, man verspeist ihn und peng kann man Russisch. Es soll jetzt keiner behaupten, dass das blöd wäre, weil wir dann ein Heer von arbeitslosen Lehrern, Professoren etc. hätten. Diese Argument ist so ähnlich schwachsinnig wie das Argument, man braucht die Rüstungsindustrie, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen. Die Mittel, die dann frei werden, wenn man diesen Wahnsinn stoppt, kann man z.B. für Solaranlagen, Optimierung des Fuhrparks der Haushalte (ein großes Auto für lange Strecken, ein kleines, sparsames um in der Stadt rumzukurven) etc. etc. einsetzen.

Mach dich dein Zweifel ferner noch beklommen?
Du siehst, dass Rache ein gerecht Gericht
An der gerechten Strafe hat genommen.

Na, da spricht sie, um es mal mit Shakespeare zu sagen, ein großes Wort gelassen aus, die Beatrice. Der Autor würde eher vermuten, dass auch die Richter beim Bundesverfassungsgericht hier glatt kapitulieren.

Jedoch um all dein Denken spinnt sich dicht
Ein Netz, das dich umknotet, und ich sehe,
Wie gern du lösen willst, was dich umflicht

Das glaub ich auch, dass dem Dante der Kopf schwirrt. Ich glaube auch nicht, dass er die Frage wälzt, die Beatrice vermutet. Ich glaube der ist schon viel früher ausgestiegen. Beatrice meint also, dass Dante diese Frage beschäftigt.

Du spricht bei dir: Ich höre und verstehe,
Und warum wollte Gott, dass solcherart
Und nur so das Erlösungswerk geschehe

Wir bezweifeln, dass Dante sich diese Frage stellt, denn die ist ziemlich radikal, und Dante stellt sich keine radikalen Fragen, seine Fragen sind, das bedingt die psychotische Natur, systemimmanent. Davon abgesehen, ist die Frage natürlich berechtigt. Warum ist er nicht schlicht und einfach im Bett gestorben, warum musste er gekreuzigt werden, weil Eva das Luder einen Apfel gegessen hat. Das hätte man auch im Bett sühnen können.  

Solch Ratschluss, Bruder, liegt zutiefst verwahrt
Für Augen, deren geistiges Erkennen
Noch nicht geklärt durch Liebesfeuer wird

Aha. Wir haben hier also das, was man wissenschaftstheoretisch eine Immunisierungsstrategie nennt. In der Wissenschaft spricht man Immunisierungsstrategie (Karl Popper, Logik der Forschung), wenn Gegenargumente durch ein nicht weiter hinterfragbares Argument abgeblockt wird. Hier zum Beispiel behauptet Beatrice, dass all diejenigen, die ihr Gebrabbel nicht begreifen, noch nicht ganz durchströmt sind vom göttlichen Liebesfeuer. Damit entzieht sich die Aussage der rationalen Überprüfung. Völlig Unterschiedliches ist also im Schwachsinn vereint. Ähnliches findet man auch in der Psychoanalyse. Wer sich weigert, die Thesen richtig zu finden, hat halt irgendeinen Komplex, fühlt sich ertappt und akzeptiert deshalb die Aussage nicht. Man muss ihn dann therapieren.

Doch höre – weil so viel nach Einsicht brennen
Und wenig nur erreicht all ihr Bemühen –
Dass die Art die gottwürdige zu nennen!
 

Im Original

Veramente, però ch' a questo segno
molto si mira e poco si discerne,
dirò perché tal modo fu più degno.


Wahrlich, weil viele auf diese Frage
Blicken und man nur wenig erkennt,
sag ich dir, warum diese Art die würdigste


Auch da geht der Autor natürlich nicht mit. Wenn viele das nicht kapieren, kann es auch daran liegen, dass es schlicht Unsinn ist oder schlecht erklärt wird. Möglich ist aber auch beides. Es ist sowohl Unsinn wie auch schlecht erklärt. Noch zugespitzter: Vielleicht merken viele sogar gar nicht, was es für ein Blödsinn ist, weil es schlecht erklärt ist. Mit „diese Art die würdigste“ wird auf den Kreuzestod angespielt, das ist in diesem Falle, meint Beatrice, die würdigste Art zu sterben. So einfach im Bett friedlich entschlummern, geht gar nicht, warum erfahren wir jetzt.

