Und auch in diesem Gesang wird eine unendliche Fülle an Figuren auftauchen, vorwiegend männliche. Konnten wir das in der Hölle noch ohne weiteres nachvollziehen, es entspricht ja weitgehend der Kriminalitätsstastik, so finden wir das im Läuterungsberg doch überraschend. Ein paar Frauen hätten es doch auch schaffen müssen. Auf jeden Fall sind Frauen, immerhin so in etwa die Hälfte der Weltbevölkerung, unterrepräsentiert. Sordello, den wir schon aus dem sechsten Gesang kennen, das ist der Dichter, erfährt nun, wen er vor sich hat.

Ich bin Vergil. Nur Glaubensmangel wehrte
Zum Licht den Eintritt mir, nicht andre Sünde
So sprach Vergil, wie es Sordell begehrte.


Im vorigen Gesang haben wir eine ähnliche Stelle, allerdings kam Vergil da gar nicht mehr dazu, sich vorzustellen, weil Sordell ihn unterbrach, als der Name seiner Heimatstadt, Mantua, genannt wurde.

Vielmehr uns fragend jetzt nach Land und Leben
Doch als Vergil kaum „Mantua“ angefangen
Sah ich den Schatten blitzschnell sich erheben


Dass Sordell dann offensichtlich das Lateinische lobt, nehmen wir zur Kenntnis.

„O Latiums Ruhm! Der klar bewies wie keiner
Dass unsere Sprachereich reich an Kraft und Zier
Du ewger Schmuck von deiner Stadt und meiner

Sieht man das objektiv, dann sind die Verse Worthülsen und sagen über das Lateinische selbst nichts aus. Allein die Feststellung, dass Latein reich an Kraft und Zier ist, ist keine qualifizierte Aussage. Das italienische Orginal ist zwar etwas anders, aber es läuft auf das Gleiche hinaus.

«O gloria di Latin», disse, «per cui
mostrò ciò che potea la lingua nostra,
o pregio etterno del loco ond'io fui

“ O Ruhm des Lateinischen”, sagte er,
für welches du gezeigt was unsere Sprache vermag zu leisten
o ewige Lobpreisung des Ortes, aus dem ich stamme


Vergil erklärt Sordello dann, dass er in der Hölle haust, da wo auch die Kinder hausen, die zwar noch keine Sünde begangen haben, dazu hatten sie durch ihr frühes Ableben gar keine Gelegenheit, aber auch noch nicht von der Erbsünde befreit sind.

Dort bin ich bei den unschuldsvollen Kleinen
Zermalmt vom Zahn des Todes, eh hernieden
Vom Sündenfall frei die Kindlichreinen


Also irgendwie ist wohl sowas gemeint, wie es im Konzil (1563) festgelegt wurde. Dieses stellte fest, dass alle Menschen irgendwie sündig seien, weil Adam und Eva vom Apfel gegessen hatten. Von dieser Sündhaftigkeit können sie nur befreit werden, wenn sie getauft werden. Also Babys, die nach der Geburt ungetauft sterben, landen in der Hölle, jene sie getauft sind, ein Stockwerk weiter oben. Das muss man so im Detail wohl nicht verstehen, aber für die Kirche ist das praktisch, denn ohne Kirche geht es dann nicht in den Himmel, no way. Aus eigener Kraft, also durch gute Taten, das würde man ja auch ohne Kirche hinkriegen, geht es nicht. So macht man Schotter, man sagt einfach, dass man unbedingt gebraucht wird und kassiert ab. Stimmen die Aussagen bei Wikipedia über den Ratzinger Joseph (Künstlername Benedikt XVI), dann sieht der das irgendwie ähnlich.

„Papst Benedikt XVI versteht die Erbsünde nicht im Sinne einer biologischen Vererbung, sondern betont die kollektiven menschlichen Verstrickungen der Vergangenheit, in die jeder Mensch durch seine Geburt eintritt. Diese schränken die Selbstbestimmung ein und geben den Rahmen der eigenen Freiheit vor: Niemand hat die Möglichkeit, an einem perfekten "Punkt Null" anzufangen und sein Gutes in völliger Freiheit zu entwickeln.

“Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Erbs%C3%BCnde

Der langen Rede kurzer Sinn, wir wissen nicht, aus welchem theologischen Lehrwerk Dante schöpfte (Thomas von Aquin, das ist schon klar, aber genauer eben nicht), aber irgendwie scheint der ganze Ansatz so verworren zu sein, dass eine Vertiefung sich nicht lohnt.

Bei jenen bin ich, denen nicht beschieden
Der Tugend heilige Drei – doch die, nicht blind
Für jede andere Tugend, Sünde mieden

Mit der Tugend heilige Drei ist Liebe, Glaube, Hoffnung gemeint. Wieso die wichtiger sind als die anderen, also z.B. das Herz auf dem rechten Fleck haben, das erschließt sich nicht jedem, das ist metaphysisch.

Die Grenzen der Rationalität, die Thomas aus dem religiösen Glauben zieht, werden noch deutlicher, wenn wir die Gründe betrachten, weshalb Glaube, Hoffnung und Liebe als theologische Tugenden bezeichnet werden. "Diese Prinzipien heißen theologische Tugenden einmal, weil sie Gott zum Objekt haben, insofern wir durch sie in der richtigen Weise auf Gott hingeordnet werden, dann, weil sie uns von Gott allein eingegossen werden und schließlich, weil nur in der göttlichen Offenbarung, in der Heiligen Schrift, diese Tugenden überliefert sind" (Zitat Thomas von Aquin)

aus: Religion - Metaphysik(kritik) - Theologie im Kontext der Moderne / Postmoderne, Hrsg. Markus Knapp und Theo Kobusch, Seite 135

Dann gibt es noch einen anderen Thomas, also nicht den von Aquin, sondern einen anderen, Thomas Rachel, der ist parlamentarischer Staatsekretär (CDU, logo) und predigt ab und an. So zum Beispiel am 18. Februar 2007.

„Doch was haben wir, liebe Schwestern und Brüder, damit gewonnen, dass wir nun wissen, dass der Apostel Paulus von der göttlichen Liebe spricht? Wir bekennen nun zwar als Christen, dass es kein menschliches Lieben ohne die göttliche Liebe gibt, in der all unsere Liebe ja letztlich gründet.“

Aus:http://www.thomas-rachel.de/themen/kircheundpolitik/archiv/predigtvonthomasrachelmdb,bundesvorsitzenderdesevangelischenarbeitskreisesdercdu-csu,vom18.februar2007/

Was wir damit gewonnen haben, wenn wir erkennen, dass der Apostel Paulus von der göttlichen Liebe spricht und wenn wir erkennen, dass es kein menschliches Lieben ohne die göttliche Liebe gibt? Keine Ahnung, ehrlich. Fragen über Fragen. Ich halte es mit Goethe.

Oh glücklich wer noch hoffen kann
Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen

Dieser Vers ist dann ebenfalls erklärungsbedürftg.

Doch sieh, der Tag fängt zu erblinden an,
Drum scheint mir‘ s klug, auf Unterkunft zu sinnen
Weil man bei Nacht schlecht aufwärtsklimmen kann


Dass man nachts nicht aufwärtsklimmen kann, hängt wohl mit Aussagen zusammen, die im Evangelium des Johannes, 12, 35 gemacht werden.

„Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle. a Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht.“

Die Sonne wird als Gnade Gottes gesehen. Ist sie nicht da, kann man sich auch nicht von seinen Sünden reinigen.

So richtig versteht das aber auch Vergil nicht, der kennt ja auch das Evangelium des Johannes noch nicht.

Das sprach mein Herr, erstaunt ob dieser Kunde
„So führ und denn dahin, wo beim verweilen
Wie du versprachst, köstlich verrinnt die Stunde


Es folgt die Beschreibung eines locus, eines lieblichen Ortes.