Du siehst in sich selbstlos und neidlos glühen
Die Liebe Gottes, siehst in Schönheitsprangen
Ihr Wunder ewger Herrlichkeit erblühen

Im Original

La divina bontà, che da sé sperne
ogne livore, ardendo in sé, sfavilla
sì che dispiega le bellezze etterne.  


Die göttliche Güte, die keine Missgunst
Kennt, allein für sich brennt, funkelt so,
dass sich entfaltet die ewige Schönheit


Na ja, offensichtlich ja nicht, täte sie dies, dann hätte Dante sich ja nicht „in Waldesnacht verirrt“, weil er „den Pfad verlor des rechten Strebens“, wie es am Anfang der theologischen Kömödie heißt. Weiter ist gar nicht klar, was uns die theologische Beatrice damit überhaupt sagen will. Wenn sie uns damit sagen will, dass man Gottes Herrlichkeit sofort sieht, bräuchte sie ja nichts zu erklären.

Was unvermittelt draus hervorgegangen,
Ändert und endet nie, weil dauerhaft
Es ihres Siegels Prägung hat empfangen


Im Original

Ciò che da essa sanza mezzo piove
libero è tutto, perché non soggiace
a la virtute de le cose nove.  


Was aus dieser unmittelbar entsteht
ist völlig frei, weil sie nicht unterliegt
Der Tugend der neuen Dinge  


Mit „dieser“ (essa) ist immer noch die göttliche Glut gemeint. Das hat jetzt wahrscheinlich wieder was mit den ganzen animae, mit den Seelen zu tun. Die anima vegetativa (die Pflanzenseele sozusagen, zuständig für das weitgehend sinnfreie aber lustige Pullulieren), dann die anima sensitiva, damit kann man dann noch Dinge wahrnehmen, die haben dann die Tiere. Die können aber auch noch nicht richtig denken und Informationen verarbeiten, dafür braucht es dann die anima intellectiva und die wiederum kommt direkt von Gott, die wird jedem Menschen einzeln und direkt eingeimpft, ist also schon immer da, während die cose nove (die neuen Dinge), ja erst erschaffen werden und folglich sind auch die anima vegetativa und die anima sensitiva, die von diesen abhängen, nur eschaffen und nicht ewig. Daraus ergibt sich dann die Sonderstellung des Menschen. Das ist natürlich kompletter Blödsinn, weil es ja offensichtlich ist, dass auch Tiere denken, sogar depressiv sein können, aber so stellt Thomas von Aquin und damit auch Dante sich das vor. Die These entspricht aber nicht wirklich dem neuesten Forschungsstand, da müsste man eher das, ebenfalls ältere Werk, von Karl Popper in die Hand nehmen, Das Ich und sein Gehirn.

Was sie unmittelbar verströmt und schafft,
Ist völlig frei, braucht keinen Zwang zu scheuen:
Nichts Neuerschaffenes schmälert seine Kraft

Im Original

Ciò che da essa sanza mezzo piove
libero è tutto, perché non soggiace
a la virtute de le cose nove.  


Was aus ihr unmittelbar herabregnet
ist vollkommen frei, weil es nicht unterliegt
der Tugend der neuen Dinge


Das geht jetzt irgendwo so, aber ganz genau versteht es der Autor auch nicht. Die anima intellectiva kommt ja von Gott direkt, so wird dann die Bibel nachträglich an Aristoteles angepasst, denn in der Bibel steht: Und Gott der HERR machte den Menschen aus einem Erdenkloß, uns blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. (Moses 2, 7) Gott hat also beim Menschen eigentlich nur erste Hilfe geleistet und ihm Luft in die Lungen gepumpt. Wenn Gott das aber macht, dann kriegt man gleich noch Verstand ins Hirn gepustet. Weil diese anima intelletiva aber direkt von Gott kommt, ist sie aber Gott zugeneigt. Trotzdem muss sich aber der Mensch noch gemäß seines freien Willens für Gott entscheiden, wobei frei hier relativ ist, tut er es nämlich nicht, landet er ein / zwei Stockwerke weiter unten.

Je mehr ihr‘ s gleicht, je mehr wird sie‘ s erfreuen,
Weil jene Strahlen, die das All durchschneiden,
Dem ähnlichsten den hellsten Schimmer streuen


Im Original

Più l'è conforme, e però più le piace;
ché l'ardor santo ch'ogne cosa raggia,
ne la più somigliante è più vivace.


Je ähnlicher etwas ihr ist, desto mehr gefällt es ihr;
der heilige Strahl, der jedes Sache erleuchtet,
in der ähnlichsten ist sie am lebendigsten

Also das ihr ist immer noch die divina bontà. Dieser divina bontà gefällt nun alles, worin sie sich wiedererkennt. Am ähnlichsten ist ihr dann natürlich die anima intellectiva, denn die kommt ja direkt von ihr.

Der Mensch nun darf im Vollbesitz sich weiden
All dieser Gaben, aber fehlt ihm eine,
So muss er seines Adels sich entkleiden

Im Orginal

Di tutte queste dote s'avvantaggia
l'umana creatura; e s'una manca,
di sua nobilità convien che caggia

Mit all’ diesen Gaben ist ausgestattet
mehr als andere der Mensch; und wenn eine fehlt,
ist er entkleidet seines Adels


Das mit den tutte quste dote (all‘ diesen Gaben) ist jetzt ganz pfiffig, das klingt ja so, wie wenn die Gaben vorher bereits genannt worden wären, aber niente pizza, das muss man jetzt wissen. Gemeint ist wohl, dass der Mensch unmittelbar von Gott geschaffen wurde (also jedem bläst er individuell die anima intellectiva in die Nase), die unsterblich ist. Er hat einen freien Willen, das heißt er kann sich auf freiwillig für die Hölle entscheiden, und er ist nach Gottes Bild geschaffen.

Unfrei macht ihn die Sünde, sie alleine,
Unähnlich macht sie ihn dem höchsten Gut,
Dass minderhell er glänzt im Himmelsscheine

Im Original

Solo il peccato è quel che la disfranca
e falla dissìmile al sommo bene,
per che del lume suo poco s'imbianca;  

Nur die Sünde ist es die ihn trennt
Und ihn ungleich macht dem höchsten Gute,
so dass von seinem Licht nur wenig strahlt


Unter Umständen, das legen die folgenden Verse nahe, ist die Ersbsünde gemeint, als der Biss in den Apfel, für den Jesus dann am Kreuz gestorben ist.

Und wenn er sich nicht straft und Buße tut,
Nicht ausfüllt die durch Schuld entstandenen Lücken,
Nie mehr auf ihm die alte Würde ruht


Im Original

e in sua dignità mai non rivene,
se non riempie, dove colpa vòta,
contra mal dilettar con giuste pene.  

Und seine Würde erhält er niemals wieder
wenn er nicht füllt, wo Sünde leert,
gegen schlechtes Handeln, die gerechte Strafe

Das bezieht sich noch nicht auf die Erbsünde, denn diese ist ja so schrecklich (Salomon der Weise spricht / grüne Äpfel verspeise nicht), da kann nur noch der Herrgott selbst die Dinge ins Reine bringen. Zur Erbsünde geht es jetzt.

Eure Natur zerstörte selbst die Brücken
Zum Paradies und jeden Würdenrang,
Seit sie sich von der Sünde ließ berücken


Immer noch und immer wieder der Apfel. Ich glaube Dante hätte auch Pomologe werden sollen.

Unmöglich ist daher ihr Rückempfang,
Wenn nicht der Mensch von diesen beiden Pfaden -
Du wirst es einsehn – einen wählt zum Gange

Im Original

né ricovrar potiensi, se tu badi
ben sottilmente, per alcuna via,
sanza passar per un di questi guadi :  

und sie erlangen sie nicht wieder, wenn
du es wohl bedenkst, ohne zu beschreiten,
einen dieser beiden Wege


Die beiden Wege, die beschritten werden müssen, damit die Sünde getilgt wird, werden jetzt beschrieben.