Gold, feines Silver, Bleiweiß, Scharlachfrucht
Indisches leuchtend Holz, der wassereine
Smaragd – sie alle schlüge doch in die Flucht…..

Diese Verse wiederum bringen einen nun tatsächlich ins Grübeln, denn sie werfen mehrere Fragen bezüglich der Rezeption der Divina Commedia und der Fähigkeit zur Autosuggestion der Philologenzunft auf, bzw. deren Interesse, einen fest in der Zunft verankerten Dichter lobzupreisen. Wir lesen in der Übersetzung von Hermann Gmelin, in der Zusammenfassung des Gesanges, diese Sätze.

Der Gesang vereinigt in der Klarheit der letzten Abendsonne die höchste malerische Schilderungskunst Dantes mit der Charakteristik der Fürsten, die dem politischen Dichter Dante besonders am Herzen liegt.
Glaubte Gmelin, was er schrieb, dass wir hier die höchste malerische Schilderungskunst vor uns haben?

Salve Regina! Scholl es in den Lüften
Im Blumenpolster lagernd sangens‘ s Seelen
Die draußen uns verdeckt erst von den Klüften


Mit Salve Regina sind diese Verse gemeint.

Sei gegrüßt, o Königin,
Mutter der Barmherzigkeit;
unser Leben, unsere Wonne
und unsere Hoffnung sei gegrüßt!
Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas;
zu dir seufzen wir
trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen.
Wohlan denn, unsere Fürsprecherin,
wende deine barmherzigen Augen uns zu
und nach diesem Elend zeige uns Jesus,
die gesegnete Frucht deines Leibes!
O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria.

Zu dieser ganzen Littanei dichtete ja schon Heinrich Heine

Ein kleines Harfenmädchen sang.
Sie sang mit wahrem Gefühle
Und falscher Stimme, doch ward ich sehr
gerühret von ihrem Spiele.

Sie sang von Liebe und Liebesgram,
Aufopfrung und Wiederfinden,
Dort drüben, in jener besseren Welt,
Wo alle Leiden schwinden.

Sie sang vom irdischen Jammertal,
Von Freuden, die bald zerronnen,
Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt,
verklärt in ewigen Wonnen.

Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

Und dann folgt eine Kaskade von Anspielungen auf Personen aus der Zeit Dantes beziehungsweise kurz vorher.

War Kaiser Rudolf, der Italiens Wunden
Leicht hätt‘ geheilt, daran es nun verendet
Zu spät erst lässt ein andrer es gesunden


Wie Dante auf Rudolf kommt ist rätselhaft, noch rätselhafter, warum er davon ausgeht, dass er die Wunden hätte heilen können, sprich, das zersplitterte Italien in einer Hand zu vereinigen. Rudolf I (geb. 1218, gest. 1291) hatte erstmal keine dynastischen, auf Heirat, Erbe beruhenden Ansprüche auf Italien. Die einzige Verbindung besteht darin, dass er stauferfreundlich war und den letzten Staufer (also Konradin, einem Ururenkel König Barbarossas /=> König Barbarossa => Heinrich VI => Friedrich II =>Konrad IV => Konradin/) bei seinen Feldzügen nach Italien beteitligte. Nachdem Konradin 1268 von Karl von Anjou hingerichtet worden war, gab es in Italien keine dynastischen Ansprüche der Staufer mehr, aber Rudolf I hatte ohnehin nie welche.
Wieso allerdings Rudolf es leicht hätte schaffen können, was Manfred von Sizilien (unehelicher doch legitimierter Sohn Friedrichs II) nicht geschafft hatte, nämlich sich gegen das Papstum und den mit diesem verbündeten Karl von Anjou durchzusetzen, ist ein Rätsel, zumal Rudolf genug damit zu tun hatte, sich gegen Ottokar II durchzusetzen.