Entweder dass Gott selbst die Schuld aus Gnaden
Ihm nachlässt oder: dass die Kraft ihm eigen,
Sich selbst der Torheit folgen zu entladen

Also entweder erlässt Gott die Schuld, oder man muss halt was tun. Rebus sic stantibus verstehen wir das „du es wohl bedenkst“ nicht. Denn wenn man Schulden hat, gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Der Gläubiger erlässt sie oder man zahlt sie zurück. Das kapiert der Autor sogar mal ausnahmsweise auf Anhieb, das muss er nicht mal wohl bedenken. Die dritte Möglichkeit wäre, man stellt einen Antrag auf persönlichen Konkurs, dann ist nach sieben Jahren Ruh. Man könnte also auch beim himmlischen Amtsgericht einen Antrag auf persönlichen Konkurs stellen, dann wäre die Sache nach sieben Jahren sozusagen „verjährt“. Diese eigentlich pfiffige Lösung hat Gott aber nicht vorgesehen. Die eigentlich bahnbrechende Erkenntnis kommt jetzt.

Jetzt aber gilt‘ s, das Auge hinzuneigen
Zum Abgrund, darin Gottes Ratschluss ruht,
Und meinen Worten folgsam dich zu zeigen!

Also die bahnbrechende Erkenntnis kommt noch nicht, Beatrice teil uns nur mit, dass wir jetzt in einen Abgrund schauen werden, worin Gottes Ratschluss ruht. Der Autor wiederum hat den Eindruck, schon die ganze Zeit in einen Abgrund zu schauen, allerdings hat er Gottes Ratschluss da nicht gefunden.

Den Menschen hinderte sein sündig Blut,
So demutsvoll zu neigen sich zur Sühne,
So tief, als hoch dereinst voll Frevemut

In seinem Trotz der Ungehorsam – Kühne
Zu steigern suchte – drum wird‘ s nie geschehen
Dass ihm das Reis der Selbstbefreiung grüne

Also, der Verzehr jenes höchstwahrscheinlich grünen Apfels, war derartig frevelhaft (noch mehr aber wahrscheinlich die Einflüsterungen der Schlange, „ihr werdet sein wie Gott“, was sich ja nicht mal bewahrheitet hat), dass der Mensch sich gar nicht so tief demütigen kann, dass dieser Frevel gesühnt wird.
Der Mensch kann sich also von dieser Sünde nicht befreien. Auch diese dürfte allerdings, mangels Rechtsgrundlage, schon von jedem Amtsgericht abgeschmettert werden, dafür braucht man gar nicht zum Bundesgerichtshof zu marschieren. Eine Straftat kann nicht vererbt werden. Was aber irgendwie jedem klar ist, scheint Beatrice nicht klar zu sein. Wir vermuten allerdings etwas anderes. Wir vermuten, dass monotheistische Religionen vor allem ein Ziel haben, nämlich Macht zu erringen. Die abstruse Logik kann man eigentlich nur dadurch erklären, dass ein Zusammenhang gesucht wird, der Jesus als religionsstiftend ausweist. Ein schlichter Prophet reicht da nicht, auch wenn er am Kreuz stirbt. Da musste schon etwas erfunden werden, dass ihn einzigartig macht.

So stand‘ s bei Gott, den Menschen Auferstehen
Zu unversehrtem Dasein zu erneuern –
Er konnte einen Pfad, auch beide gehen

Also: Gott hatte zwei Möglichkeiten, Schuldenerlass oder Ratenzahlung, bzw. zu Verzeihen und die Sühne anzuerkennen. Er hat dann beide Möglichkeiten gewählt, sowohl das Verzeihen, als auch die Anerkennung der Sühne, wobei die Sühne darin bestand, dass Jesus Christus, bzw. dessen menschlicher Teil, gekreuzigt wurde. Aus kaufmännischer Sicht ist das natürlich ein Unding, das wäre so nachdem Motto, „hey, brauchste nicht mehr zurückzahlen, die erste Rate erwarte ich am 1. Mai“. Wir haben jetzt natürlich noch ein Problem damit, zu verstehen, warum er die Schuld nicht einfach erlassen hat, im Grunde war das ja nicht so schwerwiegend mit dem Apfel und das andere, das mit dem „ihr werdet sein wie Gott“, was natürlich ziemlich dreist ist, hat ja die Schlange gesagt, die Eva wollte doch gar nicht sein wie Gott, was hätte sie denn davon gehabt, Eva war doch eine Frau, die wollte nur ein paar Klamotten von Dolce & Gabbana. Beatrice muss uns jetzt also noch erklären, warum Gott sowohl die Sühne gefordert, wie auch verziehen hat. Das tut sie jetzt.

doch weil die Handlung mehr pflegt zu erfreuen,
Die von des Herzens gütigem Bestreben,
Als ihrem Lichtkern, Glanz weiß nachzustreuen,

So schlug die Güte des Allmächtigen eben
In ihrer Liebe beide Wege ein,
Um euch von tiefem Fall zu heben

Gott hat also beide Wege beschritten, den Weg des Verzeihens und den der Buße (wobei die Jesus die Buße stellvertretend für die Menschheit abgeleistet hat, im Grunde war da also nicht viel Buße), weil er ein großzügiges Herz hat. Wir wissen jetzt natürlich nicht, ob Gott seinen Sohn gefragt hat, ob er das für eine gute Idee hält, der wäre vielleicht der Meinung gewesen, dass ein schlichtes Verzeihen ausreichend wäre. Eine ganz tiefe Logik hat die Sache aber doch. Wenn im Grunde, ich glaube Gott stimmt uns dazu, das Verspeisen eines Apfels eigentlich keine so schreckliche Sünde ist, dann reicht eine in Stellvertretung abgeleistete Sühne vollkommen, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass diese Sünde auch noch ein paar tausend Jahre vorher stattgefunden hat und strafrechtlich ohnehin belanglos ist, weil Straftaten ja gar nicht vererbt werden können.

Und zwischen letzter Nacht und erstem Schein
Des Tages sah man edler nichts gedeihen
Als dieses Werk und nie wird größeres sein

Im Original

Né tra l'ultima notte e 'l primo die
sì alto o sì magnifico processo,
o per l'una o per l'altra, fu o fie:  

Zwischen letzter Nacht und erstem Tag
ward ein so großes und herrliches Werk noch nicht gesehen
und niemals wieder wird es auf die eine oder andere Art geschehen


hm. Es gibt ja ein Werk von Nietzsche, das heißt „Der Ursprung der Tragödie aus dem Geiste der Musik“. Der Autor wird sich mal hinsetzen und auch eines schreiben, mit dem Titel: „Die Süße des Apfels als Geburt des Irrsinns“. Zwar wäre sein Jugendtraum dann nicht wahr geworden, nämlich Pomologe zu werden, aber er hätte sich diesem Ziel genähert.  

Göttlicher war‘ s, sich selbst zum Opfer zu weihen,
Um Kraft euch einzuflößen, zu erstehen,
Als aus sich selbst euch schlechthin zu verzeihen

Das ist gar nicht mal falsch. Also wenn Gott im Himmel eines Tages schlicht beschlossen hätte, „also das mit dem Apfel, das war ja eigentlich nicht so schlimm, lassen wir mal gut sein“, dann hätte das schlicht überhaupt niemand gemerkt. Der ganze Apfel wäre in Vergessenheit geraten. Das erkennt natürlich der verhinderte Pomologe an. Marketingtechnisch ein guter Schachzug zu Gunsten des Apfels. Hat zwar was von Guerilla Marketing, aber bei Marketing gilt halt, no news are bad news. Ist ja auch bei Bobele so, dem Tennisspieler, von dem gibt es eigentlich nur bad news, das sind aber good news. Klingeling die Kasse klingelt: Exklusiv in Bunte– Haben sie oder haben sie nicht? Deutschland rätselt. Wie dem auch immer sei, das Christentum hat den Apfel in das Bewusstsein der Menschheit katapultiert. Good news.