Ottokar ist‘ s- und er war schon viel besser
In Windeln, als der bärtige Wenzeslas
Sein Sohn, der Wollüstling und faule Fresser


Ottokar II war der Gegenspieler von Rudolf I und wurde von diesem 26. August 1278 in der Schlacht auf dem Marchfeld geschlagen und von persönlichen Feinden ermordert. Insgesamt waren die Verhältnisse jenseits der Alpen genau so wirr, wie in Italien. Wieso Dante hier hoffen konnte, dass ein Staufer, Luxemburger, Habsburger Italien hätte einigen können, ist ein Rätsel. Jetzt auf jeden Fall sitzen Rudolf I und Ottokar II friedlich vereint im Vorpurgatorium. Wieso der Sohn Ottokars, Wenzel II (geb. 27. September 1271, gest. 1305) ein Wollüstling und fauler Fresser gewesen sein soll, ist unklar, unklar auch, woher Dante seine Kenntnisse hatte. Sein Leben liest sich eher tragisch. Nach dem Tod seines Vaters übernahmOtto IV von Brandenburg seine Vormundschaft, genau genommen hielt er ihn gefangen und nutzte die Zeit, um die Besitztümer seines Vaters zu plündern. Nach einem Aufstand zogen die brandenburgischen Besatzer ab, Wentzel wurde freigekauft und heiratete 1278 (also im Alter von 7 Jahren die Habsburgerin Guta (ebenfalls 7 Jahre alt), eine Tochter Rudolfs I. Er stand dann aber bis zum Jahre 1290 immer noch unter Vormundschaft (diesmal unter der Vormundschaft von Witigone Zawitsch von Falskenstein, der aber 1290 hingerichtet wurde). Erst ab dann übernahm der die Regierungsgeschäfte. Sein Versuch Polen und Ungarn in sein Reich zu integrieren scheiterte am Widerstand des Papstes Bonifatius VIII. Ein ausschweifendes Liebesleben ist attestiert, allerdings auch ein fast mönchische Lebenshaltung.

Die Stumpfnas dort, die lagert in dem Gras
Den gütgen Nachbar scheint um Rat zu fragen
Starb flüchtend – und der Wurm die Lilien fraß


Gemeint ist Phillip III. Der hat um sechs Ecken auch was mit italienischer Innenpolitik zu tun. Er ist der Neffe von Karl von Anjou (also desjenigen, der die Staufer aus Italien geworfen und sich Sizilien gekrallt hat, bzw. vom Papst zugesprochen bekommen hat, aber das läuft auf das Gleiche hinaus). Eben dieser Phillip III der Kühne (geb. 1245, gest. 1285) ist nun aber auch König von Frankreich (im übrigen kennen wir ihn auch schon, das ist der, der in zweiter Ehe mit Marie von Brabant verheiratet war, welche wiederum von dem Günstling des Königs Pierre de la Broce angeklagt worden war, den Sohn Phillips aus erster Ehe, Ludwig, ermordet zu haben, um so ihren eigenen Sohn, den späteren Phillip den Schönen auf den Thron zu bringen. Es ging aber schlecht aus für Pierre de la Broce, denn er wurde hingerichtet, wegen übler Nachrede sozusagen.). Mit der italienischen Innenpolitik hat er durch die sizilianische Vesper was zu tun (die kennen wir auch schon, da rebellieren die Adligen in Sizilien gegen Karl von Anjou, also den Onkel Phillips). Jetzt wird es kompliziert. Peter III von Aragón (ein Königreich im Norden Spaniens) nutzt die Gunst der Stunde, denn der hat dynastische Ansprüche darauf, weil er mit Constantina, der Tochter von Manfred von Sizilien, der Einzigen, die nach dem Tode des Papa in der Schlacht von Benevent überlebt hat, verheiratet ist. Daraufhin zieht Phillip III, kühn wie er war, nach Spanien. Er greift Katalonien (Katalonien und Aragon waren zu diesem Zeitpunkt unter einer Herrschaft vereint) an und kann dort auch die Stadt Gerona einnehmen. Die aragonesische Flotte hat aber zwischenzeitlich die französische Flotte platt gemacht, so dass ihm der Sieg nicht viel nützt, denn er ist vom Nachschub abgeschnitten und kann sich nur nach Perpignan zurückziehen, wo er 1285 an der Ruhr stirbt.
Flüchtend starb er also, weil er ja nach Perpignan geflüchtet war, und der Wurm frass die Lilien, die das Wappen von Phillip III waren. Der ganze Vers, …und der Wurm die Lilien fraß, klingt nicht wirklich nett. Irgendwie hatte Dante was gegen Phillip III und Karl von Anjou, aber leider verrät er uns nicht was. Unter Umständen verabscheute er ihr Paktieren mit dem Papst, denn dieser war laut Dante ja nur für das Geistige zuständig. Bei Dante kommen auf jeden Fall die deutschen Kaiser besser weg, das freut uns natürlich, nimmt man es aber genauer, dann waren die einen die Pest, die anderen die Cholera. Das gibt sich nicht viel.

Seht ihn zerknirscht nun an die Brust sich schlagen
Der andere aber stützt das Antlitz fest
Auf seine Hand als Bett mit Seufzerklagen

Vater und Schwager sind von Frankreichs Pest
Sie kennen sein unflätig Lasterleben
Daher der Kummer, der ihr Herz so presst

Der Andere ist Heinrich der Dicke von Navarra. Die Frage ist, wie lässt sich das aufgrund der wenigen Informationen erschließen. Historisch rekonstruieren lässt sich nur der, dessen Lilien der Wurm fraß, das ist Phillip III. Dieser unterhält sich mit jemandem und wir erfahren, dass sie Vater und Schwager eines Dritten sind, der ein Lasterleben führt. Auf diese Konstellation passt nur diese Figurengruppe. Phillip III (Vater) hatte einen Sohn Phillip IV (Sohn von Phillip III) und der war mit Johanna von Navarra verheiratet, die wiederum die Tochter desjenigen mit unflätigem Lasterleben war, nämlich Heinrich III von Navarra (Gegend in Nordspanien). Also der Vater (Phillip III) und der Schwager (Phillip IV) kennen das lasterhafte Leben von Heinrich III und sind deshalb zerknirscht.

Der dort so gliederstark erscheint und neben
Dem Langbenasten singt in gleichem Zuge
Er war mit jedem Tugendschmuck umgeben


Der dort so gliederstark erscheint, ist Peter III von Navarra, der hat den Phillip III platt gemacht. Das gefällt Dante natürlich und deshalb ist er mit jedem Tugendschmuck umgeben. Im Läuterungsberg sind aber alle Zwistigkeiten überwunden, denn Peter III singt mit dem Langbenasten, das ist Karl von Anjou, also der Onkel von Phillip III und Großonkel von Phillip IV, also der Bösewicht, der alle Staufer geschlagen hat, zuerst Manfred von Sizilien und dann Konradin.

Und wenn nur länger noch die Krone trug
Der Jüngling hinter ihm, statt früh zu sterben
Gut floss die Tugend dann von Krug zu Krug

Nicht gilt dasselbe von den anderen Erben
Jakob und Friedrich erbten nur die Reiche
Ohne dass bessre Erbteil zu erwerben


Also: Der Jüngling hinter ihm, also hinter Karl von Anjou, ist einer von drei Söhnen Peters III, nämlich Alfons III
(geb. 1265; gest.1291). Warum er tugendhaft war, wissen wir nicht, aber als ältester Spross erbte er die Krone, verstarb jedoch früh und König wurde sein Bruder Jakob II (geb. 1267, gest. 1327). Warum Dante sich so despektierlich äußert, dürfte mit dessen Politik zu tun haben. Er verzichtete zugunsten von Frankreich auf das Königreich Sizilien (dessen König ja sein Vater noch gewesen war, der sich nach der sizilianischen Vesper gegen Phillip III durchsetzen konnte, dessen Flotte abgesoffen war) . Im Gegenzug verzichtete Frankreich auf Kastilien. Der Papst hob daraufhin den Bann auf. Als die Sizilianer nun seinen Bruder Friedrich zum König bestimmten, bekämpfte er diesen auf der Seite Frankreichs.