Allzu bescheiden wäre es anzusehen,
Wenn Gottes Erbe nicht verwandelt sich,
Um demutsvoll im Fleisch einherzugehen

Im Original

e tutti li altri modi erano scarsi
a la giustizia, se 'l Figliuol di Dio
non fosse umiliato ad incarnarsi.  

Alle anderen Wegen waren nicht geeignet
Gerechtigkeit zu üben, wenn der Sohn Gottes
Nicht herabgestiegen wäre im Fleische

Ha des wois i fei au ete, wie der Schwabe sagen würde. Ich glaube die vorige Terzine trifft das besser. Wenn Jesus nicht herabgestiegen wäre, um die Menschen von ihrer Erbsünde zu befreien, wenn Gott einfach nur verziehen hätte, dann hätte es keiner gemerkt, das wäre marketingtechnisch sinnlos, wir wissen ja alle: Tue Gutes und rede darüber. Aber eines muss man dem Christentum lassen. Um so eine abgedrehte Story zu promoten, muss man schon ein Marketinggenie sein. Ähnlich brilliant sind eigentlich nur noch die „Die Toten Hosen“. Die Geschichte mit der 0190 Sex Nummer, Ruf mich an, mach mich reich. Das war gut.

Allzu bescheiden wär es anzusehen,
Wenn Gottes Erbe nicht verwandelt sich,
Um demutsvoll im Fleisch einherzugehen!

Das stimmt. Der einsame Entschluss im Himmel hätte marketingtechnisch einfach gar nichts bewirkt.

Und nun – um vollauf zu befrieden dich,
Muss ich erläutern dir noch eine Stelle,
Dass du so deutlich hier erkennst wie ich!


Wir wussten immer schon, dass Beatrice von missionarischem Eifer erfüllt ist und auch auf Fragen antwortet, auf die Dante gar nicht gekommen wäre. Das ganze Getue mit der Angst, die er hat, eine Frage zu stellen, ist also völlig Blödsinn. Die Trulla brennt geradezu darauf, ihn mit ihren Erkenntnissen zu beglücken.

Du sagst: Ich sehe Luft und Wasserwelle,
Seh Glut und Staub und wie sich‘ s mischt auf Erden,
Uns seh‘ s nach kurzer Zeit vergehn mit Schnelle;

Wie musste erst all dies erschaffen werden,
Wenn deinem Wort zum Trotz, es kurzerhand
Doch fühlt des Alters und Vergehn‘ s Beschwerden?


Das war doch kla,r oder? Wir verstehen ja schon die Fragen nicht, die Dante in seiner tiefbewegten Brust wälzt, aber wenn Beatrice eine Frage stellt, dann ist endgültig Schicht im Schacht. Also was will ihm die personifizierte Theologie eigentlich erklären? Schauen wir uns also mal das Original an.

Tu dici: ``Io veggio l'acqua, io veggio il foco,
l'aere e la terra e tutte lor misture
venire a corruzione, e durar poco;  

e queste cose pur furon creature;
per che, se ciò ch'è detto è stato vero,
esser dovrien da corruzion sicure''.  


Du sagst: „Ich seh das Wasser, seh das Feuer,
die Luft und die Erde und alle was aus ihnen entstanden
Verderben und nur von kurzer Dauer

obwohl doch auch diese Dingen erschaffen wurden;
denn, wenn das, was gesagt ward richtig war,
sollten sie vor dem Verderben sicher sein

 
Sie sehen also, selbst die Lektüre des Originals bringt keine Klarheit. Höchstwahrscheinlich bezieht sich Beatrice („wenn das was gesagt ward richtig war“) auf diesen Vers oben.