Dann kommen wieder ein paar Verse, die ganz ähnlich funktionieren, also die Dekodierung der Figuren muss gelingen durch die Angabe einiger weniger Daten, die nur auf eine bestimmte Personenkonstellation zutreffen. Allerdings scheint auch Zoozmann vom rechten Pfade abgekommen zu sein und musste in Waldesnacht verirrt sich schauen. Er übersetzt.

Nicht auf die Langnas ist mein Wort beschränkt
Es gilt auch Petern, der mit diesem singt
Drob schon Apulien und Procence sich kränkt


Die Verse im Orginal lauten

Anche al nasuto vanno mie parole
non men ch'a l'altro, Pier, che con lui canta,
onde Puglia e Proenza già si dole.

Was dann übersetzt sowas ergäbe.

Auch dem mit der großen Nase gelten meine Worte
und nicht weniger als dem anderen, Peter, der an seiner Seite singt,
worüber Apulien und die Provence klagt

Von dem mit der großen Nase hat er noch gar nicht gesprochen, sein Wort ist also nicht nur auf diesen beschränkt, sondern ganz im Gegenteil, es richtet sich ausdrücklich auch an diesen, denn Peter hat er ja schon durch.
Fragt sich jetzt nur noch, wer der mit der großen Nase ist. Wir erhalten dann in den nächsten Versen noch ein paar Informationen, die die Person näher charakterisieren.

Soviel geringer ist der ihm Entsprossene
Als sich Konstanze mehr den Beatrice
Und Margarete ihres Gatten rühmet


Gesucht wird also jemand, der irgendwas mit der Provence und mit Apulien zu tun hatte und den man irgendwie mit Konstanze, Margarete und Beatrice in Verbindung bringen kann. 
All das trifft auf Karl von Anjou zu. Den Karl von Anjou hatten wir ja schon oft, das ist der, der im Auftrag des Papstes, der ihm mal so ganz gelassen Sizilien schenkte, die Staufer bekämpfte. Er war ein Bruder des französischen Königs Ludwigs IX, und nach dem Machtantritt von dessen Sohn Phillip III, eben der Onkel des französischen Königs. Er heiratete 1246 Beatrix aus der Provence und war nach dem Ende der Staufer auch König von Apulien (Königreich Neapel). Damit hätten wir die Verbindung zu Apulien und der Provence, fehlen noch die Frauen. Mit Konstanze ist wahrscheinlich die Frau von Peter III gemeint, also dem Gegenspieler der Anjous in Italien. Nach Ansicht Dantes hatte Konstanze, die Tochter Manfreds von Sizilien, den besseren Gatten (was man vielleicht nachvollziehen kann, denn die Anjous quetschten Sizilien bis zum geht nicht mehr aus) als Beatrice und Margarete, die nacheinander mit jenem unseligen Karl von Anjou verheiratet gewesen waren.

Nimmt man jetzt noch den ersten Vers „….Soviel geringer ist der ihm Entsprossene…“ dann verdammt er auch gleich die Nachkommen von Karl von Anjou, also Karl II. Dieser verlor dann Sizilien endgültig.

Einfachen Wandels, abhold äußerem Glanze,
Seht abseits Englands Heinrich dort, den dritten
Sein Wurzeltrieb erzeugte bessere Pflanzen


Wer hier von Dante so gepriesen wird ist Heinrich III von England (geb. 1207, gest. 1272). Warum, wieso, weshalb dieser positiv geschildert wird, bleibt völlig unklar.