Was unvermittelt draus hervorgegangen,
Ändert und endet nie, weil dauerhaft
Es ihres Spiegels Prägung hat empfangen

Was sie unmittelbar verströmt und schafft
Ist völlig frei, braucht keinen Zwang zu scheuen
Nichts Neuerschaffenes schmälert seine Kraft

Was also unvermittelt direkt von Gott erschaffen wurde, ist, wie die vier Elemente Wasser, Feuer, Luft, Erde unvergänglich, vergeht aber doch. Von daher entsteht ein Widerspruch, zumindest sieht Beatrice hier einen. Darauf gibt sie dann diese Antwort.

Nur Engel, Bruder, nur der Reinheit Land,
Wo du jetzt weilest, werden – wie sie walten
Und sind – mit mit Recht Erschaffene genannt


Also die Engel sind direkt von Gott erschaffen, wie auch das Paradies, die vergehen also nie.

Was Elemente bauen und gestalten,
Und diese selber, lässt der Herr allein
Aus angeborener Formkraft sich entfalten

Was also die vier Grundelemente Wasser, Feuer, Luft, Erde zusammenbauen, wird nicht direkt von Gott erschaffen, ist also vergänglich.

Geschaffen ward ihr Stoff, ihr Ursprungssein,
Geschaffen ward die Bildungskraft dem Kranze
Der Sterne, die uns Licht und Wärme leihn
 

Im Original

Creata fu la materia ch'elli hanno;
creata fu la virtù informante
in queste stelle che 'ntorno a lor vanno.

Geschaffen ward die Materia aus der sie bestehen;
Geschaffen die Kraft die sie zeugte
in diesen Sternen um die herum sie kreisen


Die Dinge die, also nicht direkt von Gott erschaffen wurden, werden von einer Kraft zusammengebaut, die wiederum von den Sternen abhängt, um die sie kreisen. Das ist wahrscheinlich irgendwie Platon oder Aristoteles, aber das lassen wir jetzt auf sich beruhen.

Jedoch unmittelbar zum Leben weiht
Uns Gottes Güte, dessen Liebeswehen
Und ewigen Heimatdrang nach ihm verleiht


Im Original

ma vostra vita sanza mezzo spira
la somma beninanza, e la innamora
di sé sì che poi sempre la disira.  


Aber unser Leben stammt unmittelbar
von der höchsten Güte, und dort wird
Erweckt die Sehnsucht nach ihr, die sie dann immer spürt


Das hat er schon oft wiederholt, allerdings wird das Argument dadurch weder logisch genauer, noch irgendwie poetischer. Also irgendwie hat Gott den Menschen geschaffen und ihm unmittelbar die anima intellectiva ins Hirn gepustet (wobei das auch nicht sicher ist, wenn Äpfel Wissen vermitteln, landet die anima intellectiva wahrscheinlich im Dickdarm).

Verständlich wird dir unser Auferstehen,
Wenn du zurück denkst, wie der Werderuf
Des Erdenfleisches Schöpfung ließ geschehen  


Als Gott der Menschen Erstlingpaar erschuf

Das ist immer noch die Geschichte mit dem Atem, den Gott dem Menschen eingeblasen hat, dem ersten Erstlingspaar, also Adam und Eva. Des Weiteren pustet er aber auch jedem Menschen höchst individuell die anima intellectiva in den Blinddarm, so dass also sowohl das Erstlingspaar wie das was danach kam, unmittelbar von Gott erschaffen wurde und folglich ewig lebt. Wieso das, was Gott direkt erschafft ewig ist, wissen wir zwar auch nicht, aber Beatrice weiß das. Diese wiederum gibt ja immer nur Antworten auf Fragen, die wir nicht stellen, unsere Fragen beantwortet sie nie. Das ist subtil. Es gibt systemimmanente Fragen und nicht systemimmanente Fragen. Nicht systemimmanente Fragen werden schlicht nicht beantwortet. Irgendwie hat der Autor immer das gleiche Problem, seit er sich erinnern kann, schon in der Schule. Deswegen ist er ja auch ein großer Fan von Theodor Wiesengrund Adorno. Der stellt eine wichtige Frage, die den Autor prinzipiell und immer wieder beschäftigt: Cui bono? Wem nützt es?